Dire Straits / Brothers In Arms
Brothers In Arms Spielzeit: 55:17
Medium: CD
Label: Warner Brothers, 1985 (1996)
Stil: Rock


Review vom 20.12.2010

    
Norbert Neugebauer
»These mist covered mountains
Are a home now for me
But my home is the lowlands
And always will be
Some day you'll return to
Your valleys and your farms
And you'll no longer burn
To be brothers in arms«
Mark Knopflers Stimme und seine Worte aus dem Titelsong von "Brothers in Arms" erzeugen bei mir immer noch dieses unvergleichliche Kribbeln, obwohl das Stück (wohldosiert) zu meinen meistgehörten zählt.
Es wird wohl kaum Rockfans geben, die noch nie etwas von diesem Album der Dire Straits gehört haben, egal wie alt sie sind. "Brothers In Arms" zählt zu den Klassikern der zeitgenössischen Musik und das gleich in mehrfacher Hinsicht. Die meisten Songs erreichten Hitstatus, rauschten durch die Radios und Musikboxen rund um den Erdball und nieteten sich im Landzeitgedächtnis der Konsumenten ein. Das kommerziell erfolgreichste Album der schottisch/englischen Band belegte wochenlang die Nr. 1-Position u.a. in England, Deutschland, Österreich, der Schweiz, Schweden sowie den USA und wurde in mehreren Ländern x-fach mit Platin veredelt. Über 30 Mio. Kopien wurden verkauft, insgesamt drei Grammies der Produktion verliehen. Das Cover mit der im Himmel schwebenden National Steel-Gitarre gehört ebenfalls zu den bekanntesten der Plattenhüllen-Kunst und charakterisiert den musikalischen Inhalt mit großer Symbolkraft.
"Brothers In Arms" war 1985 eines der ersten Alben, das parallel als Vinyl-LP und mit etwas längerer Laufzeit auf CD erschien. Mit 55 Minuten wurde nicht nur das zeitlich ausgeweitete Format gut genutzt, sondern auch die verbesserten Klangeigenschaften. Die Produktion bot einen neuen Sound auf der kleinen Scheibe, von 'technisch glatt und unemotional' wie damals häufig geunkt wurde, keine Spur! Knackig und ausgewogen, dazu ohne Knistern und Knacksen, ein echter Hörgenuss! Selbst nach heutigem Standard war dieses Ergebnis schon erstklassig und wurde bezeichnenderweise von Sony und Philips der ersten Generation von CD-Playern beigelegt. 1996 kam ein Remaster im 'Super Bit Mapping' heraus, das noch mal einen Quantensprung darstellte und diesem Review zugrunde liegt. Transparent, druckvoll, differenziert und mit enormem Dynamikgewinn offenbart diese Referenzaufnahme Schwächen und Stärken einer jeden Anlage. 2005 kam dann eine weitere Neuauflage auf Hybrid-SACD heraus.
Über den europäischen Winter des Jahres 1984/85 nahm die Band dieses Stück Musikgeschichte auf der kleinen Insel Montserrat in der Karibik auf. Die Abgeschiedenheit und Exotik des tropischen Vulkaneilands ist dem gesamten Team um die Produzenten Mark Knopfler und Neil Dorfsman offensichtlich bestens bekommen. Im Line-up waren neu Alan Clark (keyboards) und Hal Lindes (guitar) sowie Omar Hakim und Terry Williams (drums). Das Album erschien im April 1985 und wurde dann auf einer Tour durch über hundert Städte mit 234 Auftritten promotet. Damit hatten die Dire Straits den absoluten Höhepunkt ihrer Karriere erreicht.
»Through these fields of destruction
Baptisms of fire
I've witnessed your suffering
As the battles raged higher
And though they hurt me so bad
In the fear and alarm
You did not desert me
My brothers in arms«
1977 benannten die in Glasgow geborenen Brüder David und Mark Knopfler in ihrem damaligen nordenglischen Wohnort Newcastle upon Tyne ihre Band in Dire Straits um, was im Jargon 'nix auf der Tasche' heißt. Neben den beiden Gitarristen/Sängern waren noch Basser John Illsley und Drummer Pick Withers in der ersten Formation. Mit Demotapes machten sie auf sich aufmerksam, das erste Album mit dem Bandnamen und dem erfrischend jungen Sound wurde jedoch zunächst mehr im europäischen Ausland als zuhause gespielt. Da rülpsten noch die letzten Punks aus den Lautsprechern, der New Wave bahnte sich bereits seinen Weg durch die Discoschwemme und die Buggles hielten das Ende der Radiomusik durch die Videos für gekommen.
Ich hörte diesen irren Gitarrensound von "Sultans Of Swing", dieses brillante, perlende Gezupfe auf der Strat, den hippen Beat und diesen lässigen Gesang erstmals im Radio auf einer Fahrt im R4 über den Plärrer in Nürnberg. Ja, so was hat man halt noch im Kopf nach über 30 Jahren - Schlüsselerlebnisse. Wenig später war die Kiste geparkt und ich im nächsten Plattenladen in der Breiten Gasse. Die LP kostete den üblichen Neupreis und begleitete mich dann durch den Sommer von 1978. 1979 fuhr ich mit Freunden ins Reiterstadion nach München-Riem, zum Open Air von MAMA Concerts. Als Headliner waren am Abend die Dire Straits aufgeboten, neben den klebrigen Barcley James Harvest. Mark Knopfler mit Stirnband, dünn und locker wie immer, rockte obercool das Olympia-Gelände und wir hatten es dann nicht weit bis zur Schlafadresse. "Once Upon A Time In The West" im weinseligen Kopf und positive Vibrations in der Hose …
»There's so many different worlds
So many different suns
And we have just one world
But we live in different ones«
Das Album mit ausschließlich Mark Knopfler-Material hat eigentlich zwei unterschiedliche Richtungen. Zum einen verfügt es über kraftvolle Pop- und Rocksongs, die trotz entsprechender Überlänge ausgesprochenes Hitpotential haben; zum anderen sind da die zärtlichen, melancholischen und teils sogar bedrohlichen 'Balladen', die mittlerweile Band-typisch waren. "So Far Away" eröffnet das Album, ein Love-Song mit Laid Back-Groove, der durch einen markanten Basslinien-Dreiklang seinen Reiz erhält. Dann folgt der Riff-Hammer "Money For Nothing" (Nr. 1 in den US-Single-Charts) mit dem Gast-Auftritt von Sting. Er singt »I want my MTV« - Schleichwerbung für den mit dem animierten Song-Video startenden früheren Musiksender. "Walk Of Life" zeigt einmal mehr das Talent Knopflers für ausgesprochene Pop-Ohrwürmer. Die Keyboards geben die Hookline vor und ein munterer Background-Chor sorgt für fröhliche Stimmung. Die fabelhaften Brecker Brothers blasen "Your Latest Trick" an, bei dem erstmals Melancholie aufkommt - da geht wohl eine Beziehung den Bach runter. Ein verspieltes Intro führt zu dem sanften, tröstenden "Why Worry", das wie ein Kinderlied angelegt ist, aber dessen langer instrumentaler Abgang bereits auf die nächsten anspruchsvollen Songs hinweist. "Ride Across The River" nimmt das Krieger-Thema auf, das dann in fast allen Knopfler-Alben variiert wird. Zu einem fremdartigen Keyboard-Riff zirpen elektronisch Grillen und Panflöten, ein Sax gaukelt Harmonie vor, die Drums und der Bass akzentuieren nur sparsam den Off Beat-Rhythmus, während aus der roten Strat die Blitze zucken. In dem von akustischen Gitarren geführten und im Refrain von schweren Elektronik-Schockwellen gepushten "The Man's Too Strong" lässt Knopfler den 'Universal Soldier' aufmarschieren und bleibt auch bei dem straight rockenden "One World" allegorisch.
»Now the sun's gone to hell
And the moon's riding high
Let me bid you farewell
Every man has to die
But it's written in the starlight
And every line on your palm
We're fools to make war
On our brothers in arms«
Wagner'sche Gewitterstimmung läutet das grandiose Finale ein, die typische E-Gitarre spielt das Thema, bevor Knopfler mit fast zerbrechlicher Stimme und ausgesprochen zärtlich über seine Waffenbrüder auf beiden Seiten sinniert, denen er nach dem Ende des Kriegshandwerks eine friedliche Heimkehr wünscht. Ein Song wie ein Monumentalgemälde von Delacroix, emotional ergreifend, der Krieger im Abendrot, der mit festem Blick in der Ferne die Heimat sucht…
"Brothers In Arms" ist das Meisterstück der Dire Straits, auch wenn es inhaltlich und stilistisch nicht aus einem Guss ist. Aber die Vielfältigkeit gelingt, zumal Knopfler die Fäden immer sicher in der Hand hat und durch sein einmaliges Gitarrenspiel und die unverwechselbare Balladenstimme der durchgehende rote Faden gegeben ist. Die Arrangements sind eine Klasse für sich, die Mitwirkenden brillieren auf ganzer Linie. Von Beginn an steigern sich Intensität und Dramatik bis zum genialen Titelsong, der zu den ganz großen der Rockmusik zählt. Längst waren die Dire Straits auch keine Gitarren-Band mehr, "Brothers In Arms" ist zeitloses, gekonnt inszeniertes Kopfkino für Romantiker. Das erst sechs Jahre später folgende, letzte Studioalbum der Band "On Every Street" kam da nicht mehr heran und dann schlug Mark Knopfler allein einen anderen, nicht minder erfolgreichen Weg ein.
Line-up:
Mark Knopfler (guitars, vocals)
Alan Clark (keyboards)
Guy Fletscher (keyboards, vocals)
John Illsley (bass, vocals)
Omar Hakim (drums)
Terry Williams (drums)
Tracklist
01:So Far Away (5:12)
02:Money For Nothing (8:25)
03:Walk Of Life (4:12)
04:Your Latest Trick (6:33)
05:Why Worry (8:30)
06:Ride Across The River (6:58)
07:The Man's Too Strong (4:40)
08:One World (3:40)
09:Brothers In Arms (6:59)
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