Jim Ford / Same (The Unissued Capitol Album)
The Unissued Capitol Album Spielzeit: 36:06
Medium: CD
Label: Bear Family Records, 2009 (1970)
Stil: Singer/Songwriter, Soul


Review vom 12.06.2009


Markus Kerren
Jim Ford ist nach Veröffentlichung der Compilation-Scheibe Point Of No Return durch Bear Family Records im Februar 2008 ja auch bei RockTimes schon seit geraumer Zeit kein Unbekannter mehr. Nachdem er 1969 mit "Harlan County" (unter dem Namen "The Sounds Of Our Time" bei The Bear Family wieder veröffentlicht) einen Klassiker auf den Markt gebracht hatte, standen die Zeichen auf Sturm, bzw. waren alle Weichen für eine großartige Karriere gestellt. Er unterschrieb bei dem Giganten Capitol Records und bekam luxuriöse Aufnahme-Bedingungen für sein von Insidern erwartetes Durchbruch-Album geboten.
Nun war Jim Ford aber alles andere als ein Musterschüler oder gar Unschuldsknabe. Kurz vor Abschluss des gleichnamigen, hier zu besprechenden Albums, kam es zu einer äußerst unschönen Situation zwischen Ford und den Verantwortlichen seines neuen Labels, deren Einzelheiten, so sagt die Legende, in feiner Gesellschaft vorsichtshalber gar nicht erst genauer beschrieben werden sollten. Was auch immer in jener bedeutungsvollen Nacht geschehen sein mag, es hatte auf jeden Fall die drastische Folge, dass Capitol Records alle Pläne das Album zu veröffentlichen, verwarf und Jim Ford zur 'persona non grata' erklärte, die noch nicht mal mehr im Firmengebäude geduldet wurde.
Umso besser, dass Bear Family Records uns diesen Schatz heute, knapp 40 Jahre später, doch noch einmal in seiner eigentlich vorgesehenen Form vorstellen kann.
Das Spektrum von Jim Ford war im Jahr 1970 schier grenzenlos. Er gleitet in seinen Songs spielerisch von Singer/Songwriter in den Blues, Funk, Soul und gar Gospel über und genau diese Mischung ist es, die dieses Album hier so unwiderstehlich macht. Direkt beim ersten Durchlauf wird man von den beiden Eröffnungs-Tracks "The Sounds Of Our Time" und "Big Mouth USA" regelrecht gepackt. Fords 'schwarze' Stimme, gepaart mit einem deutlichen Gospel-Feeling und seiner bluesigen Akustik-Gitarre (samt himmlischen Background-Sängerinnen) gehört definitiv zum Besten, was in dieser Richtung zur damaligen Zeit unterwegs war.
"Big Mouth USA" ist, bei diesem Songtitel sicher nicht ganz überraschend, eine heftige Kritik an der Politik bzw. dem Auftreten seines Heimatlandes. Auch bei diesem zweiten Titel herrscht eine warme, gospelige Stimmung vor, die Melodien sind göttlich und Fords Gesang setzt dem Ganzen die Krone auf. Jim war ein enger Freund von Sly (& And The Family) Stone, was sich auch auf folgenden Stücken wie z.B. "Chain Gang" bemerkbar macht, das von einem, sich im 'Untergrund' befindlichen Funk-Feeling bestimmt wird. Das mit Pedal-Steel veredelte "Thirty Six Inches High" ist, wenn auch vielleicht musikalisch nicht außergewöhnlich, dann doch aufgrund des Gesangs erwähnenswert.
Gefolgt wird dies von drei Granaten, von denen "Wonder What They'll Do With Today" den Anfang macht. Deutlich im Country angesiedelt, schafft es Ford hier einmal mehr, durch seinen Gesang und die Streicher im Arrangement den Track zu einem so Genre-übergreifenden, wie auch universellen Hit zu machen. Vorausgesetzt natürlich, es wäre zu einer Veröffentlichung gekommen. Sogar noch stärker ist "Point Of No Return" mit einem Refrain zum Davonfliegen, erneut coolen Background Vocals und seinem treibenden Folk Rock. Glänzend auch, weil unaufdringlich von Streichern vervollständigt.
Wenn man einen Vergleich suchen möchte, dann kann man wohl sagen, dass sich Ford stilistisch hier und da mal in etwa wie Van Morrison anhört. Mit "Harry Hippy" hatte später Bobby Womack einen Hit, "Go Through Sunday" ist eine melancholisch-launische Geschichte, die mit jeder Menge Feeling und Atmosphäre gebracht wird. Von der Thematik ähnlich Kris Kristoffersons "Sunday Morning Feeling Bad", nur halt mit dem ganz eigenen Jim Ford-Touch ausgestattet.
Mit "You Just-A" folgt eine lange Nummer, die sich wie ein inspirierter Soul-Jam im Studio anhört. Durch die Stil-Art, wie die Gitarre hier vertreten ist, auch ange-funk-ed. "Rising Sign" bildet schließlich den ruhigen, bluesigen Abschluss zu einem erstaunlich starken Album, dessen Wiederentdeckung ein großer Schachzug der Bear Family war und dessen Material heute noch genauso beeindrucken kann, wie es höchstwahrscheinlich auch vor knapp 40 Jahren der Fall gewesen wäre.
"Jim Ford (The Unissued Capitol Album)" ist soundtechnisch nicht auf dem heutigen Standard. Insgesamt kann man auch feststellen, dass diese Tapes keinesfalls fertig gestellt bzw. -produziert waren und das, was uns hier geboten wird, wohl die Aufnahmen in genau dem Zustand sind, in dem sie in der Nacht waren, in der es zu der anfangs erwähnten Katastrophe zwischen Ford und seinem Label kam. Wem dieser etwas rohe und unproduzierte (aber jederzeit absolut genießbare) Sound jedoch nichts ausmacht, der wird sich an Songperlen der besonderen Art erfreuen können.
Die absoluten Höhepunkte hören auf die Namen "The Sounds Of Our Time", "Big Mouth USA", "Wonder What They'll Do With Today" und "Point Of No Return", aber auch "Harry Hippy", "Thirty Six Inches High", "Go Through Sunday" und "Chain Gang" stehen diesen in nicht viel nach. Wenn man auf starkes Songwriting, atmosphärische Songs und souligen (weißen) Gesang steht, dann kann man hier nichts falsch machen. Aber (der mittlerweile verstorbene) Jim Ford ist es auch ganz allgemein Wert, entdeckt zu werden!
Tracklist
01:The Sounds Of Our Time
02:Big Mouth USA
03:Chain Gang
04:Thirty Six Inches High
05:Wonder What They'll Do With Today
06:Point Of No Return
07:Harry Hippy
08:Go Through Sunday
09:You Just-A (Full Version)
10:Rising Sign
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