Frumpy / Frumpy 2
Frumpy 2 Spielzeit: 38:59
Medium: CD
Label: Philips Records, 2012 (1971)
Stil: Rock


Review vom 24.12.2012

    
Jürgen Bauerochse
Sie existierten nur ganze drei Jahre von 1969 bis 1972, nahmen in dieser Zeit drei Studio-Alben auf und gehörten trotzdem zu den erfolgreichsten Formationen der frühen Krautrock-Ära. Natürlich trugen die außergewöhnlichen Fähigkeiten der Musiker zu dieser Bewertung bei, aber auch der ganz eigenwillige Stil der Sounds von Frumpy, der sich zwischen vertrackten Tönen à la Amon Düül II und straightem Rock'n'Roll, wie ihn zum Beispiel Birth Control präsentierten, bewegte, trug ein erhebliches Maß zu dem Erfolg der Band bei. Dabei wurde, im Gegensatz zu vielen anderen Truppen, die Orgel zum absolut bestimmenden Instrument erkoren. Bei den Aufnahmen zum ersten Album "All Will Be Changed" und der anschließenden Tour im Vorprogramm von Spooky Tooth war noch nicht einmal ein Gitarrist mit dabei, sodass sich die Musik gänzlich auf Jean Jacques Kravetz' Tastenspiel und die überragende Stimme von Frontfrau Inga Rumpf fixierte.
Erst vor den Aufnahme-Sessions zum Longplayer "Frumpy 2" stieß mit Rainer Baumann (verstorben am 14.11.2007) ein Mann für den Sechssaiter zur Frumpy-Familie. Dadurch wurde die Musik der Band noch erheblich variabler, denn die Blues-Leidenschaft des Gitarristen bot einen idealen Gegenpart zu den jazzigen Ansätzen des Keyboarders und ergänzte sich perfekt mit der Blues- und Gospel-getränkten Röhre der Hamburger Seemannstochter. Nun war auch das optimale Team in Sachen Songwriting zusammen. Der Weg war frei für einige der größten Kompositionen, die die deutsche Rockmusik am Anfang der siebziger Jahre hervorbringen sollte.
Und aus vier der besten Songs, die Frumpy hervorgebracht hat, besteht das Album "Frumpy 2", das ich in diesem Jahr für den Adventskalender ausgesucht habe. Allein die Spielzeiten der Titel, die zwischen 7:30 und 12:09 Minuten liegen, zeugen davon, dass die Band sich einiges vorgenommen hatte. Jedes einzelne Stück ist ein kleines Meisterwerk für sich. Nicht eine einzige Sekunde kommt auch nur ein Hauch von Langeweile auf. Es gibt immer wieder etwas Neues zu entdecken. Die Songs strotzen nur so vor Vielseitigkeit, sei es durch immer wiederkehrende Tempowechsel oder instrumentale Höchstleistungen.
Gleich der Opener "Good Winds" beginnt mit einem brüllenden Duett von extrem schweren Orgel- und Gitarrenklängen. Nach dieser tosenden Einleitung folgt ein ruhiger Einsatz von Ingas Vocals, der sich aber schlagartig steigert. Dieses Wechselspiel wird noch mehrmals durchgezogen und erzeugt ein wahres Wechselbad der Gefühle. Dann, nach knapp vier Minuten, kommt der totale Abbruch und der Übergang in ein fast zartes Orgelspiel, das von einem vorzüglichen Bass begleitet wird. Der Song nimmt fast Suiten-artige Züge an und steigert sich auch wieder permanent weiter. Erinnerungen an die "Gemini Suite" des seligen Jon Lord werden wach, und schließlich gibt auch Rainer Baumann eine großartige Stippvisite ab.
Zum folgenden "How The Gypsy Was Born" brauche ich eigentlich kaum etwas zu schreiben. DER Frumpy-Klassiker schlechthin! Ganz ruhiges Orgel-Intro, in das die Band dann komplett und ziemlich verschleppt einsteigt. Und wenn Inga Rumpf dann mitmacht, ist nur noch Gänsehaut angesagt. Hier kommt die Stimme von der wohl besten deutschen Rocksängerin aller Zeiten besonders gut rüber. Die Gitarrenarbeit im Mittelteil ist für mich so ziemlich die beste, die ich von Bands aus dieser Zeit kenne. Dann der abrupte Rhythmuswechsel mit sehr differenziertem Schlagzeugspiel, treibender Orgel und einem unwiderstehlichen Zwiegespräch zwischen Gitarre und Stimme. Zu guter Letzt übernimmt dann die Orgel wieder das Regiment, macht Druck und lässt dann auch gleich wieder nach, um einem großartigen Wah Wah-Pedal-Einsatz von Baumann Platz zu machen.
"Take Care Of Illusion" beginnt ziemlich schwungvoll, wird dann auf ein minimales Tempo runter gefahren - nur um gleich einen neuen Anlauf zu nehmen. Auch hier gibt es einen leiseren Part, bei dem sich Orgel und Gitarre die Vorherrschaft teilen. Darüber schwebt Inga wie eine Göttin. Und sie sorgt dann auch wieder für die Tempoaufnahme. Der Song steigert sich fast in ein Inferno, bei dem sich Kravetz und Baumann gegenseitig die Kante geben. Kurz danach läuft der Song wieder ganz gesittet zu Ende und der Spuk ist vorbei.
Und schließlich noch "Duty". Vom Grundaufbau durchaus mit "How The Gypsy Was Born" zu vergleichen, doch hier ist noch mehr Platz für Improvisationen. Carsten Bohn trommelt sich die Seele aus dem Leib und Rainer Baumann greift tief in seine Trickkiste. Hier ist Frumpy eine wirklich perfekte musikalische Einheit, wobei selbst Inga Rumpf vom Gitarristen und seinen Ausbrüchen am Sechssaiter klar in den Hintergrund gespielt wird. Fast über die gesamte Länge des Songs gibt die Gitarre den Ton an. "Duty" ist DER Überflieger dieses Albums, das mich auch nach über vierzig Jahren immer noch aus den Sitzen reißt. Ein großartiges Stück deutscher Rockmusik!
Line-up:
Inga Rumpf (vocals)
Rainer Baumann (guitar)
Jean-Jacques Kravetz (keyboards)
Karl-Heinz Schott (bass)
Carsten Bohn (drums)
Tracklist
01:Good Winds (10:02)
02:How The Gypsy Was Born (10:05)
03:Take Care Of Illusion (7:30)
04:Duty (12:09)
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