Guru Guru / Tango Fango
Tango Fango Spielzeit: 43:21
Medium: CD
Label: Brain/SPV, 2009 (1976)
Stil: Fusion


Review vom 20.07.2009


Joachim 'Joe' Brookes
Darf ich bitten... oder sollen wir zuerst... in die Guru Guru-Tanzstunde gehen.
Danach hören wir Radio.
Bei jeder, oder lieber, fast jeder anderen Band als der von Mani Neumeier und Uli Trepte gegründeten deutschen Gruppe der guten Unterhaltung, würde man mit der auf "Tango Fango" servierten Musik die Nase rümpfen, von Song zu Song switchen und verzweifelt mit der Kühlschrank-Suche nach etwas Genießbarem beginnen. Erfolgreich findet man Bier.
Aber Guru Guru war/ist nun mal Guru Guru und bei denen kommt Kunst von Können und nicht Lernen. Man hatte 1976, vor der Geburt von "Tango Fango", bereits einiges Tolles vorzuweisen.
Für das 2009er-Reissue hat sich Eroc die Tapes vorgeknöpft und neu gemastert.
Vorliegende Platte war damals die erste Nicht-Trio-Scheibe von Guru Guru.
Gitarrist Sepp Jandrisits und Bassist Jogi Karpenkiel (Kollektiv) waren genau so neue Gurus wie Roland Schaeffer von Brainstorm. Mit Ingo Bischof und Tommy Goldschmitt (beide damals Karthago, Kraan) waren auch zwei Gäste mit von der Partie.
Die CD ist wohl eines der kuriosesten Werke der Combo.
Was hier so alles in den Topf der auditiven Schöpfung gegeben wurde, ist schon keck.
Auch heute noch beschleicht den Hörer das Gefühl, es könnte sich bei "Tango Fango" um ein partielles Kreativ-Tief der Gurus handeln.
Southern-Twin-Guitars zu karibischem Rhythmus und verdammt eingängige Melodien werden schon zu Anfang serviert. Die Gitarren-Arbeit ist fein und ohne eine Ecke geht "Tomorrow" ins Ohr.
Mit einem Riss in der Plattentektonik eröffnete der Titelsong in der Tat die Tanzstunde der Gruppe. Akkordeon und Gesang lassen den erotischen Tanz aufleben, der in kurzen Phasen das Fusion-Fass aufmacht.
Die Verschmelzung aus Nudeln und einer italienischen Provinz zu einem brasilianischen Bossa Nova setzt die Tanzveranstaltung fort. Viel Groove, viele Handtrommeln und viel Saxofon formen "Soba Soave…" schließlich zu einer Guru-Happy Hour. Stark das rhythmische Versatzstück mit funky Gitarre und Gesang. Die Kapelle poliert den Tanzboden.
Ist da ein Ende absehbar?
Der zeitlich knappe "Un, deux, trois"-Einlauf ist eine ganz simple Fortsetzung der Bossa-Tanz-Thematik.
Mit dem von Schaeffer komponierten "Nightbear" geht es endlich zum Fusion, der verdammt abgezockt geboten wird.
Wie schnell verändern sich die Verhältnisse: Das Saxofon hat endlich den Jazz entdeckt. In einem sphärigen Filetteil kommt die E-Gitarre auf Flügeln getragen daher und klasse ist die zweite Ausgabe der Zwillingsgitarren.
Die Dinge entwickeln sich!
Mit einer leichten Psycho-Eröffnung sorgen abermals Handtrommeln und Mani für einen tollen Groove, über dem die karibische Gitarre und das Keyboard für Stimmung sorgen.
Bananen mochte ich immer schon.
"L. Torro"... ein super Fusion-Stück. Mann, die Gurus schicken den Hörer gehörig auf die Achterbahn.
"Salto Mortadella" reiht sich mit bei den "Tango Fango"-Aktivposten ein.
Zum Abschuss freigegeben wird die Platte durch "Das lebendige Radio".
Guru Guru als die Entdecker des Musikantenstadls ("Der Kaiserjodler")?
Die Titelmelodie der Live-Sendung des lebendigen Radios ist eine Akkordeon-adaptierte Version vom Pfeif-Diva-Ilse Werner-Hit "Wir machen Musik" und wenn der Ansager Hans Krone einen auf Karl Valentin macht, dann wird die Karlstadt mit ihren Zähnen klappern, denn die lampenfiebernde dressierte Kuh heiß Liesl.
Der Kulturaustausch mit Madagaskar und die musikalische Dreingabe "Schnaderhupferl" sollte im Walzer-Takt zur deutschen Vereinigung beitragen.
Ins Akkordeon-Orchester mischt sich eine rockige E-Gitarre ein und dank eines inkompetenten Rundfunk-Technikers werden wir mit Chuck Berrys "Bye, Bye Johnny" von dieser Radio-Übertragung erlöst.
Manche mögen es, andere nicht...
So ist es auch mit "Tango Fango" im Digipack mit alten und neuen Liner-Notes (Matthias Mineur Mob Rules).
Ungewöhnlich ungewohnt und all-inclusive.
Line-up:
Sepp Jandrisits (guitar, concertina, yodelling, backing vocals)
Roland Schaeffer (alto saxophone, sopran saxophone, guitars, vocals)
Jogi Karpenkiel (bass, vocals)
Mani Neumeier (drums, percussion, Maniscope, effects, vocals)

Guests:
Ingo Bischof (Fender piano, percussion, backing vocals)
Tommy 'Pedro' Goldschmitt (congas, percussion, backing vocals)
Tracklist
01:Tomorrow (4:14)
02:Tango Fango (3:48)
03:Soba Soave Bossanova (5:00)
04:Un, deux, trois (0:44)
05:Nightbear (6:29)
06:Banana Flip (6:14)
07:L. Torro (4:53)
08:Salto Mortadella (3:14)
09:Das lebendige Radio (8:05)
10:a)0 Uhr 69 (0:28)
11:b)Wir machen Musik (0:57)
12:c)Der Kaiserjodler (1:05)
13:d)Schnaderhupferl (1:22)
14:e)Bye, Bye Johnny (1:32)
15:Bye, Bye Johnny (1:40)
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