Deep Purple / Hard Road - The Mark I Studio Recordings 1968-69
Hard Road - The Mark I Studio Recordings 1968-69 Spielzeit: 55:50 (CD 1), 66:14 (CD 2), 43:47 (CD 3), 65:45 (CD 4), 76:30 (CD 5)
Medium: 5 CD-Box
Label: Parlophone Records, 2014 (1968, 1969)
Stil: Rock


Review vom 02.08.2014


Markus Kerren
Das war aber auch mal Zeit. Mit "Hard Road..." wird endlich auch mal ausgiebig der wahrscheinlich unbeachtetsten Phase Deep Purples - nämlich die der Jahre 1968 und 1969 bzw. der ersten drei Studioalben - gewürdigt. Aufgewachsen sind die meisten von uns wahrscheinlich mit "In Rock", "Fireball", Machine Head und Made In Japan, haben dann eventuell die restlichen Scheiben nach und nach dazugekauft. Und ja, mir ist als 14-Jähriger, als ich das erste mal "Shades Of Deep Purple" hörte und im Vorfeld ein weiteres "Speed King", "Highway Star" oder "Strange Kind Of Woman" erwartete, erstmal fast das Gesicht abgefallen. Heute, einige Jahre später, hört sich das schon wieder ganz anders an.
Das Label Parlophone Records hat es also endlich zur Wahrheit gemacht und diese schöne Box zusammengestellt, die die ersten beiden Deep Purple-Alben "Shades Of Deep Purple" und "The Book Of Taliesyn" jeweils in Mono- und Stereomixes sowie das dritte Werk "Deep Purple" (in Fankreisen auch als "April" betitelt) in Stereo enthält. Das Debüt konnte in der englischen Heimat noch nicht sonderlich viel reißen, war dagegen in den USA schon richtig erfolgreich und hatte dort eine erste Hit-Single aufzuweisen.
Diese Single mit dem bekanntesten Song der Scheibe ist natürlich "Hush", aber immerhin wurde auch "Mandrake Root" noch einige Jahre lang auf der Bühne gespielt. Das Interessanteste ist aber, wie stark und spannend auch hier schon das Zusammenspiel von Jon Lord und
Ritchie Blackmore war. Das macht sich dann schon direkt beim instrumentalen Opener "And The Address" deutlich bemerkbar, aber auch alle anderen Stücke leben von einem dichten musikalischen Spannungsfeld, gegen das sich Rod Evans mit seinem Gesang kaum durchsetzen bzw. in den Vordergrund singen konnte.
Stilistisch ist "Shades Of Deep Purple" noch ein ziemlicher Mischmasch aus Pop, Rock und Psychedelic. Und dennoch: Dass hier aber ein wahres - noch nicht ganz von der Leine gelassenes - musikalisches Monster schlummerte, wird bereits mehr als deutlich. Bezüglich der Bonustracks sind vor allem das Outtake "Shadows" und die instrumentale Version von "Love Help Me" bemerkenswert. War Zweiteres auf dem Album doch recht poppig ausgefallen, lässt es die Band in dieser anderen Version ganz fett krachen.
Nur wenige Monate nach den Aufnahmen des Debüts ging es schon wieder für die Arbeiten am zweiten Album, "The Book Of Taliesyn", zurück ins Studio. Und interessanterweise hatte Purple auch hier wieder drei Coversongs am Start. Was möglicher- bzw. wahrscheinlicherweise aber auch dem gnadenlosen Terminplan geschuldet war, der kaum Zeit zum Komponieren übrig ließ. Insgesamt gesehen war diese zweite Scheibe, obwohl gar nicht mal so weit vom Debüt weg, doch wieder ganz anders. Denn wenn auch hier wieder der ein oder andere Pop-Song dabei war, ist sie doch noch etwas härter, etwas treibender.
Der Opener "Listen, Learn, Read On" kommt rockig drängelnd, wird aber (vor allem durch den Gesang und Text) mit nach wie vor ausreichend psychedelischen Elementen ausgestattet. Lords Hammond spielt hier eine eher untergeordnete Rolle, was sich im Laufe der Platte aber natürlich noch ändern sollte. Außerdem herausstechend ist Neil Diamonds "Kentucky Woman". Dass dieser Song auch für eine Band wie Deep Purple perfekt funktioniert, zeigt erneut, was für ein großartiger Songwriter Diamond tatsächlich war (und ist). "Exposition" (das im zweiten Teil in The Beatles' "We Can Work It Out" mündet) ist eine sehr ambitionierte Nummer, die wohl zum größten Teil auf Lords Konto gehen dürfte.
Auf Seite 2 des damaligen Vinylalbums wurde es dann erstmal ziemlich poppig (bei "Anthem" sind sogar Streicher mit im Spiel), bevor das große Finale in Form von "River Deep, Mountain High" auf den Plan tritt. Ein mutiger Schritt, wenn man bedenkt, dass diese Nummer von Ike & Tina Turner stammte und die gute Tina damals so ziemlich alles und jeden in Grund und Boden singen konnte. Nicht ganz überraschend ist es dann auch nicht der Gesang, der diese zehnminütige Coverversion zu einer ganz speziellen, wieder mit viel Psychedelic ausgestatteten macht. Als Bonus gibt es hier zwei Remixe von Albumsongs, zwei Instrumental-Versionen des Outtakes "Playground" sowie ein weiteres Outtake namens "Oh No No No".
Das dritte, unbetitelte Album überraschte vor allem durch eine sich fast komplett durchziehende Melancholie, von denen die einzelnen Stücke umwoben sind. Musikalisch war die Scheibe ein weiterer Schritt nach vorne, wenn sich auch bereits abzeichnete, dass Rod Evans' Tage so gut wie gezählt waren. Zum ersten Mal richtig geradeaus nach vorne gerockt wird bei "The Painter", das Herzstück ist aber natürlich der Song "April". Bzgl. des üppigen Bonusmaterials glänzt "Emmaretta", eine Nummer, die damals lediglich als Single auf den Markt kam und somit auf keinem Studioalbum enthalten war. Aber auch hier sind die Remixe einzelner Stücke durch die Bank interessant und hörenswert.
Nicht sehr viel später war der erste Karriereabschnitt tatsächlich abgeschlossen, Rod Evans und Nick Simper mussten gehen und wurden durch Ian Gillan und Roger Glover ersetzt. Die sogenannte Mk II-Besetzung war geboren und machte sich auf, die Welt zu erobern.
Alles in allem eine sehr schöne Box, die die Vollbedienung in Sachen Deep Purple Mk I darstellt. Ob einem nun die Mono- oder Stereomixes besser gefallen, sei jedem selbst überlassen. Sehr gelungen natürlich auch die vielen Bonustracks, die aus Outtakes und alternativen Mixen bestehen.
Für diese Box muss man zwar etwas tiefer in die Tasche greifen, dafür lohnt sie sich aber ungemein und dürfte ein weiteres Schmuckstück in jeder Sammlung darstellen.
Line-up:
Rod Evans (lead vocals)
Ritchie Blackmore (guitars)
Jon Lord (keyboards, background vocals)
Nick Simper (bass, background vocals)
Ian Paice (drums)
Tracklist
Shades Of Deep Purple (mono mix):
01:And The Address
02:Hush
03:One More Rainy Day
04:Prelude: Happiness/I'm So Glad
05:Mandrake Root
06:Help
07:Love Help Me
08:Hey Joe

Bonus Tracks:
09:Shadows (outtake)
10:Love Help Me (instrumental version)
11:Help (alternate take)
Shades Of Deep Purple (stereo mix):
01:And The Address
02:Hush
03:One More Rainy Day
04:Prelude: Happiness/I'm So Glad
05:Mandrake Root
06:Help
07:Love Help Me
08:Hey Joe

Bonus Tracks:
09:And The Address (2003 remix)
10:Hush (1968 monitor mix)
11:Prelude: Happiness/I'm So Glad (2003 remix)
12:Hey Joe (2003 remix)
The Book Of Taliesyn (mono mix):
01:Listen, Learn, Read On
02:Wring That Neck
03:Kentucky Woman
04: a.)Exposition
b.)We Can Work It Out
05:Shield
06:Anthem
07:River Deep, Mountain High
The Book Of Taliesyn (mono-/stereo mix):
01:Listen, Learn, Read On
02:Wring That Neck
03:Kentucky Woman
04: a.)Exposition
b.)We Can Work It Out
05:Shield
06:Anthem
07:River Deep, Mountain High

Bonus Tracks:
08:Playground (instrumental outtake)
09:Kentucky Woman (2003 remix)
10:Oh No No No (outtake)
11:Playground (remixed instrumental outtake)
12:River Deep, Mountain High (US single mix)
Deep Purple:
01:Chasing Shadows
02:Blind
03:Lalena
04:Fault Line
05:The Painter
06:Why Didn't Rosemary?
07:Bird Has Flown
08:April

Bonus Tracks:
09:Emmaretta (2012 stereo mix)
10:The Bird Has Flown (early version, 2012 remix)
11:Why Didn't Rosemary? (early instrumental take)
12:Blind (2003 remix)
13:Lalena (instrumental)
14:April [Part I] (single B-side)
15:Emmaretta (single A-side)
16:The Bird Has Flown (US single B-side)
 
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