Deep Purple / 10.02.73 KB Hallen, Kopenhagen, Dänemark
Rocktimes Konzertbericht
Warum eine Eintrittskarte für das Konzert von Deep Purple 1973 in Kopenhagen unbenutzt blieb

Stil: Rock


Artikel vom 19.07.2007


Frank Hesterberg
Beim Durchsehen alter Unterlagen fällt mir doch eine Eintrittskarte aus dem Jahre 1973 in die Hände. Unwillkürlich musste ich lachen - sie war nicht abgerissen - und das hatte seinen Grund.
"Deep Purple am 10.02.73 KB Hallen, Kopenhagen, Dänemark" - und wieder musste ich lachen.
Ja, lange ist es her - aber die Erinnerungen bleiben.
Eines muss ich vorweg schicken: Ich war zu meiner Sturm- und Drangzeit selten zu Hause, fast nie da, wo ich eigentlich sein sollte und immer auf Achse. Aber nun zum Thema.
Ich hatte zu dieser Zeit eine sehr schöne Liebschaft in Dänemark. Dieses Wesen nannte oder nennt sich noch heute Eleen Nielsen. Blond - langhaarig und Purple-Fan durch und durch.
Kennengelernt und einiges andere mehr habe ich sie auf dem Konzert 1971 in Aarhus am 24. April.
Genau dieses Wesen ruft mich in Berlin an und fragt ob ich die nächsten Tage was vorhätte?
»Nee - liegt nichts Besonderes an - was ist denn los?«
»Purple spielt in Kopenhagen - eine Karte hab ich für dich - musst mich nur aus Aarhus abholen und dann gehts ab nach Kopenhagen.«
Nun gut - alles konnte warten - Familie - Ausbildung - Schule - aber Eleen und Deep Purple konnten nicht warten. Kurz entschlossen einen Zettel geschrieben: »Bin für einige Tage fort - ich melde mich.«
Für alle anderen war ich 'offiziell krank'.
Meinen alten Käfer vollgetankt, die gute alte D-Mark eingesteckt, einige Klamotten in den Kofferraum reingeworfen und zwei Schallplatten mitgenommen, nämlich "In Rock" und "Fireball".
Nun komm ich locker an die DDR-Grenze, im allgemeinen Sprachgebrauch auch 'Deutsche Dackel Republik' oder 'Drei Doowe Russen', damals zumindest.
Der Schlagbaum geht auf - ich werfe mein wallendes Haar in den Nacken und fahre ein - krame meinen behelfsmäßigen Personalausweis raus - gebe ihn ab und bin in der Warteschlange.
Da kommt doch locker ein Zöllner mit schicker Uniform an und fragt mich: »nu - Waffen, Funk, Munition« und bevor ich antworten kann erblickt er auf dem Rücksitz die zwei Schallplatten. »Tonträger sind hier aber nicht erlaubt!«
Ich noch locker: »Meester, ik fahre Transit, ik fahr hier nur durch!«
Er blickt mürisch und winkt mich raus. Oh Schei.....! »Was sind das für Tonträjer?«
Ik nun wieder: »Deep Purple«
»Deep wer? Die müssen wir erst mal begutachten ob da antisozialistisches Material drauf ist.«
Ich war nahe dran, diesen Fritzen zu killen. »Meester - da ist Musik drauf - Musik - verstehste?«
Verstanden hat der Kumpel nichts. Er verschwand samt Platten für zwei Stunden in einer Holzbaracke. Ich stand nun da - wurde nett bewacht und begann die lieben Zöllner 'gernzuhaben'.
Nach zwei Stunden kommt der 'Uniformträger' zurück, drückt mir meine LP's in die Hand und sagt »Sie können nun ihre Reise fortsetzen«
Danke - Genosse!!
Ich nun los, rauf auf die alte Bundesstraße 5 Richtung Hamburg. Schon zwei Stunden Verlust, aber egal das schaff ich noch.
Auf dieser Strecke gab es sechs beschrankte Bahnübergänge und diesmal hatte ich das Glück, dass alle geschlossen waren. Wieder Zeitverlust. Nun gut auch das geht noch.
Endlich - Boizenburg - ich kann den Westen schon sehen. Den DDR Kontrollpunkt erfolgreich und ohne weitere Beanstandungen passiert, komm ich an unseren Westzoll.
Ik steh da und trau meinen Augen nicht: Der winkt mir tatsächlich raus. Ja sind die denn alle irre heute!
»Juten Tach - Zollkontrolle!!« Ik frag den Westgenossen wat der von mir will und ob er der Meinung ist das ik die DDR aufgekauft hätte.
»Meester ik hab nichts fü Sie.«
Nun steh ik wieder, die Westgenossen suchen und kramen und finden nichts.
Wo nichts ist............!
»Wonach suchen Sie denn? Nach Drogen? Hätten Sie gleich sagen können. Ich hab zwei Schallplatten von Deep Purple, das sind meine Drogen!«
Selten sahen Westzöllner so dämlich aus! Nun gut, wieder Zeitverlust, es wird knapp. Nun darf aber auch nichts mehr schiefgehen. Runter von der guten alten Bundesstraße 5 in Richtung Flensburg. Bis dahin lief alles gut und ich bin schön durchgekommen.
Grenze!
Na, liebe Leser, dreimal dürft ihr raten: Unsere Bundesbubies und genau das Gleiche nochmal: »Rechts raus - wir suchen nach Drogen!«
In diesem Moment hätte ich alle netten Menschen in Uniform in einen Sack stecken mögen und in der Nordsee versenken können.
Nun gut - Klappe halten - freundlich dreinschauen und abwarten. Auch diese Gestalten fanden nichts.
Und die dänischen Kollegen wollten nichts von mir - nicht mal den Ausweis. Weiter - es wird verdammt knapp - bis Aarhus ist es noch ein Stück - und bis Kopenhagen? Nun ja.
Aarhus und meine Freundin Eleen habe ich erreicht - kurz danach machte mein Käfer schlapp - erst verabschiedete sich der Keilriemen und etwas später versagte die Zündung.
Also hieß es ab in die Werkstatt, die D-Mark ausgegeben.
Es wurde also nichts mit einem Konzert von Deep Purple, dafür aber zwei schöne Tage mit Eleen, um danach wieder heimzufahren.
Außer Spesen - nix gewesen - die Rückreise verlief völlig normal. Nur zu Hause in Berlin angekommen erwartete mich 'die Hölle'.
Ich habe aber noch die Eintrittskarte von diesem denkwürdigen Konzert.
Jawoll!!!
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