Eroc / Eroc 4
Eroc 4 Spielzeit: 79:10
Medium: CD
Label: Brain/SPV, 2005 (1982)
Stil: Easy Listening


Review vom 16.09.2007


Markus Kerren
»Keine Kompromisse mehr!« war der Schlachtruf, den sich Eroc nach dem aufgrund von Zeitproblemen doch ziemlich zusammengestückelten, dennoch hochinteressanten Vorgängeralbum Eroc 3 auf die Fahnen geschrieben hatte. Obwohl immer noch bei Grobschnitt multifunktional aktiv, fand er 1981 und 1982 genügend Zeit, die zehn Songs zum vierten Alleingang in seinem Hagener Homestudio fertigzustellen. Aber es hatte sich auch viel geändert. Grobschnitt waren mittlerweile etabliert, die Tour-Aktivitäten auf zwei Blöcke pro Jahr eingegrenzt und nicht zuletzt war er durch den überwältigenden Erfolg seiner "Wolkenreise" finanziell abgesichert.
Viel weniger Stress also, mehr Ruhe und wesentlich entspanntere Lebensumstände. Gespickt mit Zeit, ganz relaxt an sein neues Album, das mit dem Stück "Hundertwasser" beginnt, heranzugehen. Und so klingt es dann auch. Man hört einen kleinen Wasserfall rauschen, einen Bach fließen und zu diesen Natursounds gesellt sich dann alsbald eine schöne Akustik-Gitarren-Melodie, untermalt von Keyboards und Akkordeon. Musik zum Träumen, nicht unähnlich der "Wolkenreise".
Beschwingter kommt "Zimperlein", erneut von der Akustischen unterlegt, wobei sich hier das Keyboard und Akkordeon die Melodielinien zuspielen. Nur spärlich von Percussion-Elementen unterstützt, hatte sich Eroc offensichtlich etwas von seinen Drums zurückgezogen und will uns mit knappen Arrangements und sehr schönen Melodien überzeugen. Was ihm auch gelingt, selbst wenn es mit einem Nachfolge-Hit zur "Wolkenreise" nicht mehr klappen sollte. Dabei sind die ersten beiden Titel, das folgende "Vogelfrei" und auch der Rest der Songs qualitativ durchaus auf einer Höhe damit anzusiedeln.
In "Javea", wo eine sehr gefühlvolle elektrische Gitarre den Ton angibt, geht die Fantasie des Zuhörers einmal mehr auf die Reise und lässt Hawaii-Gefühle aufkommen, während "Tausendwasser" das Thema des Openers noch einmal aufgreift und weiterführt. Ja, und dann fängt der gute Eroc auch noch an zu singen. Auf dem siebten Song des Original-Albums, "Krieg der Zwerge", verleiht der Meister seiner Komposition auch mit seinen Stimmbändern neue Nuancen. Das genannte Stück kommt noch mit spärlichen Zwischenrufen zu plakativen Keyboard-Teppichen aus, während "Hagener Wellenreiter" mit viel Selbst-Ironie und dem typischen Grobschnitt-Humor einen textlichen Überblick auf die Hagener Szene und die Neue Deutsche Welle gewährt. Ein witziger Abschluss des Original-Albums, während davor noch die Songs "Von der Insel" und "Brauntöne" im bekannt relaxten und träumerischen (Instrumental-) Stil zu gefallen wussten.
Auch die Neuauflage von "Eroc 4" bietet was fürs Geld und somit ist auch diese CD mit knapp 80 Minuten und 22 Songs total vollgepackt. Als Eröffnung dieses Re-Releases dienen überraschenderweise zwei Bonustracks. Und wieder mal wird klar, was für ein Schelm und witziger Bruder Eroc war, bzw. ist. Nach einem lustigen (gestellten) Interview erfolgt ein marktschreierisches Jingle für den "Piratensender Kolibri".
Sämtliche Bonus-Stücke wurden (mit Ausnahme von "Radio Puschkino", 2004) im Verlauf der Achtziger aufgenommen und verfügen grösstenteils auch über den etwas schrägen, mit humoristischer Note anzusehenden, Gesang des Protagonisten. Während musikalisch auch mal mit Keyboards und Tanz-Rhythmen experimentiert wird, greift Eroc aber gerne wieder auf die altbekannten Strukturen zurück.
Wenn man sich nur mal das Original-Album "Eroc 4" (erneut mit ausführlichem Booklet und als schönes Digi-Pack ausgestattet) herauspickt und die Zugaben ausser Acht lässt, so fällt auf, dass der Westfale hier seinen auf "Eroc 3" begonnenen Weg konsequent weiterging. Wunderschöne Klangbilder lassen einen in Tagträume fallen und geistige Bilder von fernen, einzigartigen und einladenden Landschaften aufkommen.
Qualitativ auf dem selben Level wie die "Wolkenreise", reichte es für einen weiteren Hit dann aber doch nicht mehr. Und circa ein Jahr, nachdem dieses Album erschien, verliess Eroc im Juni 1983 die von ihm mitgegründete Band Grobschnitt, um sich anderen Dingen zu widmen. Musik hat er auch weiterhin gemacht und ist heute vor allem auch wegen seiner aussergewöhnlichen Fähigkeiten des Masterns, bzw. Remasterns auf seiner 'Mastering Ranch' in aller Munde.
Tracklist
01:Hinterview
02:Piratensender Kolibri
03:Hundertwasser
04:Zimperlein
05:Intro Vogelfrei
06:Vogelfrei
07:Javea
08:Tausendwasser
09:Krieg der Zwerge
10:Von der Insel
11:Brauntöne
12:Hagener Wellenreiter
13:Let's gläntz
14:Wer rettet die Welt
15:Alles Inordnung
16:Detlef ist weg
17:Die Kinder ziehen fort
18:Der Prophet
19:Sonntagsfahrt
20:Fantastico
21:Radio Puschkino
22:Auf Widder hörn
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