The Blues Band / Fat City
Fat City Spielzeit: 55:17
Medium: CD
Label: Repertoire Records, 2014 (1991)
Stil: Blues, Rock, Pop, Jazz


Review vom 24.06.2015


Markus Kerren
Wie mein geschätzter Kollege Jürgen bereits zu berichten wusste, tauchte The Blues Band 1989 nach einer siebenjährigen Studiopause endlich wieder mit neuem Material an der Oberfläche auf. Und dies alles andere als übel, wie wir seinen Worten zu Back For More entnehmen können. Zwei Jahre später landete mit "Fat City" dann der Nachfolger in den Regalen der Plattenläden und versuchte, an vergangene Taten anzuknüpfen. Was umgehend ins Auge sticht ist, dass das Personal größtenteils zusammengehalten werden konnte, was nicht nur die Band selbst, sondern auch die Gastmusiker betrifft. Gute Voraussetzungen also, da sich die beteiligten Akteure bereits kannten und so wahrscheinlich noch gezielter die jeweiligen Stärken der einzelnen Gastmusiker rauskitzeln konnten.
Leider ist mir die Vorgängerscheibe nicht bekannt, aber was mir am Sound von "Fat City" sofort auffiel, war sowohl der Sound, als auch das Songwriting. Und zwar dahingehend, dass sich diese beiden Aspekte stilistisch sehr mit Alben ursprünglich ähnlich ausgerichteter Bands wie etwa
Stan Webb's Chicken Shack (das Album "Changes", ebenfalls von 1991) oder (weniger)
Snowy White's Blues Agency (das Album "Open For Business" aus dem Jahr 1989) ähneln. Zwar konnte die Blues Band den Katastrophen-Sound der Achtziger (viel zu lautes, verhalltes Schlagzeug usw.) auf "Fat City" zu großen Teilen erfolgreich umgehen, aber die poppigen Anteile kann man hier dennoch nicht wegdiskutieren.
Was sich vielleicht schlimm anlesen mag, tatsächlich aber gar nicht mal so wild ist. Und wenn es nur dazu diente, das finanzielle Überleben des Quintetts zu sichern, hatte der Zweck die Mittel geheiligt. Vor allem im weiteren Verlauf der Scheibe werden sowohl die Songs als auch Sounds immer besser. Wie immer teilte sich Paul Jones (neben seinem sehr starken Harp-Spiel) mit Dave Kelly die Lead Vocals, wobei auf meiner Strichliste der Gitarrist Kelly mit seiner amerikanisch souligen Stimme eindeutig vorne liegt. Aber das darf natürlich wie immer jeder für sich selbst entscheiden.
Bezüglich der Gäste spielen sich die legendären The Memphis Horns mit ihren klasse Arrangements und auch individuellen Fähigkeiten immer wieder in den Vordergrund, was manchen Stücken dann auch ein deutliches Stax- bzw. Motown-Feeling verleiht. Sehr willkommen, wenn man den Verfasser dieser Zeilen fragt. Aber auch Bob Hall macht eine ganz starke Figur am Piano. Sogar so stark, dass man fast bedauert, ihn lediglich auf drei Stücken hören zu können. Zum ersten Mal auf einem Album der Blues Band wurden sämtliche Tracks von den Bandmitgliedern komponiert und der Bassist Gary Fletcher wird sogar in den Liner Notes dahingehend zitiert, dass "Fat City" das beste Album sei, das die Gruppe jemals aufgenommen hat.
Dass die Ruhrpott-Stadt Duisburg der Blues Band mal einen wirklich unschönen Abend angetan hatte bzw. ein dort gespielter Gig in sehr unangenehmer Erinnerung von Dave Kelly blieb, wurde in Form der Nummer "The Duisburg Blues" festgehalten. Zu den bereits weiter oben erwähnten poppigeren Stücken zählen u. a. "Cold Emotions, Frozen Hearts", "Long Time Gone", der Titeltrack sowie (in gewissem Sinne) auch "Killing Me By Degrees", das sich allerdings ebenso an der jazzigen Crooner-Szene der fünfziger und sechziger Jahre orientiert, versehen mit einem deutlichen Blues-Einschlag.
Nun mag "Fat City" für Puristen sowie auch Fans der ersten Stunde beileibe nicht die beste Platte der Protagonisten sein, aber auf der anderen Seite ist sie auch wesentlich besser als ihr Ruf. Alleine das coole, beschwingte und sehr gut ins Ohr gehende "Country Blues No. 48", die extrem gute Slide-Gitarre bei "Down To The River", Dave Kellys geiler Gesang bei "Longing For You Baby" oder das coole "I Can't Tell It All" (wieder mit dem richtig starken Bob Hall am Piano) sind ihr Eintrittsgeld (bzw. den Kaufpreis) schon wert.
Von daher: "Fat City" mag vielleicht nicht der Überflieger in der langen Geschichte der Blues Band sein, aber es ist beileibe auch kein Rohrkrepierer und verdient es zumindest, sich mit ihm zu beschäftigen sowie dann eventuell doch die eine oder andere Perle zu entdecken.
Line-up:
Paul Jones (harmonica, lead vocals - #1,4,5,8,10,12)
Dave Kelly (slide guitars, lead vocals - #2,3,6,7,9,10,11)
Tom McGuinness (acoustic & electric guitars)
Gary Fletcher (bass, acoustic guitar)
Rob Townsend (drums & percussion)

With:
Nat Adderley (cornet - #1,12)
Peter Filleul (keyboards - #1,3,5,7,10)
Bob Hall (piano - #2,4,9)
Geraint Watkins (piano - #8)
Benny Gallagher (keyboards - #11,12)
Liz Kitchen (percussion - #1,3,4,5,7,11,12)
Wayne Jackson (trumpet & trombone - #7,8,10)
Andrew Love (tenor saxophone - #7,8,10)
Damian O'Malley (baritone saxophone - #10)
Ray Beavis (tenor saxophone - #11)
John 'Irish' Earle (baritone saxophone - #12)
Dick Hanson (trumpet - #11)
Chris Gower (trombone - #11)
The Kokomo Singers (background vocals - #1,3,5,7)
Tracklist
01:Fat City
02:Longing For You Baby
03:Help Me
04:I Can't Tell It All
05:Down To The River
06:Country Blues No. 48
07:Cold Emotions, Frozen Hearts
08:Killing Me By Degrees
09:The Duisburg Blues
10:So Lonely
11:Too Bad You're No Good
12:Long Time Gone
13:You've Got To Choose
Externe Links: