Wolfgang Ambros / Live Auf Ana Langen,
Finster'n Stross'n
Live Auf Ana Langen, Finster'n Stross'n Spielzeit: 38:31 (LP 1), 41:50 (LP 2)
Medium: Doppel-LP
Label: Bellaphon (Cargo Records), 2014 (1979)
Stil: Austropop


Review vom 30.03.2014


Steve Braun
Zehn Jahre sollte es dauern, bis endlich der Großmeister des Austropop, eine wahrhaft lebende Legende, Einzug in den RockTimes-Olymp halten sollte: »Zwickt's mi, I maan I tram...«
Wolfgang Ambros war in den Siebzigern schlichtweg Kult, schon bevor ihm der Durchbruch mit dem "Zentralfriedhof" gelingen sollte. Das Hörspiel "Der Watzmann ruft" - halb Bergbauerndrama, halb Louis Trenker-Parodie - und vor allem die ebenso bissig-gesellschaftskritische wie melancholische Rockoper "Schaffnerlos", beide mit Manfred Tauchen und Joesi Prokopetz komponiert und eingespielt, zogen in den Sprachschatz unserer kleinen Hippie-WG ein. »Löffel, Hollarädollijöh!!« oder »Sie, song's nit noo amoi Funsen zu mir, Sie Rüpel!!« wurden zu geflügelten Worten und bei jeder passenden wie unpassenden Gelegenheit rezitiert.
Den Alpen-Dylan nannten wir Ambros seinerzeit respektvoll und dies garantiert nicht nur wegen des sehr gelungenen und erfolgreichen Albums "Wie im Schlaf" von 1978, auschließlich mit Dylan-Coversongs gespickt. Der Niedecken riskierte garantiert mal ein Auge und zwei Ohren, bevor er gleiches später (noch erfolgreicher) versuchte. Ambros, Danzer, Wecker - das war die damalige Heilige Dreifaltigkeit des 'Liedermachings'. Konstantin Wecker war manchem vielleicht zu politisch, der Georg Danzer etwas zu esoterisch und obendrein versuchte dieser sich, wie Wecker, an Lesungen zwischen seinen Liedern, ohne dessen urwuchtige Sprachgewalt auch nur annähernd zu erreichen. Wolfgang Ambros dagegen war eher der unprätentiös bodenständige Typ, der nicht abgehoben philosophierte, sondern den augenzwinkernd-stillen Beobachter gab und dies keineswegs weniger eloquent. Der Spitzname Alpen-Dylan kam also nicht von ungefähr...
Diese Doppel-LP war Ambros' erste Live-Veröffentlichung und wurde 1979 während einer bestens besuchten Deutschland-Tour aufgezeichnet. Interessanterweise war der Niederösterreicher trotz aller Erfolge damals noch nicht einmal annährend auf dem Zenit seiner Karriere angelangt. Dieses 'Hochplateau' wurde erst ein Jahr später mit "Weiß wie Schnee" erklommen, dem vier weitere Nummer-Eins-Alben in Serie folgen sollten. Dieses Niveau konnte der vor wenigen Wochen 62 Jahre jung gewordene Liedermacher zwar nicht mehr ganz halten, aber jede seiner Veröffentlichungen ist bis in die heutigen Tage in der benachbarten Alpenrepublik ein Verkaufsschlager geworden.
"Live Auf Ana Langen, Finster'n Stross'n" stellt einen schönen Überblick über Wolfgang Ambros' künstlerisches Schaffen bis 1979 dar. Als aktuellster Song ist der straighte Abrocker "De No. 1 vom Wienerwald", vom damals aktuellen "Nie und nimmer", dabei. Vom 1973er Debüt sind das wunderschön sanfte, von einem glockigen Fender Rhodes untermalte "Du bist wie de Wintasunn" und das herrlich makabre "Da Hofa" zu finden. Lieder wie sie wohl nur in Wien entstehen können...
Eröffnet wird der Reigen mit zwei von vier Dylan-Songs: "Allan wia a Stan" (na, was wohl?) und "I bin's ned" ("It Ain't Me"), alle vom "Wie im Schlaf"-Album. Das typische, leicht depressive Lebensgefühl Wiens transportiert "Wie wird des weitergehn" (von "Hoffnungslos", einem der - wie ich finde - beeindruckendsten Ambros-Alben). Erneut ist es Dzikowskis Rhodes, das diese Stimmung perfekt transportiert. Tabulosen Beziehungs-Striptease bietet ein weiteres Dylan-Cover: "Denk ned noch" ("Don't Think Twice"), dem die Textzeile für den Titel dieser Live-Scheibe entliehen ist.
Frenetisch jubelnd wird "Der Berg" aus dem "Watzmann" begrüßt, bevor ein schöner Akustikblock aus dem "Zentralfriedhof", dem unvermeidlichen "Schifoan", dem zartbitteren "Minderheit" und dem köstlichen Spottlied "Mir geht es wie dem Jesus" (»Ich verwandle den Wein in Wasser, das ich lasse...«) für stille Momente mit dem 'Liedermacher' Ambros sorgt.
Persönlicher Höhepunkt sind für mich das "Schaffnerlos", Titelstück aus jenem anrührenden Hörspiel mit Prokopetz/Tauchen, das die letzte Fahrt des 'Tramway'-Schaffners Fritz Knottek thematisiert, und natürlich das herrlich druckvoll vorwärtsrockende vierte Dylan-Cover "Des Sandlers Flucht" ("Drifter's Escape"). Natürlich ist an dieser Stelle auch noch Ambros' erster kleiner Hit "Da Hofa" (1971) zu nennen - eine Thematik, die Wecker später in "Der dumme Bub" aufgreifen sollte. Völlig klar, dass nach diesem gigantischen Block lautstark Zugaben gefordert werden...
Nach der remasterten CD-Edition von "Live Auf Ana Langen, Finster'n Stross'n" gibt es nun endlich ein vortreffliches Pendant als Doppel-Vinyl, das klanglich nicht die geringsten Wünsche offen lässt. Einzig die Innenhüllen hätten ruhig mit den Texten und vielleicht sogar noch mit einigen Liner Notes des Altmeisters bedruckt werden können. Ansonsten: Eine wunderbare Veröffentlichung...
Line-up:
Wolfgang Ambros (Akustische Gitarre, Gesang)
Peter Koller (Elektrische Gitarre, Chor)
Helmut Pichler (Bass)
Günter Dzikowski (Tasteninstrumente, Chor)
Helmut Nowak (Schlagwerk)
Tracklist
LP 1:
Seite 1:
01:Allan wia a Stan (7:08)
02:I bin's ned (3:44)
03:Wie wird des weitergehn (5:22)
04:De No. 1 vom Wienerwald (3:12)

Seite 2:
01:Du bist wia de Wintasunn (5:04)
02:Wahre Liebe (2:56)
03:Denk ned noch (5:58)
04:Der Berg (4:55)
LP 2:
Seite 1:
01:Es lebe der Zentralfriedhof (6:26)
02:Schifoan (4:22)
03:Minderheit (3:20)
04:Mir geht es wie dem Jesus (2:45)
05:Schaffnerlos (3:52)

Seite 2:
01:De Kinett'n wo I schlof (4:07)
02:Des Sandlers Flucht (2:53)
03:Da Hofa (4:50)
04:Zwickt's mi (3:29)
05:Du schwoaza Afghane (6:06)
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