Ash Ra Tempel / Join Inn
Join Inn Spielzeit: 43:33
Medium: CD
Label: M.I.G., 2012 (1973)
Stil: Avantgarde


Review vom 15.02.2012


Holger Ott
Manuel Göttsching ist weiter fleißig und hat das zweite Paket mit überarbeiteten Werken von Ash Ra Tempel veröffentlicht. Dieses Mal nur zwei CDs in fortlaufender Folge. Das Werk "Join Inn" ist die Nummer vier in der Reihe und bietet gleich wieder eine dicke Überraschung. Der verlorene Sohn Klaus Schulze ist zurück in der Band und drückt der Musik sofort wieder seinen Stempel auf. Er bedient alle Tasteninstrumente und zusätzlich das Schlagzeug. Er hat somit an den entscheidenden Stellen den größten Einfluss auf die Entwicklung der Songs auf "Join Inn", derer es - fast wie bisher gewohnt - an der Zahl zwei sind. Weiterer Neuzugang im Vokalsektor ist Rosi Müller, die sich mit ihrem zarten Sprechgesang im Track "Jenseits" vorstellt. Die Band hat sich wieder auf ein Quartett reduziert, dessen harter Kern nach wie vor aus Manuel Göttsching und Hartmut Enke besteht. Der vorangegangene Ausflug in die Sphären des Timothy Leary ist inzwischen verflogen wie der Rauch der unendlichen Joints, die während seines kurzen Intermezzos konsumiert wurden. Die Band beschränkt sich nun wieder auf das Wesentliche, die Musik.
Track Nummer eins, "Freak'n'Roll", ist gar nicht so 'freakig', wie es der Titel vermuten lässt. Göttsching gibt eindeutig den Ton an und legt mit seiner prägnanten Gitarre über die gesamten neunzehn Minuten vor. Mal etwas heftiger, ja fast heavy, doch überwiegend sehr gefühlvoll streichelt er die Saiten und lässt jeweils im passenden Moment von seinem Team-Kollegen Enke Akzente am Bass setzen. Rückkehrer Klaus Schulze vermittelt sofort wieder das Gefühl, als wäre er nie fort gewesen. Die Keys untermalen das Stück hervorragend, ohne dass dem Hörer vermittelt wird, er müsse Schulze dankbar sein muss, dass er zurückgekehrt ist. Ebenso ist es bei seinen Drums. Gleichmäßig druckvoll spielt Schulze, und ufert nicht in irgendwelche Kapriolen aus. Der erste Song der CD "Join Inn" kann als herausragend bezeichnet werden, so wie die ganze CD von mir ein 'Sehr gelungen' attestiert bekommt. Ein schönes Stück Musik, das in mir ein wohliges Gefühl aufkommen lässt, und das in jeder Beziehung zum Entspannen vom Alltagsstress geeignet ist. Ash Ra Tempel sind wieder zu Hause angekommen.
Beim zweiten Titel der CD mit dem schönen Namen "Jenseits" darf Klaus Schulze die Führung übernehmen. Das Teil spielt sich deutlich tiefer im Prog-Rock ab als sein Vorgänger. Schulze bedient geschmeidig seine Tasten und hält den Song über die ganze Distanz von fünfundzwanzig Minuten in sehr ruhigen Bahnen. 'Song' deshalb, weil nun nach dem Instrumentalstück "Freak'n'Roll" erstmals die Stimme von Rosi Müller zum Einsatz kommt. Viel ist allerdings nicht von ihr zu hören, und das, was sie zum Besten gibt, beschränkt sich ausschließlich auf ihren Sprechgesang. Eigentlich fungiert sie als melodiöse Erzählerin und untermalt an einigen wenigen Stellen die Klänge der Synthesizer. "Jenseits" ist somit ein Kontrastprogramm und bietet dadurch ein breit gefächertes Angebot von verschiedenen Genres. Wer sich bislang von der gemischten Kritik der vorangegangenen drei Alben hat abschrecken lassen, der kann sich nun getrost auf den Weg in den Plattenladen machen. Mit "Join Inn" hat die Band ihre experimentelle Phase abgelegt, und zeigt von Anfang bis Ende eine konstant gute und hörenswerte Leistung. Respekt an Göttsching und Enke, die sich durch die Gastmusiker der Vorzeit nicht von ihrem eigentlichen Ziel haben abbringen lassen.
Line-up:
Manuel Göttsching (guitar)
Klaus Schulze (drums, keyboards)
Hartmut Enke (bass)
Rosi Müller (vocals)
Tracklist
01:Freak'n'Roll (19:15)
02:Jenseits (24:18)
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