Spielzeit: ca. 42:00 (Konzert), ca. 33:00 (Special Features) Medium: DVD NTSC 4:3 Region: 2, 3, 4, 5 Dolby Digital 5.1 Surround, DTS 5.1 Surround, Dolby Digital Stereo Untertitel: englisch, deutsch, portugiesisch, italienisch, spanisch Label: Classic Pictures, 2005 Stil: Progressive Review vom 27.10.2006 Ralf 'Jogi' Ruhenstroth

Als einer, der gerne den progressiven Tönen lauscht, möchte ich mich geradezu dafür schämen, dass ich mich bisher niemals intensiv mit Emerson, Lake & Palmer auseinandergesetzt habe. Zu sehr war ich bisher auch mit der Gitarre verwurzelt, und obwohl ich sehr gerne jegliche Tasteninstrumente höre, blieb ich immer bei Formationen wie Manfred Mann's Earth Band oder auch Yes hängen. Vor allen Dingen dann, wenn es um improvisierte Keyboardpassagen ging. Ehrlich gesagt, auch in diesen Bereichen kann man ja musikalisch mehr als ausgelastet sein. Was ich aber schon immer wusste, ist die Tatsache, dass diese drei Veteranen zum Olymp des Progs gehören. Und den einen oder anderen Song kennt man ja ohnehin, wenn man sich mit dieser Art von Musik intensiver befasst.

Nun hatte es sich ergeben, dass die DVD "Pictures At An Exhibition" noch mal bei mir reinflog und ich dadurch die Möglichkeit hatte, das Teil näher zu betrachten. Eines kann man schon gleich zu Anfang klar stellen: Es gibt diese Aufnahmen bereits seit längerem. Sie wurden bereits mehrfach auf Video und DVD präsentiert. Ob jetzt erneut an der Klangschraube gedreht wurde, vermag ich nicht zu sagen. Um etwas weiter ins Detail gehen zu können, habe ich unvermittelt mit einer mir bekannten ELP-Fachfrau Kontakt aufgenommen. Gudrun Friederich ist Fan der Band und dürfte über so ziemlich alles an ELP-Material verfügen, was es derzeit gibt. Und so konnte ich in einem ausführlichen Gespräch etwas Licht ins Dunkel bringen.

Zwischen den Aufnahmen dieser DVD und der auch erhältlichen Audio CD mit dem Titel "Pictures At An Exhibition" liegen ein paar Monate. Emerson, Lake & Palmer waren zu diesem Zeitpunkt noch eine sehr junge Band und hatten im August 1970 ihren ersten gemeinsamen Auftritt. Dieses Konzert wurde am 09.12.1970 im Lyceum Ballroom in London aufgenommen. Zu Beginn des Frühjahrs 1971 kam der Film "Rock And Roll Your Eyes" mit eben diesen Konzertaufnahmen in die Kinos. Die daraus resultierende Nachfrage führte dazu, dass sich ELP entschlossen, die Musik auch als LP zu veröffentlichen. Diese Audio-Aufnahme stammt demnach aus dem März 1971 von einem Konzert aus Newcastle und ist nicht identisch mit dem auf der DVD erhältlichen Material.

Besonders erwähnenswert ist, dass die Band damals zwar noch nicht über so viel eigenes Material verfügte, sie aber immerhin ein 90-minütiges Konzert gespielt hatte. Damit kommen wir zu einem kleinen Manko. Auf dieser DVD gibt es als 'Hauptprogramm' lediglich eine ca. 42-minütige Adaption zu Modest Mussorgskys "Bilder einer Ausstellung". Es war schon damals nicht unbedingt neu, dass sich eine Rockformation eine Vorlage aus der klassischen Musik nahm, dennoch sei angemerkt, dass "Pictures At An Exhibition" keine exakte Vertonung des klassischen Werkes ist. Kenner sprechen davon, dass Fragmente zwar klar zu erkennen sind, sich ansonsten aber die gezeigten Improvisationen an Mussorgskys Themen entlang hangeln. Übrigens gibt es die kompletten 90 Minuten auf einer in Japan erschienenen Laserdisc. Der absolute Fan wird wissen, wie man daran kommt.

Die Darbietung dieses Werkes von ELP war ein enormer Erfolg, so dass es sogar konkrete Pläne gab, es als Ballett aufzuführen. Zeitungsartikel können dies heute noch belegen. Umgesetzt wurden diese Ideen jedoch nie.

Zum Konzertmitschnitt: Die Aufnahmen zeigen, wie es mit ELP begonnen hat. Schon hier ist der Drang nach Improvisationen zu erkennen. Der Wille, alles aus den Instrumenten herauszuholen, zeichnet sich ab. Es ist kein komplettes Konzert, sondern es beschränkt sich eben auf die "Bilder einer Ausstellung" .Über ein historisch nett aufgemachtes Menü sind die einzelnen Tracks anwählbar, wobei "Pictures At An Exhibtion" im Grunde genommen ein ganzes Stück ist. Besonders nett ist Minute 39, als Greg Lake zu früh mit seinem Gesang einsteigt. Dies ist in der Tat auffällig, weil nun Carl Palmer große Schwierigkeiten hat, den Takt wieder anzupassen. Er muss dafür sogar einmal kurz aussetzen. Irgendwie macht das die Aufnahmen richtig nett.

Was mir nicht gefällt, sind die Momente, wenn die Band gemeinsam die Briketts auflegt und anfangs Flashlights und später Cartoons über ewige Längen eingeblendet werden. Das mag damals vielleicht modern gewesen sein. Heute schmälert das den Sehgenuss ungemein. Hartgesottene ELP-Fans halten diese Wiederveröffentlichung für vollkommen überflüssig. Dennoch zeigt es das junge Trio, wie es noch vollkommen unbekümmert aufspielt. Immerhin war dies erst die zweite Bildaufzeichnung, die ELP nach dem legendären Isle of Wight Festival im August 1970 über sich ergehen ließen. Die Bonusfeatures sind ganz nett, reißen es aber auch nicht unbedingt raus. Etwas für Nostalgiker, die in knapp 42 Minuten sehen möchten, wie alles anfing. Herzlichen Dank an Gudrun Friederich für die sehr interessanten Hintergrundinformationen!

Line-up:
Keith Emerson (organ, moog)
Carl Palmer (drums)
Greg Lake (bass, acoustic guitars, vocals)