Centrozoon / Never Trust The Way You Are
Never Trust The Way You Are
Centrozoon!
Drei Mann mit einem Instrumentarium bestehend aus u.A. Warr Touch Guitar, Ambient Loops, Electronics.
Gegründet wurde die Band 1998 als Duo, bestehend aus Markus Reuter und Bernhard Wöstheinrich. Drei Jahre später stieß Tim Bowness dazu und das Trio beschriftete eine Schublade mit dem Label 'Dark Wave/Ambient/Elektropop'.
Aha, deshalb dieses etwas ungewohnte Bandgear. Unterstützt wird das Line-Up auf einigen Tracks durch Michael Peters, Pat Mastelotto von King Crimson und Bill Munyon.
Ich weiß nicht, wie es euch Lesern geht, aber mir war eine 'Warr Touch Gitarre' bisher nicht mal dem Namen nach bekannt. Braucht man Infos über solch unorthodoxe Teile, dann gibt es im deutschsprachigen Netz eine empfehlenswerte Seite: Die Zeitschrift 'Gitarre & Bass' (Link siehe unten im Linkblock). Deren Chefredakteur und Herausgeber Dieter Roesberg gab uns die Erlaubnis ein 'Gitarre & Bass' Zitat zu diesem Instrument zu veröffentlichen:
Trey Gunn von King Crimson gehört zu den Musikern, bei denen man die Warr Touch Guitar vielleicht schon einmal gesehen hat. Ein unter kalifornischer Sonne gereiftes, vielsaitiges Instrument, das, ähnlich dem Chapman-Stick, in Tapping-Technik gespielt wird. Seit einigen Jahren beschäftigt sich auch ein europäischer Künstler mit dieser eigenwilligen Kreuzung aus E-Bass, Stick und Gitarre, in Kombination mit einem ungewöhnlichen Effekt-Setup – und das mit hohem kreativem Output und wachsendem Erfolg: Markus Reuter (* 1972) arbeitet nicht nur an seiner Solo-Musik, er ist auch Mitglied des Europa String Choir, einem „Saiten-Quartett" mit eigenwilliger Instrumentalmusik zwischen Avantgarde und Pop; außerdem spielt er im Duo mit dem englischen Synthesizer-Pionier Ian Boddy (zeitweise ergänzt durch einen DJ) oder kooperiert mit dem Gütersloher Elektroniker Bernhard Wöstheinrich im Projekt Centrozoon.
Dieses Instrument gehört also zu Markus Reuter wie der 'Chapman Stick' zu Brian Bourne aus der Charlie A'Court Band.
"Never Trust The Way You Are" ist 'künstliche' Musik. Das ist nichts Negatives, denn wie die Saitenhexer oder die Fellkünstler ihre Instrumente beherrschen sollen, wollen auch die elektronischen Pendants 'beherrscht' sein, sprich sie müssen so eingesetzt werden, damit beim Hörer etwas rüberkommt.
Und es kommt was rüber. Klar, für ein zünftiges Grillgelage taugt das nichts. Da braucht es Fetzer-Rock, der zum Bier passt, oder Country-Rock passend zum Lagerfeuerschein.
Centrozoon geht anders zu Werke. Da werden Stimmungen aufgebaut. Mal spannend, mal verspielt, ja sogar verträumt. Es ist keine Kakophonie aus wirren Tönen und Klängen. Anfängliche Gedanken von wegen langweilig oder eintönig, werden spätestens beim zweiten Hören von interessiertem Zuhören abgelöst.
Beim dritten Durchgang nimmt einem die CD, die man stets von Anfang bis Ende durchlaufen lassen sollte, regelrecht gefangen. Man muss zuhören, um alles zu entdecken. Manche Songs haben eine Null an der Minutenstelle, andere eine Neun, da geht das eine in das andere über. Lyrics, die perfekt auf die Musik getrimmt sind. Oder sagen wir besser, die perfekt zur Stimmung passen.
Manchmal vermittelt einem die Musik eine Art 'Endlosigkeit', ja eine 'Ewigkeit des Moments', dann wird es wieder spannend und abwechslungsreich und überhaupt ist es eh' am Besten, man schließt die Augen und versetzt sich in die Lage eines virtuellen Zeitreisenden, der per Raumschiff die Galaxien durchquert und sich der Endlosigkeit des Klanges hingibt.
Man muss sich dieser Art von Musik öffnen und wenn man das vorbehaltlos tut, Loops, Synthesizer und elektronisch erzeugten Klängen den Weg ins Hirn freigibt, dann kann sich eine andere Dimension des Hörens auftun.
Ist das erreicht, steht einem Einsatz als 'Lagerfeurbegleitmusik' nichts, aber auch rein gar nichts mehr im Wege. Späte Stunde, alle Mann satt und happy und den kleiner werdenden Flammen zusehend, ist "Never Trust The Way You Are" ein perfekter Begleiter durch die sternenklare Nacht. Und wenn der letzte Track verstummt, wird manchem plötzlich etwas fehlen: die gekonnt erzeugte Traumstimmung nämlich und es wird Einige zum frösteln bringen, wenn die Reise zu Ende ist.
Diese Stimmungen zu erzeugen ist mindestens so anerkennenswert wie das perfekte Beherrschen eines konventionellen Instrumentes.


Spielzeit: 46:52, Medium: CD, Resonancer Records, 2005
1:Like A 1000 Stars 2:Bigger Space 3:Ten Versions Of America 4:Carpet Demon 5:Not You 6:Make Me Forget 7:Little Boy Smile 8:Song Unsung 9:Pop Killer 10:Skylight 11:The Scent Of Crash And Burn 12:Mother's Call 13:To The Other
Ulli Heiser, 23.06.2005