Minne Graw / Ausgeträumt
Ausgeträumt Spielzeit: 30:03
Medium: CD
Label: Sireena Records, 2010 (1985)
Stil: Folk


Review vom 14.03.2010


Sabine Feickert
Sireena Records ist dafür bekannt, versunkene und verschollene Schätze zu heben. Nachdem das engagierte Label schon die beiden Alben "Wol mich de Stunde" und "Oue War" der Mittelalter-Folkband Ougenweide wiederveröffentlicht hat, haben sie sich nun auch einem damals unveröffentlichten Solowerk der Ougenweide-Sängerin Minne Graw angenommen.
Entstanden sind diese acht Songs nach der ersten Auflösung von Ougenweide im Jahr 1985. Minne versuchte in diesen Liedern ihren eigenen musikalischen Standort zu finden - nach 10 Jahren Ougenweide sicher kein leichtes Unterfangen.
Wer bei diesem Album auf mittelalterrockige oder wenigstens -folkige Töne hofft, wird enttäuscht werden, davon ist auf "Ausgeträumt" keine Spur zu finden.
Wer glasklare, ausdrucksstarke Fauengesangsstimmen mag, findet auf dem Silberling reichlich Futter, denn Minne hat ihre Vokalparts zum Teil mehrstimmig eingesungen und das mit wirklich überzeugender Wirkung.
Die Grundatmosphäre ist ruhig, getragen, entspannt, stellenweise fast meditativ. Stilistisch rangiert das Werk zwischen Folk und Pop.
Erstaunlich zeitlos ist das Thema der "Langeweile" umgesetzt. Übersättigung und Konsumüberfluss wird mit Piano und Synthie akustisch als plätscherndes Einerlei dargestellt, dem die Gesangsstimme Verzweiflung und Orientierungslosigkeit entgegensetzt. Ein wenig 70er Jahre-Pathos schwingt hier mit und führt uns in der Stimmung fast 30 Jahre zurück.
"Traeume leben" beginnt langsam und schleppend, um dann ab der Mitte mit wirklich gelungenen Bläsereffekten Leichtigkeit und Schwung zu gewinnen. "Ausgetraeumt" lässt dann erneut den Pathos der späten 70er und frühen 80er Jahre überschwappen und mich zur Erkenntnis gelangen, dass ich dafür noch ein bisschen zu jung bin - es entlockt mir ein Schmunzeln, aber keine Nostalgie.
Doch mit der nächsten Nummer "Am Morgen" kann ich dann wirklich was anfangen, stellt es doch eine echte Morgenmuffelhymne dar - damit kann ich mich fast schon identifizieren, zumal hier das Klangbild weiter in die 80er Jahre vordringt und die Drumcomputer und Synthieeffekte ausgereizt werden. Hachja, wie damals...
Auch der "Urlaub" klingt 'moderner' und schwungvoller, mit Pep und viel Effekt.
"Angst davor" ist dann wieder so pathetisch und engagiert, dass man schon fast Angst davor kriegen könnte.
Die letzten beiden Lieder, "Ausgespuckt" und "Die Nacht" waren nur als Demoversionen erhalten und wurden behutsam bearbeitet und stimmig ins Gesamtbild eingepasst.
Alles in allem hat Sireena auch hier wieder sorgsam und liebevoll gearbeitet und macht der Öffentlichkeit ein Stück Musik- und Zeitgeschichte verfügbar.
Line-up:
Minne Graw (Gesang, Piano, Synthesizer)
Stefan Wulff (Bass, Drum-Programmierung, Percussion)
Gunter Thönis (Schlagzeug - #1)
Frank Wulff (Didgeridoo, Saxofon, Mandoline, Gitarre)
Ditzi Fischer (Posaune - #2)
Tracklist
01:Langeweile
02:Träume Leben
03:Ausgeträumt
04:Am Morgen
05:Urlaub
06:Angst davor
07:Ausgespuckt
08:Die Nacht
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