John Cale & Band / Live At Rockpalast
Live At Rockpalast Spielzeit: 83:00 (DVD 1), 78:00 (DVD 2)
Medium: Do-DVD
Technische Daten:
Sound: PCM Stereo
Bildformat: 4:3
FSK: Keine Altersbeschränkung
Sprache: Englisch
Videoformat: DVD 9
Region code: 0 (ohne Einschränkung)
Label: MIG Music, 2010 (1983, 1984)
Stil: Rock


Review vom 01.06.2010


Markus Kerren
Einmal im Untergrund - immer im Untergrund! So oder so ähnlich könnte man die musikalische Laufbahn von John Cale beschreiben. Angefangen hatte alles Mitte der sechziger Jahre in New York City, als er mit Lou Reed die Band Velvet Underground gründete und zu dieser Zeit bereits auch schon ausgiebig mit Avantgarde-Künstlern wie zum Beispiel La Monte Young zusammenarbeitete. Ab 1968 konzentrierte er sich dann auf das Produzieren anderer Bands und Musiker (u. a. Nico oder auch Little Feat), bis schließlich spät im Jahr 1970 sein erstes Soloalbum, "Vintage Violence", erschien. Seither veröffentlicht/e er sehr regelmäßig, aber stilistisch auch sehr unterschiedliche Alben, mit denen ihm der ganz große Erfolg jedoch stets verwehrt blieb.
In den Jahren 1983 und '84 hatte er gleich zwei Auftritte im WDR-Rockpalast, die uns nun von dem deutschen Label MIG Music noch einmal in Form einer Doppel-DVD präsentiert werden. Über den Gig am 13. Oktober 1984 in der Grugahalle Essen hat bereits mein fränkischer Kollege Norbert mit seinem LP-Review berichtet, sodass ich mich hier vor allem auf das andere Konzert konzentrieren möchte. Nur noch soviel zu Norberts Review, mit dem Vorteil die bewegten Bilder dazu gesehen zu haben: Dass der Auftritt unter erschwerten Bedingungen (ca. 3.00 Uhr morgens) stattfand, sieht man der Begleitband schon etwas an. Da ist kaum Bewegung drin, wenn sie ihre Instrumente auch professionell im Griff haben und somit durch tatkräftige Unterstützung für ihren Frontmann sorgen.
Ganz anders Cale, der auch hier für die ein oder andere Show-Einlage sorgt. Ein Kuriosum am Rande stellt das Interview dar, das Rockpalast-Moderator Ken Janz kurz vor dem Konzert mit Cale führen will, diesen aber im Eifer des Gefechts mit Schlagzeuger Dave Lichtenstein verwechselt. Noch nicht davon irritiert, dass sich sein Interviewpartner durchgehend mit seinen Drumsticks auf den Oberschenkeln warm trommelt, lässt er sich auch kaum von den Antworten, die keine sind und meistens mit den Worten »…aäh… das wäre jetzt eine gute Frage für John…« beginnen, beeindrucken. Nach ein paar Minuten kommt Cale plötzlich aus einem Schrank gesprungen, woraufhin der gute Ken Janz dann sein kleines Missgeschick erkennt und natürlich auch einigermaßen bedient ist. Herrlich!
Sehr konträr zu diesem heftig rockenden Auftritt von 1984 fiel das Konzert am 06. März 1983 in der Bochumer Zeche aus. Mitgebracht hatte John Cale hierfür ein Piano, eine Akustik-Gitarre und… sich selbst. Eine Solo-Show im wahrsten Sinne des Wortes also. Und wenn der gebürtige Waliser an diesem Abend auch ein Best of-Programm seiner Songs der vergangenen 13 Jahre vorstellte, so klappt einem die Kinnlade im Lauf der Show doch immer weiter herunter. Denn sowohl das Songwriting wie auch die Darbietung von Nummern wie "Ghost Story", "Leaving It Up To You", "Buffalo Ballet", "Cable Hogue" und, und, und… haben eine Qualität, die den Zuhörer, bzw. - seher nicht nur ganz zielsicher überzeugt, sondern ihn regelrecht in ihren Bann zieht.
Cale wechselt traumwandlerisch zwischen der Akustischen und dem Piano. Aber wenn er sich auch auf den sechs Saiten abwechslungsreich und sehr unterhaltsam begeleiten kann, so ist es doch der Flügel, an dem er sich in voller Breite ausdrücken kann. Dort gibt er solche Perlen wie Paris 1919, "A Child's Christmas In Wales", "Antartica Starts Here" oder "Dead Or Alive" zum Besten und zeigt, dass er ein wesentlich besserer Sänger ist, als dies gemein hin dargestellt wird. Nicht selten baut er durch seine intensive Darbietung eine knisternde Spannung auf, die sich auch mal in heftigen Ausbrüchen wieder entlädt, so wie z. B. bei "Guts" oder "Fear Is A Man's Best Friend".
Den Velvet Underground-Klassiker "Waiting For The Man" kündigt er mit den Worten »…this was written by a good friend of mine…« (wer's glaubt… womit ich das 'gute Freund' meine) an, dem dann mit »…and this was written by Elvis Presley…« ("Heartbreak Hotel") gefolgt wird. Was für ein klaffender Kontrast bei diesen beiden einzigen Coversongs des Abends! Was hier beeindruckt, ist, dass Cale ganz genau weiß, worin die Essenz, die Grundaussage und vor allem das Grundgefühl dieser Nummern besteht. Während "Waiting For…" bei Velvet gesanglich eher kalt und total zugedröhnt (von Lou Reed) gebracht wurde, kitzelt Cale den tatsächlichen Gemütszustand des geplagten Junkies heraus, dessen einziger Lebensinhalt und -sinn sich darum dreht, wie, wann und wo er an die nächste Spritze kommt.
Und dann "Heartbreak Hotel": Während bei der Presley-Originalversion mehr oder weniger gute Miene zu bösem Spiel gemacht wurde, fördert Cale hier die ganze Ohnmächtigkeit, Verzweiflung und auch Wut zu Tage, die der Text schon immer widerspiegelte. Zum Ausklang bekommen wir dann noch die wunderschöne Ballade "Close Watch" geboten, die von der Aussage die Mut machende Botschaft enthält, immer gut auf sich selbst Acht zu geben und sich nicht gehen zu lassen, welche Schicksalsschläge einen auch immer getroffen haben mögen.
Diese Veröffentlichung ist eine Schatztruhe, die für einen gelungenen und unterhaltsamen Abend garantiert. Einmal kräftiger Rock mit Begleitband, einmal ganz alleine und sehr intensiv - man bekommt die gesamte Palette geboten. Von dem her eine super Anschaffung, die ich bedenkenlos empfehlen kann und die auch mir noch viele Abende versüßen wird. Garantiert!
Line-up:
DVD 1:
John Cale (lead vocals, piano, guitar)
Dave Young (guitar, background vocals)
Andy Heermans (bass, background vocals)
Dave Lichtenstein (drums)

DVD 2:
John Cale (vocals, piano, acoustic guitar)
Tracklist
DVD 1:
01:Autobiography
02:Oh La La
03:Evidence
04:Magazines
05:Model Beirut Recital
06:Streets Of Laredo
07:Dr. Mudd
08:Leaving It Up To You
09:Carribean Sunset
10:The Hunt
11:Fear Is A Man's Best Friend
12:Heartbreak Hotel
13:Paris 1919
14:Waiting For The Man
15:Mercenaries (Ready For War)
16:Pablo Picasso/Love Me Two Times
17:Close Watch
DVD 2:
01:Ghost Story
02:Ship Of Fools
03:Leaving It Up To You
04:Amsterdam
05:A Child's Christmas In Wales
06:Buffalo Ballet
07:Antartica Starts Here
08:Taking It All Away
09:Riverbank
10:Paris 1919
11:Guts
12:Chinese Envoy
13:Thoughtless Kind
14:Only Time Will Tell
15:Cable Hogue
16:Dead Or Alive
17:Waiting For The Man
18:Heartbreak Hotel
19:Chorale
20:Fear Is A Man's Best Friend
21:Close Watch
22:Streets Of Laredo
Externe Links: