Frequency Drift / ... Laid To Rest
... Laid To Rest Spielzeit: 69:49
Medium: CD
Label: Gentle Art Of Music, 2012
Stil: Prog Rock

Review vom 12.10.2012


Boris Theobald
Andreas Hack bleibt sich treu und hält mit der progressiven Eigenmarke seiner Band Frequency Drift auf dem nunmehr vierten Album konsequent Kurs. Weniger als ein Jahr nach dem extrem starken Ghosts ist "... Laid To Rest" zwar das Werk, das in der bisherigen Diskografie der Band wohl am Wenigsten einen 'Fortschritt' gegenüber dem Vorgänger markiert - es ist zugleich aber (noch) kein Stillstand. Vielmehr wirkt "... Laid To Rest" wie eine detaillierte Studie, eine Art musikalisches In-Sich-Gehen, bei dem Songschreiber und Keyboarder Andreas Hack alles auslotet, was ihm im Hier und Jetzt musikalisch auf der Seele liegt. Gut, dass er es getan hat, denn das Ergebnis ist sehr wertvoll.
Ein Unterschied zu "Ghosts" ist, dass "... Laid To Rest" 'düsterer' ist. Allein schon die Namen der wenigen, aber langen Tracks deuten das an: "Dead", "Parted", "Cold", "Wish" und "Ice"... und der abschließende akustische Gedankengang "Copper" greift den optischen Eindruck eines kupferfarbenen Abendhimmels auf, wie er auch auf dem Coverfoto zu sehen ist. Dieses Bild unterstreicht die Musik recht gut. Frequency Drift klingen malerisch, zart-süß, aber doch immer wieder kraftvoll - introvertiert und ruhig, aber dennoch immer wieder ausdrucksstark und plötzlich ungeduldig und virtuos. Die Stücke nehmen sich lange Zeit, um aus gedankenversunkener Melancholie packende Prog-Arrangements zu generieren. Ziemlich genial, wie die Atmosphären beinahe 'natürlich' ineinander fließen...
Zerbrechlich-schimmernde Klanguniversen aus Akustikgitarre, Harfe oder E-Violine erhalten früher oder später durch das Schlagzeug Dynamik oder durch verzerrte Gitarren Dramatik. Das Feingefühl, mit dem das passiert, ist bemerkenswert. So finden die Drums im Finale von "Dead" nur ganz leise im Hintergrund statt; und auch so manche Gitarrenriffs sein stellenweise eher eine abstrakte Andeutung denn ein konkreter Taktgeber. Schon die Abmischung der Instrumente wird so zu einem Ereignis für die Ohren. Solche 'Ereignisse' finden darüber hinaus statt, wenn sich aus atmosphärisch verklärten Introspektiven regelrechte monumentale Zuspitzungen ergeben, wie im Mittelteil von "Ice".
Das sind diese Hinhörer; hier wird man plötzlich, während man den lyrisch-malerischen Harmoniestudien lauscht, aus allen traurig-schönen Tagträumen gerissen. Ähnliche Effekte verursachen auch unerwartete, aufwühlende Tempoverschärfungen wie im Instrumentalpart von "Dead". Oder der kurzzeitig angedeutete Fusion-Groove in "Cold". Oder die orientalischen Einschübe in "Dead" und "Copper". Und Instrumente wie die Klarinette oder das mittelalterliche Gemshorn sowieso. Aber auch die Überraschungsmomente im Gesang. Grundsätzlich ist zu sagen, dass sich Antje Auer mit ihrem elegischen und sehr femininen Gesang erneut als absoluter Glücksgriff für Frequency Drift beweist.
Die Doppel-Vocals in "Cold" sorgen ebenso für Gänsehaut wie diese gelegentlichen Gesangsspitzen, die Antje Auer kurz in die Kopfstimme springen lassen. Besonders aufhorchen lässt sie aber in unerwartet druckvollen Power-Passagen, zum Beispiel in den wehmütigen, aber eindringlichen Refrain von "Ice" mit deutlicher Heavy-Schlagseite. Und im Chorus von "Wish" könnte man sogar kurz glauben, eine zusätzliche Stimme im Line-up der Band übersehen zu haben, so wuchtig und beinahe wütend wie Antje Auer hier jeweils für einen kurzen Moment agiert. Das sind die Aufsehen erregenden Momente, die die hinreißende atmosphärische Mosaikarbeit auf diesem Album nochmal punktuell veredeln.
Man braucht für "... Laid To Rest" zweifelsohne Zeit und Hingabe; es ist ein Album, das dem Hörer noch mehr zurück gibt, wenn er selbst etwas hinein investiert. Belohnt wird er nicht nur mit erstaunlichen atmosphärischen Wendungen, die beim schnellen Reinhören nie und nimmer absehbar wären, sondern auch mit Songwriting-Schönheiten wie dem packenden, bittersüß klagenden Refrain von "Parted" - vielleicht das Highlight des kompletten Albums. Frequency Drift bleiben erfrischend eigenständig und mit wenigen Künstlern vergleichbar. Außer mit Frequency Drift selbst. Dieser Eindruck verfestigt sich mit "... Laid To Rest" und bedeutet einerseits eine noch feinere Definierung der eigenen Trademarks, aber andererseits vielleicht auch eine Bürde. Denn Mastermind Andreas Hack bleibt sich zwar treu, muss aber beim nächsten Album vorsichtig sein, um sich nicht zu wiederholen und in eine kreative Sackgasse zu geraten.
Line-up:
Antje Auer (vocals)
Alexander Galimbis (electric guitar)
Jürgen Rennecke (bass)
Nerissa Schwarz (harp)
Frank Schmitz (electric violin)
Andreas Hack (keyboards)
Jasper Jöris (drums, percussion, gemshorn)

Guest musicians:
Christian Hack (guitar, flute)
Barbara Jöris (gemshorn & other medieval instruments)
Thomas Epp (clarinet)
Martin Schnella (guitar - #6)
Tracklist
01:Dead (9:40)
02:Parted (7:44)
03:Cold (15:24)
04:Wish (15:25)
05:Ice (9:12)
06:Copper (12:22)
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