Doctor Ross / Juke Box Boogie
Juke Box Boogie Spielzeit: 87:56
Medium: CD
Label: Bear Family Records, 2013 (1951-1970)
Stil: Blues


Review vom 20.07.2013


Wolfgang Giese
Und gleich noch den Untertitel dieser CD hinterher: "(The Memphis Recordings And The Michigan Singles) The Sun Years, Plus".
Es ist gar nicht so lange her, dass ich diesen Musiker bei der Vorstellung dieser CD von
The Blues Against Youth erwähnte: »Dr. Ross litt unter dem "Boogie Disease" und rockte und rollte bisweilen heftig - ebenfalls einsame Klasse.« Das greife ich hier als Einleitung doch gleich auf. Doch Heilung naht, so heißt es in einem anderen Titel "Call The Doctor".
Der Doctor wurde am 21. Oktober 1925 in Tunica/Mississippi als Charles Isaiah Ross geboren und starb am 28. Mai 1993. Mit dieser Kollektion wird er von Bear Family Records im Rahmen der Serie "The Sun Years, Plus" präsentiert. Der als 'One Man Band' bekannt gewordene Musiker war aber nicht immer in dieser Form tätig. Seine ersten, auf dieser Kollektion enthaltenen Aufnahmen stammen aus dem November 1951 und wurden noch im Trio eingespielt. Erst ab ca. 1955 war er dann als Solokünstler unterwegs. Bei einigen Songs bediente er sich ab und zu noch der Unterstützung vereinzelter Musiker. Wurden diese ersten Songs zwar bereits in den Sun Studios von Sam Phillips aufgenommen, so waren sie zur Veröffentlichung für Chess Records vorgesehen. Die weiteren hier versammelten Titel erschienen dann zunächst auf Sun (ab Oktober 1953) und auf den Labels DIR (1955-1958), Fortune (1959 und 1965-1970) sowie Hi-Q (1960-1963). Enthalten sind auf dieser CD die Singles jener Jahre sowie viele damals nicht veröffentlichte Titel.
Zumindest ein Song dürfte später noch bekannter geworden sein: "Cat Squirrel", unter anderen von Cream und Jethro Tull gecovert. 1965 veröffentlichte Doctor Ross erstmalig eine Langspielplatte auf dem Label Testament. Es folgten sowohl ein Gastspiel in Europa beim American Folk Blues Festival als auch weitere Platten. Doch hier hören wir Musik aus seiner Frühphase - Musik, die ganz einfach gestrickt ist, aber voller Emotionen sprüht.
Dabei rockt es oft kräftig und sein Spiel auf der Mundharmonika strotzt vor sattem Sound, teilweise in Richtung Sonny Boy Williamson oder Little Walter. Ansonsten bewegt sich sein Stil zwischen Country Blues und dem Blues aus den Städten, vorwiegend aus Chicago. Da gibt es reichlich Spuren von John Lee Hooker, Lightnin' Hopkins und auch von Jimmy Reed zu hören.
Starke Country Blues-Anteile weist zum Beispiel der "Good Thing Blues" auf, bei dem der Doctor die Gitarre mit ganz leichter Verstärkung spielt. Ja, man kann anhand der verschiedenen Jahre, in denen die Titel aufgenommen wurden, Unterschiede erkennen. Der raue Stil der Frühzeit blieb nicht durchgehend erhalten. Mit seiner besonderen Art des Vortrags hat er einen vorwärtstreibenden und direkt ins Blut gehenden Stil geschaffen. Ich halte die Beschäftigung mit diesem Musiker für ein Muss für jeden Bluesfan! Doctor Ross zeigt mit seiner Art des Minimalismus, zumindest in seinen Solovorträgen, dass es nicht wichtig ist, musikalische Höchstleistungen zu vollbringen, um Blues zu spielen. Er zeigt uns die Essenz dieser Musik auf eindringliche Weise mit Musik, die direkt das Herz berührt, mit für uns teilweise nicht mehr relevanten Themen, bis auf jene, die uns ewiglich begleiten: Beziehungen zu anderen Menschen und daraus resultierende Problemen, im Kleinen wie im Großen. Der Blues ist schließlich keine Musik, die nur Probleme beschreibt, sondern in den Texten oft auch Lösungen anbietet.
Und noch etwas. Was mich erstaunt, ist diese unglaublich lange Spielzeit - also gehen doch locker fast neunzig Minuten auf eine CD!
Line-up:
Charles Isaiah Ross (vocals, guitars, harmonica, drums)
Robert 'Mook' Moore (broom - #1,2,7,8)
Wiley Gatlin (guitar - #1,2,7,8)
Reuben Martin (washboard - #3, 4,10-17)
Henry Hill (piano - #10-12)
Tom Troy (guitar - #5,6,18-20)
Roosevelt 'Barber' Parker (drums - #5,6,18-20)
Jose Rojas (guitar - #27,28)
The Orbits (guitar, bass, drums - #25,26)
Unknown (bass, piano, drums, organ, guitar - #29-32)
Tracklist
01:Doctor Ross Boogie (2:27)
02:Country Clown (2:29)
03:Come Back Baby (2:48)
04:Chicago Breakdown (2:52)
05:The Boogie Disease (2:32)
06:Juke Box Boogie (2:29)
07:Cat Squirrel [Mississippi Blues] (2:20)
08:Shake A-My Hand (2:23)
09:Little Soldier Boy (2:47)
10:Shake 'em On Down (2:45)
11:Polly Put The Kettle On (2:58)
12:Down South Blues (2:56)
13:My Be Bop Gal (2:37)
14:Texas Hop (2:41)
15:Deep Down In The Ground (2:44)
16:Turkey Bakin' Woman (2:29)
17:1953 Jump (1:33)
18:Doctor Ross Boogie (2:22)
19:Downtown Boogie (2:21)
20:Feel So Sad (2:23)
21:Going To The River (3:25)
22:Good Thing Blues (4:45)
23:Industrial Boogie (2:25)
24:Thirty-Two Twenty (2:42)
25:Cat Squirrel [Mississippi Blues] (2:19)
26:The Sunnyland (2:34)
27:Cannonball (2:54)
28:Numbers Blues (2:15)
29:Call The Doctor (3:20)
30:New York Breakdown (2:57)
31:I'd Rather Be A Young Woman's Baby [Than An Old Girl's Slave] (2:37)
32:Sugar Mama (3:09)
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