Bob Dylan / Original Album Classics
Original Album Classics Spielzeit: 46:55 (CD 1), 32:09 (CD 2), 35:32 (CD 3)
Medium: CD-Box
Label: Columbia Records (Sony), 2010 (1985, 1988, 1990)
Stil: Rock


Review vom 30.11.2010


Markus Kerren
Bob Dylan hatte mit "Shot Of Love" (1981) seine (zumindest die plakative) christliche Phase abgeschlossen, bevor 1983 das sehr gute "Infidels" erschien. Aber anschließend trafen auch eine Ikone wie den Mann aus Minnesota die Achtziger und vor allem deren Sound wie ein Nackenschlag. Gepaart mit einer künstlerischen Krise, bzw. Orientierungslosigkeit hatte der Musiker in dieser Zeit wohl die schwierigsten Jahre seiner Karriere zu überstehen. Was sich natürlich auch auf seinen Veröffentlichungen, mit denen sich die vorliegende Box vornehmlich beschäftigt, bemerkbar machte.
Empire BurlesqueKommt der 1985er "Empire Burlesque"-Opener "Tight Connection To My Heart (Has Anybody Seen My Love)" noch ganz nett, gesanglich gut akzentuiert und von Reggae-Rhythmen unterlegt, so muss man doch erschreckt feststellen, dass sich auch ein Mr. Zimmerman spätestens hier in den Fängen der Teufelsfratze '80er Sound' befand. Glücklicherweise gibt es keine seelenlosen Synthie-Orgien auf die Ohren, aber dieses vollkommen nervtötende, viel zu weit nach vorne gemixte Schlagzeug törnt mich persönlich schon sehr ab. Zu diesem Sound mag jeder seine eigene Meinung haben, aber leider blieben auch die meisten Songs hinter dem gewohnten Qualitäts-Standard zurück.
Es gibt durchaus Lichtblicke, wie etwa "I'll Remember You", "Emotionally Yours" oder auch noch "Tight Connection...", allerdings auch viel Durchschnittliches ("Clean Cut Kid", "Trust Yourself", "Something's Burning, Baby") und dazu eher weniger Genießbares wie zum Beispiel "When The Night Comes Fallin' From The Sky" (gruselig). Die ein Jahr später erschienene Scheibe "Knocked Out Loaded" ist, ganz sicher aus gutem Grund, in dieser Box nicht enthalten.
Down In The Groove1988 erschien dann "Down In The Groove" und alles sollte wieder besser werden. So zumindest die Hoffnung der vielen Fans. Völlig untypisch startet Dylan hier mit einer Cover-Version von Canned Heats "Let's Work Together" in sein nächstes Werk. Klar ist der Track okay, aber weder ist er besser als das Original, noch entlockt er ihm neue Aspekte. Waren dem großen Singer/Songwriter die Ideen ausgegangen? Es geht weiter mit gospeligen und rockigen Stücken, aber irgendwie hebt auch dieses Album nicht wirklich ab. Ein sehr starker, wenn auch etwas sentimentaler Track ist "Death Is Not The End".
Eines der bekanntesten Stücke auf "Down In The Groove" dürfte "Silvio" sein, das His Bobness jahrelang fast gebetsmühlenartig auf (fast) jedem seiner Konzerte brachte. Aber so sehr Dylan auch von dieser Nummer überzeugt gewesen sein muss, so kann sie doch kaum an seine Glanzzeiten heranreichen. Wesentlich besser gefällt mir da schon das wieder vom Gospel beeinflusste "Ninety Miles An Hour (On A Dead End Street)", "Shenandoah" und das abschließende "Rank Strangers To Me". Dieses Album war ganz sicher wieder eine Steigerung zu "Empire … " und "Knocked Out … ", dazu stellt es den Anlauf zu einem seiner, im nächsten Absatz erwähnten, Meisterwerke dar.
Under The Red SkyDass "Under The Red Sky" (1990) nach seiner Veröffentlichung trotz seiner guten und deutlich besseren Qualität im Vergleich mit den beiden zuvor besprochenen Alben ebenfalls als Enttäuschung empfunden wurde, lag nicht unbedingt daran, dass es der Klasse des im Jahr zuvor erschienenen "Oh Mercy" nicht standhalten konnte. Und das, obwohl Dylan hier tatkräftige Unterstützung von Leuten wie George Harrison, David Crosby, Elton John, Stevie Ray Vaughan, David Lindley oder
Bruce Hornsby bekam.
Sicherlich befindet sich auch "... Red Sky" nicht unter den Top 10-Alben des Meisters, aber es bedeutete zumindest einen sicheren Einstieg in ein neues Jahrzehnt. Einem, das in den ersten Jahren regelrecht abenteuerliche Dylan-Konzerte ans Tageslicht beförderte, um es mal nett auszudrücken. Er war damals offensichtlich der Meinung, sich selbst neu kreieren, bzw. finden zu müssen. Er musste sein bereits vorhandenes Werk zerstören, um Neues schaffen zu können. So steht es zumindest geschrieben.
Ich selbst habe den Meister in dieser Zeit zum ersten Mal live gesehen, Anfang der Neunziger in Stuttgart, und 'it wasn't pretty'!! Vollkommen orientierungslos schien er damals - manchmal auch während den Songs - die Instrumente zu tauschen, kaum einer der Songs war wiederzuerkennen und am Schluss konnte man eigentlich nur noch ratlos den Kopf schütteln. Aber, um nicht abzuschweifen, auf "Under The Red Sky" ist von dieser Übergangsphase nichts zu spüren, das Album kommt solide rüber und Songs wie "Wiggle Wiggle", "TV Talkin' Song", "2 x 2", "God Knows" oder "The Cat's In The Well" bieten den besten Dylan, den man zu der damaligen Zeit bekommen konnte.
Die vorliegende 3-CD-Box enthält nun wirklich nicht die besten Scheiben aus Bob Dylans Karriere, aber wenn man diesen Musiker mag und die enthaltenen Alben noch nicht im Schrank stehen hat, bietet sich hier eine klasse Gelegenheit, dies für günstiges Geld nachzuholen. Und, um es noch mal abschließend auf den Punkt zu bringen: "Under The Red Sky" ist durchaus okay, "Empire Burlesque" und "Down In The Groove" verfügen dagegen lediglich über wenige Höhepunkte. Aber sie sind auch eine Standortbestimmung, wo sich der Musiker Dylan zum damaligen Zeitpunkt befand.
Tracklist
Empire Burlesque:
01:Tight Connection To My Heart (Has Anybody Seen My Baby)
02:Seeing The Real You At Last
03:I'll Remember You
04:Clean Cut Kid
05:Never Gonna Be The Same Again
06:Trust Yourself
07:Emotionally Yours
08:When The Night Comes Falling From The Sky
09:Something's Burning, Baby
10:Dark Eyes
Down In The Groove:
01:Let's Work Together
02:When Did You Leave Heaven
03:Sally Sue Brown
04:Death Is Not The End
05:Had A Dream About You, Baby
06:Ugliest Girl In The World
07:Silvio
08:Ninety Miles An Hour (On A Dead End Street)
09:Shenandoah
10:Rank Strangers To Me
Under The Red Sky:
01:Wiggle, Wiggle
02:Under The Red Sky
03:Unbelievable
04:Born In Time
05:TV Talkin' Song
06:10.000 Men
07:2 X 2
08:God Knows
09:Handy Dandy
10:Cat's In The Well
Externe Links: