Various Artists / Bob Dylan - The 30th Anniversary Concert Celebration (Deluxe Edition)
The 30th Anniversary Concert Celebration (Deluxe Edition) Spielzeit: 95:00 (DVD 1), 125:00 (DVD 2)
Medium: Doppel-DVD
Technik:
Sound: Dolby Digital 5.1
Bildformat: PAL, 16:9
Sprache: Englisch
Untertitel: Englisch, Deutsch, Französisch, Italienisch, Spanisch
Region Code: 0 (weltweit abspielbar)
FSK: 0 (ohne Altersbeschränkung)
Label: Columbia Records (Sony), 2014 (1992)
Stil: Rock


Review vom 01.04.2014


Markus Kerren
Meine Güte, was können runde Geburtstage, Gala-Veranstaltungen und große Jubiläen doch meistens für stinklangweilige Geschichten sein. Wünscht man sich nicht bei den meisten bereits beim Ankleiden der noblen Robe, dass sie schon wieder vorüber sind? Bob Dylan hatte Anfang der neunziger Jahre allerdings schon lange keinen Grund mehr, so richtig zu feiern. Zumindest keine großen Erfolge hinsichtlich seiner Alben, denn mit Beginn seiner christlichen Phase (die sich über die drei Alben "Slow Train Coming" von 1979, "Saved" von 1980 bis zu "Shot Of Love" aus dem Jahr 1981 zog) begannen auch die Verkaufszahlen deutlich zu sinken, was sich für den größten Teil der Achtziger dann nicht mehr änderte.
Im Jahr 1989 hatte er mit "Oh, Mercy" zwar zumindest ein sehr starkes Album in dieser Dekade vorgelegt (okay, "Infidels" von 1983 ist im Vergleich mit dem Rest auch richtig gut), aber danach schien er erneut in einem Loch zu verschwinden und tief Luft zu holen, um sich wieder selbst neu zu erfinden. Ein schmerzhafter Prozess, wie ich zur damaligen Zeit selbst auf einem (ääh, 'suboptimalen' wäre geprahlt) Konzert am eigenen Leib erfahren durfte. Seelennahrung für ihn waren bei diesem Prozess die beiden total 'back to the roots'-angelegten Alben "Good As I Been To You" (1992) und "World Gone Wrong" (1993), die lediglich aus Dylans Akustikgitarre, Harmonika und seinem Gesang bestanden.
Auch Bobs langjährigem Label Columbia Records war die Situation bewusst und natürlich alles andere als behaglich. Es war also Zeit für frischen Wind, Zeit, etwas Schwung in die Sache zu bringen und den Namen dieses großartigen Songwriters mal wieder so richtig fett ins öffentliche Rampenlicht zu schieben. Da kam es sehr gelegen, dass sich der 30. Geburtstag der Veröffentlichung des gleichnamigen Debütalbums von 'his Bobness' näherte. Der Madison Square Garden in New York City wurde gebucht, viele Stars und Freunde eingeladen, eine hammergeile House Band (größtenteils aus Booker T. & The MG's bestehend) verpflichtet und Promotion gemacht.
Und sie kamen alle! Die Musiker, alte Weggefährten, die Fans (der Garden war mit 18.000 Leuten ausverkauft und hätte fünfmal soviele Tickets absetzen können), die Presse und schließlich auch das Fernsehen, das dieses Spektakel live in viele Länder übertrug. Ich kann mich noch sehr genau an den Abend des 16. Oktober 1992 erinnern, als ich ganz relaxt einfach mal abwartete, ob mich diese Show denn überzeugen kann und wie ich in deren Verlauf immer begeisterter wurde.
Ja, sie waren alle gekommen, die damals teilweise nach wie vor großen Stars und teilweise auch Kollegen, die vor allem noch von ihrem Namen und früheren Großtaten lebten. Zur Eröffnung legte aber erstmal John (Cougar) Mellencamp eine höllenheiße Version von "Like A Rolling Stone" auf die Bretter, gefolgt von dem Amphetamin-getränkten "Leopard Skin Pill Box Hat" (das hier aber lediglich bei den Bonus Tracks auftaucht). Nach diesem sehr starken Anfang folgte allerdings umgehend ein Rückschlag, denn Stevie Wonders ganz furchtbar Pathos-beladenes "Blowin' In The Wind" ließ mir die Lust auf diesen Abend dann doch fast wieder vergehen. Aber was soll's, Schwamm drüber und weiter geht's!
Denn was dann folgte, war eine extrem spannende sowie großartige Abfolge von Dylan-Songs, interpretiert im fliegenden Wechel. Ein über die Maßen spielfreudiger und extrovertierter Lou Reed ("Foot Of Pride"), eine sehr intensive Performance der Pearl Jam-Musiker Eddie Vedder & Mike McCready ("Masters Of War"), Johnny Cash & June Carter-Cash ("It Ain't Me, Babe"), der lethargisch-geniale Auftritt von Willie Nelson ("What Was It You Wanted?"), ein explodierender Johnny Winter ("Highway 61 Revisited"), die selige Woodstock-Legende Richie Havens ("Just Like A Woman"), der immer gerne gesehene Ronnie Wood ("Seven Days") und als erster Showstopper Neil Young mit "Just Like Tom Thumb's Blues" und "All Along The Watchtower". Und hier habe ich bereits einige großartige Auftritte anderer Musiker ausgelassen.
Unvergessen und legendär auch die eher kurze Einlage der Irin Sinead O'Connor. Die hatte etwa eine Woche vor diesem Konzert sehr aufsehenerregend und publicityträchtig im US-Fernsehen ein Bild des Papstes zerrissen. Die Quittung dafür bekam sie an diesem Abend, an dem sie gnadenlos ausgepfiffen und -gebuht wurde, noch bevor sie einen einzigen Ton gesungen hatte. Schließlich riss sie sich die Ohrenstöpsel (für eventuelle Regieanweisungen) raus, unterbrach die Band und steigerte sich in einen sichtlich aufgewühlten und wütenden Monolog, um dann von der Bühne zu stürmen und dahinter unter Tränen zusammenzubrechen.
Auf der zweiten DVD ist wieder mal herrlich nachvollziehbar, dass Eric Clapton offensichtlich immer dann zu ganz großer Form aufläuft, wenn er starke Konkurrenz direkt um sich herum hat. Und bei den von ihm gebrachten "Love Minus Zero/No Limit" sowie "Don't Think Twice, It's All Right" legt er tatsächlich eine hammerstarke Performance hin, die spieltechnisch geradezu Funken sprüht. Respekt! Selbstverständlich wäre der Abend nicht komplett gewesen, wären nicht Bob Dylans alte Kumpels von The Band mit dabei gewesen. Und die lieferten in ihrer gewohnt coolen wie entspannten Art ein energisches "When I Paint My Masterpiece" ab. Herrlich!
Das große Finale wird dann von George Harrison ("Absolutely Sweet Marie") eingeleitet, gefolgt von Tom Petty & The Heartbreakers ("License To Kill" und "Rainy Day Women #12&35"), gefolgt von Roger McGuinn ("Mr. Tambourine Man"), bis schließlich der Meister selbst (eher missmutig und mit grimmigem Blick, wie es scheint) auf der Bühne auftaucht und eine etwas genölte Version von "It's Alright Ma, I'm Only Bleeding" zum Besten gibt. Es folgen Massenveranstaltungen zu "My Back Pages" und dem unvermeidlichen "Knockin' On Heaven's Door", bis Bob Dylan erneut solo diesen Abend mit "Girl From The North Country" beschließt.
Damals im Jahr 1992 hatte ich die meisten Tracks dieses Abends - obwohl ich durchaus bereits einige Platten des Amerikaners im Schrank stehen hatte - ehrlich gesagt noch gar nicht gekannt, war aber wie gefesselt davon. Sowohl von der Musik, als auch von den Texten, weshalb ich mich dann umgehend intensiv in den Kosmos der Dylan-Alben stürzte. Wenn man dies nun kritisch sehen möchte, könnte man sagen, dass die Veranstaltung ganz genau das bei mir erreicht hat, worauf sie hinaus wollte. Ich sehe es eher so, dass mir dadurch eine nochmal neue (die Bob Dylan-) Welt eröffnet wurde, die ich seither nicht mehr missen möchte.
Ach so, noch ganz am Rande: Es soll ja ganz aktuell auch zu lesen stehen, dass auf diesen beiden DVDs der komplette Abend, das komplette Konzert festgehalten wurde. Dann frage ich mich allerdings, ob die ebenfalls sehr starken Auftritte von George Thorogood ("Wanted Man") sowie Sophie B. Hawkins ("I Want You") - um nur mal zwei zu nennen - Fata Morganas meinerseits waren? Sehr schade, dass sie auf dieser Doppel-DVD-Ausgabe nicht enthalten sind.
"Bob Dylan - The 30th Anniversary Concert Celebration" ist ein Jubiläum (um wieder auf die Einleitung zurück zu kommen) der äußerst gelungenen Art. Ein Jubiläum, das in einem gestandenen Rock-Haushalt nicht fehlen sollte und das man immer wieder gerne aus dem Regal zieht!
Tracklist
DVD 1:
01:John Mellencamp - Like A Rolling Stone
02:Stevie Wonder - Blowin' In The Wind
03:Lou Reed - Foot Of Pride
04:Eddie Vedder & Mike McCready - Masters Of War
05:Tracy Chapman - The Times They Are A-Changin'
06:Johnny Cash & June Carter-Cash - It Ain't Me, Babe
07:Willie Nelson - What Was It You Wanted
08:Kris Kristofferson - I'll Be Your Baby Tonight
09:Johnny Winter - Highway 61 Revisited
10:Ronnie Wood - Seven Days
11:Richie Havens - Just Like A Woman
12:The Clancy Brothers & Robbie O'Connell w/ Tommy Makem - When The Ship Comes In
13:Sinead O'Connor - War
14:Neil Young - Just Like Tom Thumb's Blues
15:Neil Young - All Along The Watchtower
DVD 2:
01:Chrissie Hynde - I Shall Be Released
02:Eric Clapton - Love Minus Zero/No Limit
03:Eric Clapton - Don't Think Twice, It's All Right
04:The O'Jays - Emotionally Yours
05:The Band - When I Paint My Masterpiece
06:Mary Chapin Carpenter/Rosanne Cash/Shawn Colvin - You Ain't Goin' Nowhere
07:George Harrison - Absolutely Sweet Marie
08:Tom Petty & The Heartbreakers - License To Kill
09:Tom Petty & The Heartbreakers - Rainy Day Woman #12 & 35
10:Roger McGuinn - Mr. Tambourine Man
11:Bob Dylan - It's Alright, Ma (I'm Only Bleeding)
12:Dylan/McGuinn/Petty/Young/Clapton/Harrison - My Back Pages
13:Everyone - Knockin' On Heaven's Door
14:Bob Dylan - Girl From The North Country
Externe Links: