Keith Mina Caputo / 08.10.2011, Musikbunker, Aachen
Musikbunker Aachen
Keith Mina Caputo
Musikbunker Aachen
08. Oktober 2011
Stil: Alternative
Konzertbericht
Fotos: ©Philippe Beck

Artikel vom 16.10.2011


Udo Gröbbels
Einer dieser Abende
Keith Mina Caputo "One Of These Nights" sangen schon damals die Eagles und dieser Samstagabend in Aachen wurde dann auch zu einem dieser Abende. Einer dieser Abende, den man noch lange in Erinnerung behalten sollte. Nicht nur ich machte große Augen über diesen kleinen Mann bzw. über diese kleine Frau. Alles verstanden? Ich auch nicht, aber fangen wir mal von vorne an.
Im falschen Körper geboren
Keith Mina Caputo Mitte Juli diesen Jahres las ich eher beiläufig, dass sich der Life Of Agony-Frontmann Keith Caputo entschlossen hat, als Frau weiterzuleben. Sie nennt sich ab jetzt Keith Mina Caputo, da sie schon immer dachte, eine Frau zu sein und dies ab sofort dann auch nach außen hin zeigen möchte. Diese Nachricht hatte ich zwar registriert, aber mir keine weiteren Gedanken gemacht, denn wenn es sie glücklich macht, soll sie es dann eben so ausleben und in ihrer Heimat New York City fällt dies sicher nicht besonders auf.
Wer ist denn das ?
Keith Mina Caputo Als wir im wie immer sehr düsteren Musikbunker eintrafen, war der Konzertsaal bereits gut gefüllt. Der Satz »The singer from Life of Agony« zieht also immer noch, und nicht wenige hatten ein Shirt von Keith Minas Hauptband an. Caputo, die seit elf Jahren nebenbei Soloplatten und auch Auftritte mit der eigenen kleinen Begleitband, den Sad Eyed Ladies macht, ist solo in wesentlich kleineren Hallen bzw. Clubs als mit Life Of Agony unterwegs. Die geschätzten 200 Zuschauer an diesem Abend in Aachen waren wie ich sehr gespannt und als es um 20.50 Uhr ohne Vorband losging, staunte nicht nur ich nicht schlecht. Die Band, die sich den Weg zur Bühne durch das Publikum bahnen musste, bestand aus drei Kerlen und einer kleinen Frau, die ein paar Schritte hinterher ging. Wer ist denn das? Ja, es war Keith Mina Caputo, die mit Mädelfrisur (Nana Mouskouri lässt schön grüßen) und Brüsten schüchtern ins Publikum schaute und sich dann erst mal für vier Lieder hinter Mikro und Akustikklampfe sehr introvertiert versteckte.
Ab jetzt dann Musik
Keith Mina Caputo OK, soviel zum optischen Teil des Abends. Wer von den Lesern denkt 'warum schreibt der Typ denn nix über die Musik?' hat ja vollkommen recht, aber die vorangegangen Punkte über Keith bzw. Mina waren einfach zu prägend an dem Abend und jeder der dabei war, wird dies bestätigen können. Ab jetzt dann aber zur Musik und zu ihrer unnachahmlichen Stimme. Die war auch an diesem Abend wie immer ausgesprochen gut. Im Gegensatz zu Life Of Agony geht es bei Solokonzerten wesentlich ruhiger, aber nicht minder intensiv zu. Den Anfang machten direkt ein paar Songs aus dem ersten und mit Abstand besten Soloalbum "Died Laughing" aus dem Jahre 2000. Seit elf Jahren höre ich diese CD regelmäßig und ich war hoch erfreut, das viele dieser Stücke im Konzert gespielt wurden. Jedem, der R.E.M. und die alten Radiohead mag, sei dieses Album wärmstens ans Herz gelegt. Neben Keith Mina, die während des Konzertes immer lockerer wurde, stach auch Gitarrist Ryan Oldcastle hervor, der mit eher unspektakulärem, aber extrem gefühlvollen Spiel immer wieder auffiel. Optisch ein waschechter Rocker, durfte er sogar den Track "Blessed March" seiner neuen Solo-CD spielen, der sich als klassische Singer/Songwriter-Ballade rausstellte.
Habt ihr denn keinen Tomatensaft?
Keith Mina Caputo Obwohl die Band sehr spielfreudig war, merkte man ihr doch an, froh zu sein, dass dies der letzte Abend einer doch sehr kräftereibenden Tour war. Keith Mina erzählte zwischendurch, dass man knapp sechs Wochen unterwegs gewesen sei und lediglich vier freie Tage gehabt hätte. Außerdem sei sie sehr zufrieden mit ihren Mitmusikern, die sie voller Freude mindestens dreimal vorstellte. Ihr Wunsch nach einer Bloody Mary wurde aber leider nicht erfüllt, denn Tomatensaft war an der Bar nicht vorhanden. Tja, Aachen ist nun mal nicht New York, aber so tat es dann auch ein Whisky-Cola an diesem Abend..
Keith Mina Caputo Das Publikum war auf jeden Fall begeistert und als mit "My Mind Is Dangerous" der erste von zwei Life Of Agony-Klassikern an diesem Abend gespielt wurde, gab es kein Halten mehr. So ein Riesenjubel und lautes Mitsingen überraschte wohl selbst die Band etwas. Nach "Selfish" vom oben genannten Debüt war dann erst mal Schluss, aber bei diesem Riesenjubel konnte die Band gar nicht anders und schnell stand man wieder auf der Bühne. Dem umjubelten "New York City" folgte endlich der Song, auf den sicherlich 95% der Zuschauer sehnsüchtig gewartet hatten und als Keith Mina den ultimativen Life Of Agony-Klassiker "Let's Pretend" ankündigte, gab es schon wieder Riesenjubel. Etwas anders, aber nicht weniger intensiv arrangiert als das Original vom Debüt "Ugly", wurde der Hit interpretiert.
Keith Mina Caputo Nach fast zwei Stunden war nicht nur das Konzert, sondern auch die Europatournee zu Ende und sichtlich erschöpft aber glücklich trottete das Quartett gemütlich durch das Publikum zurück in die Garderobe, aber nicht ohne sich noch ein letztes Mal richtig abfeiern zu lassen. Zurecht, denn so locker und bescheiden können Rockstars eben auch sein.
Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass Optik in der Rockmusik sicherlich überbewertet ist. Ein grandioser Konzertabend mit einer super eingespielten Band und einer Frontfrau, die trotz Geschlechterwechsel stimmlich immer noch 'der Alte' ist und immer noch zu begeistern weiß. Ob nun als Mann oder Frau, war dann im Endeffekt für das Konzert bzw. die Musik völlig egal.
Danke an Nico Spielmann von Beer And Music Entertainment für die unkomplizierte Akkreditierung. Außerdem bedanken wir uns bei Philippe Beck für die uns zur Verfügung gestellten Konzertfotos.
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