Celtic Frost / To Mega Therion
To Mega Therion Spielzeit: 40:23
Medium: CD
Label: Noise, 1985
Stil: Doom/Death Metal


Review vom 04.12.2010


Andrea Groh
Willkommen auf der dunklen Seite - lasst mich ein paar morbide Geschichten erzählen…
Es war einmal… 1982 in der Schweiz. Da gründeten Thomas Gabriel Fischer (nannte sich zunächst 'Satanic Slaughter', später 'Tom G. Warrior') und Urs Sprenger ('Steve Warrior') die Band Hellhammer. Mit wechselnden Schlagzeugern gab es drei Demos und die EP "Apocalyptic Raids". Sie zimmerten sich den Ruf als extremste, finsterste und auch mieseste Band der Welt, interessanterweise berufen sich heute noch scharenweise Black Metal Bands darauf, die Gruppe selbst fühlte sich eher eingeengt dadurch, deswegen wurden Hellhammer aufgelöst und dafür Celtic Frost gegründet.
Damals bestand die Besetzung aus Tom G. Warrior, Martin Eric Ain und Steven Priestly. Das Debüt unter diesem Namen hieß "Morbid Tales" und wurde 1984 veröffentlicht.
Der begonnene musikalische Weg wurde weiter geführt, aber das Spektrum erweitert. Wie vieles, was extrem war, wurde die Scheibe damals als Thrash Metal eingestuft. Dabei enthält sie ebenfalls Elemente, die später Black, Death und Doom Metal beeinflusst haben, lässt sich also nicht wirklich einordnen. Sie ist düster, unheimlich, böse und faszinierend gleichzeitig.
Es folgte die Mini-LP "Emperor's Return" und 1985 die "To Mega Therion", um die es hier gehen soll, denn ich (und auch viele andere) halten sie für den Höhepunkt in der Geschichte von Celtic Frost. Danach wurden sie erst recht experimentell ("Into The Pandemonium"), wechselten ins Glam Rock Lager ("Cold Lake"), was ihnen übel genommen wurde. Das konnte auch die "Vanity/Nemesis" von 1990 nicht mehr gut machen, wonach sich die Band dann erst einmal auflöste, um erst 2006 mit "Monotheist" wiederzukommen. Die ist sehr gut, konnte aber nicht an den Kult-Status der Klassiker anschließen, was (bisher) auch für Toms aktuelle Band Triptykon gilt.
CoverWomit ich wieder bei "To Mega Therion" bin. Der Titel bedeutet 'Das große Tier', gemeint ist jenes mit der berühmten Nummer 666, die entsteht, wenn man bei dem griechischen Begriff Το Μέγα Θηρίου die Quersumme ausrechnet. Der britische Okkultist Aleister Crowley nannte sich auch gerne selbst so.
Das Cover und das Innencover (der Klapp-LP) zieren Bilder des Schweizer Künstlers H.R. Giger, der durch "Alien" bekannt wurde und zu dem Tom persönlich Kontakt hat.
Die Musik hält, was der äußere Eindruck verspricht. Celtic Frost standen nicht (und werden es auch nie) für spieltechnisches Können, aber es gelang ihnen, eine einzigartige und beeindruckende Atmosphäre zu erzeugen, ein Meisterwerk dunkler (Klang-)Kunst, bei dem man Schwächen an den Instrumenten gerne verzeiht, möglicherweise sind diese sogar vonnöten, um das Morbide darzustellen, wie es hier und auf den Vorgängern in Rillen gepresst wurde.
Im Gegensatz zur "Morbid Tales" war das Tempo gedrosselt, dafür aber die Vielseitigkeit der Ideen und Einflüsse erweitert worden. "To Mega Therion" entzieht sich damit eigentlich jeglicher Kategorisierung. Ist es Death, Doom, Thrash, Black Metal? Dark Metal, die erste Gothic Metal Scheibe gar? Denn hier - lange vor Paradise Lost - wurden als Gegenpart zu Toms angegrowlten-Vocals zarte weibliche Stimmen eingesetzt ("Necromantical Screams") - eine Idee, die zwei Jahre später bei "Rex Irae" erweitert wurde.
In Anzeigentexten wurde gerne von 'The gods and originators of european avantgarde-metal' oder ähnlichem gesprochen. Wie auch immer, hier wurde der Grundstein für Etliches in den 'dunklen' Metal-Sparten gelegt, sogar das Verwenden von Blasinstrumenten, z.B. beim bombastischen Intro "Innocence and Wrath". Außerdem fällt wieder einmal das Instrumentalstück ("Tears in A Prophet's Dream") aus dem Rahmen, das eine unheimliche Soundcollage erzeugt.
Ansonsten sind es gerade die eher schleppenden Tracks, die wirklich großartig sind, egal ob es die Weltuntergangsstimmung von "Dawn Of Meggido" ist oder "Necromantical Screams" mit seiner schwarzen Schönheit, übrigens stammt dies noch aus Hellhammer-Zeiten, damals allerdings als "Buried and Forgotten".
Ein weiteres Highlight ist das von R.E. Howards Geschichten beeinflusste "Circle Of The Tyrants", das schnell anfängt und einen langsameren Mittelteil hat. Zu diesem gab es auch einen eigentlich recht schlicht gemachten, dennoch sehr beeindruckenden Videoclip, der mich so faszinierte, dass ich ihn immer und immer wieder angesehen habe. Das dort auftauchende Heptagram zierte jahrelang einen selbstgemachten Rückenaufnäher auf meiner Kutte.
Dies dürfte viel darüber aussagen, wie sehr mir Celtic Frost damals gefallen haben, ja auch heute noch tun.
Diskussionen darüber, ob die Hellhammer-Phase, die "Morbid Tales" oder die "To Mega Therion" die beste und wichtigste war, finde ich unerheblich - ich persönlich wähle halt Letztere.
Denn das 'große Tier' ist wirklich ein mächtiges, erhabenes Wesen, ein wilde faszinierende Bestie - etwas, das irgendwie außerhalb aller Kategorien steht und sich nicht (mit Worten) einfangen lässt, das uns in sein dunkles Reich mitnimmt, wenn wir bereit sind, zu folgen.
Line-up:
Thomas Gabriel Warrior (vocals & guitars)
Dominic Steiner (bass)
Reed St. Mark (drums)

Guest musicians:
Wolf Bender (french horn - #1, 4 & 10)
Claudia-Maria Mokri (additional vocals - #2, 6 & 10)
Horst Müller (sound effects - #9)
Urs Sprenger (sound effects - #9)
Tracklist
01:Innocence And Wrath (1:02)
02:The Usurper (3:24)
03:Jewel Throne (3:59)
04:Dawn Of Meggido (5:42)
05:Eternal Summer (4:31)
06:Circle Of The Tyrants (4:38)
07:(Beyond The) North Winds (3:04)
08:Fainted Eyes (5:00)
09:Tears In A Prophet's Dream (2:30)
10:Necromantical Screams (6:06)
Externe Links: