Europe / Original Album Classics
Original Album Classics Spielzeit: 39:44 (CD 1), 38:29 (CD 2), 40:25 (CD 3), 47:47 (CD 4), 59:49 (CD 5)
Medium: 5 x CD
Label: Sony Music, 2015 (1984-1991)
Stil: Rock


Review vom 29.03.2015


Holger Ott
America war bereits vergeben, Asia passte aus geographischen Gründen nicht, 'Africa' und 'Australia' klingen als Bandnamen vielleicht nicht so überzeugend und somit blieb den schwedischen Newcomern nichts anderes übrig, als sich Europe zu nennen. Da Produkte aus dem hohen Norden bekanntlich als langlebig und hochwertig einzustufen sind, wundert es kaum jemand, dass die Band auch heute noch ganz oben im Geschäft ist und zur Zeit mit "War Of Kings" ein aktuelles Album am Start hat.
Wir wollen aber nicht darüber fachsimpeln, sondern greifen tief in die Kiste bis zu ihren Anfängen. Die sehr beliebte Serie "Original Album Classics" hat ihren Katalog wieder einmal aktualisiert und sich der ersten fünf Scheiben angenommen. Für Sammler, die dem Vinyl huldigen und am liebsten alle alten Schallplatten, ebenfalls in digitaler CD-Version, im Regal hätten, kann somit wieder geholfen werden. Ich gebe zu, dass ich diesen handlichen Fünfer-Paketen immer wieder entgegen fiebere, um meine eigene Sammlung zu ergänzen, und mein gutes altes Vinyl vor Verschleiß zu schützen. Zudem schont der sehr humane Preis von runden zehn Euro die Geldbörse ungemein.
Damals, noch als Quartett um Mastermind Joey Tempest, blieben ihre ersten beiden Veröffentlichungen in unseren Gefilden leider ohne nennenswerte Beachtung, was ich beim ersten Durchlauf als schade empfinde, denn ohne Zweifel hat die Band bereits mit den ersten Tönen geschmackvolle, straighte Rockmusik erschaffen. Mit einem Urschrei, zu Beginn des ersten Songs, rückt Tempest ins Rampenlicht und bleibt bis heute die schillernde Persönlichkeit in der Band. Durch die Bank bietet das gleichnamige Debüt-Album schöne kräftige Musik, die bei allen Songs hörenswert ist.
Die zweite Platte, "Wings Of Tomorrow", die bereits ein Jahr später erschien, knüpft anfangs nahtlos an ihren Vorgänger an. Man könnte meinen, es wurden Stücke verarbeitet, die auf "Europe" keinen Platz mehr gefunden hatten. Gleiche Sounds, gleiche Tempi und ähnliche Akkorde lassen stark darauf deuten. Erst ab der Mitte der Scheibe, mit "Treated Bad Again" (das extrem schwere Kost ist) sowie dem grandiosen Instrumentalstück "Aphasia", ebenfalls aus der düsteren Ecke, schlagen Europe neue Wege zu neuen Ufern ein. Die musikalische Qualität steigert sich von diesem Moment an in ungeahnte Höhen. Abgerundet wird der Rundling von einer zum Dahinschmelzen geeigneten Ballade und einem ultraschnellen Heavy Metal-Track. Vermutlich wurde nun endlich einigen Radiostationen außerhalb Schwedens die Augen und Ohren geöffnet, denn die dritte CD schaffte den ersehnten Durchbruch für die Band.
Mit neuer Besetzung und nun zu fünft, mit Keyboarder, katapultierte sich "The Final Countdown" in die Charts. Tempest hatte sich dazu entschlossen, lieber den kommerziellen Weg einzuschlagen, Gassenhauer zu produzieren und Kohle zu scheffeln. Es wird wohl kaum jemanden geben, der diesen Ohrwurm nicht im Gehörgang hat. Wer es etwas ruhiger mochte, für den war "Carrie" die bessere Wahl. Diese Überballade hat nicht nur zusätzlich die Verkaufszahlen in die Höhe getrieben, sondern auch weltweit für eine steigende Geburtenrate gesorgt. Das 86er Album ist bis heute der Höhepunkt in der Bandgeschichte und war damals ein Muss im heimischen Plattenregal. Von da ab hatte die Band ihren Stempel, der noch bis jetzt auf ihrer Stirn zu erkennen ist.
"Out Of This World" sollte natürlich an den finalen Countdown anknüpfen, allerdings fehlen hier vollständig die Songs, die man gerne im Radio hört. Die zwölf Tracks wechseln ständig zwischen Ballade und schwerem Rock. Paradebeispiel und für mich bestes Stück ist "Lights And Shadows", welches am deutlichsten zeigt, dass sich Europe darauf besonnen hatte, mehr auf der anspruchsvolleren Schiene zu fahren, als nur gleichklingende Radiomusik zu produzieren. Leider erreichen sie damit in den Charts keine Punkte mehr und spielen sich somit zu den Bands, die man zwar gerne hört, damals aber nicht herausragend waren, obwohl sie deutlich mehr Aufmerksamkeit verdient hätten.
Die letzte CD dieser "Original Album Classics"-Kollektion ist "Prisoners In Paradise". Die Band wird mutiger und fängt an zu experimentieren. Interessante Intros und abwechslungsreiche Songs sorgen für angespitzte Ohren. Die CD ist durchweg schnell und schwer und größtenteils völlig gegensätzlich zu allen Vorgängern. Der typische Europe-Sound kommt kaum zur Geltung, dafür stehen Synthesizer und tief gestimmte Gitarren im Vordergrund. Zudem hämmert Drummer Ian Haugland nun per Doppelpedal die Bässe. Highlight auf dieser Scheibe ist der Abschluss mit dem 'Mädchen aus Libanon'.
Führt man sich dieses Paket der Reihe nach zu Gehör, kann man sehr gut verfolgen, wie sich die Musik der Band veränderte und für meine Begriffe deutlich verbessert hat. Seit dieser Zeit habe ich mir selbst kein Album mehr von Europe zugelegt, bin aber jetzt neugierig geworden und werde demnächst einmal in die aktuelle Veröffentlichung hineinhören. Vielleicht ist die Band noch immer dort, wo sie mir mit "Prisoners In Paradise" am besten gefallen hat.
Line-up:
Joey Tempest (vocals)
Kee Marcello (guitar)
Mic Michaeli (keyboards)
John Leven (bass)
Ian Haugland (drums)
Tracklist
CD 1 Europe:
01:The Future To Come
02:Farewell
03:Seven Doors Hotel
04:The King Will Return
05:Boyazont
06:Children Of This Time
07:Words Of Wisdom
08:Paradize Bay
09:Memories
CD 2 Wings Of Tomorrow:
01:Stormwind
02:Scream Of Anger
03:Open Your Heart
04:Treated Bad Again
05:Aphasia
06:Wings Of Tomorrow
07:Wasted Time
08:Lyin' Eyes
09:Dreamer
10:Dance The Night Away
CD 3 The Final Countdown:
01:The Final Countdown
02:Rock The Night
03:Carrie
04:Danger On The Track
05:Ninja
06:Cherokee
07:Time Has Come
08:Heart Of Stone
09:On The Loose
10:Love Chaser
CD 4 Out Of This World:
01:Superstitious
02:Let The Good Times Rock
03:Open Your Heart
04:More Than Meets The Eye
05:Coast To Coast
06:Ready Or Not
07:Sign Of The Times
08:Just The Beginning
09:Never Say Die
10:Lights And Shadows
11:Tower's Callin'
12:Tomorrow
CD 5 Prisoners In Paradise:
01:All Or Nothing
02:Halfway To Heaven
03:I'll Cry For You
04:Little Bit Of Lovin'
05:Talk To Me
06:Seventh Sign
07:Prisoners In Paradise
08:Bad Blood
09:Homeland
10:Got Your Mind In The Gutter
11:'Til My Heart Beats Down Your Door
12:Girl From Lebanon
 
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