Harlis / Same
Harlis Spielzeit: 54:00
Medium: CD
Label: Sireena Records, 2009 (Sky Records, 1976)
Stil: Rock


Review vom 01.07.2009


Markus Kerren
Es war im Jahr 1974, als sich Charly Maucher (Bass, Gesang) und Wolfgang Krantz (Leslie Gitarre) bei der Hannoveraner Truppe Jane ausklinkten und ihr eigenes Projekt durchziehen wollten. Mit an Bord nahmen sie den Schlagzeuger Werner Löhr, der davor in einer frühen Version der Scorpions tätig war und außerdem den so jungen wie exzellenten Gitarristen Arndt Schulz. Gegründet wurde die Band Harlis, mit der die Protagonisten sich deutlich vom Jane-Sound wegbewegen wollten. Was ihnen bedingt auch gelang. Bedingt deshalb, weil Mauchers Reibeisenröhre natürlich auch hier im Vordergrund stand.
Ausserdem war Krantz' Leslie Gitarre, die er zuvor bereits auf dem Album "Jane III" eingesetzt hatte, hier wieder dabei. Nachdem deutsche Bands im Allgemeinen und Jane ganz besonders von den Medien damals fast grundsätzlich 'geschlachtet' wurden, war es als absoluter Achtungserfolg zu werten, als das Debütalbum dieses Quartetts sogar positive Reviews bekam. Der Grund liegt auf der Hand: Die Scheibe war und ist einfach gut. Man verzichtete (bis auf einen Song) auf Keyboards und wollte grundsätzlich internationaler klingen. 'Mission accomplished' würde der Amerikaner sagen.
Der Song "BMW" startet diese gutklassigen 54 Minuten mit einem flotten Rocker, bei dem sich Werner Löhr und Charly Maucher die Lead Vocals teilen und über die Freuden an zweirädrigen Maschinen ihres Lieblings-Herstellers berichten. Aber auch Arndt Schulz hinterlässt bereits hier durch prägnante, aber nicht zu sehr aufgetragene Soli einen super Eindruck. Mit "Free" folgt einer meiner absoluten Lieblings-Tracks der, zugegebenermaßen ziemlich kurzen, Geschichte dieser Band. Eine ruhigere, nachdenklichere Nummer mit Akustik-Gitarre, einem prägnanten Bass und getoppt von Mauchers vielleicht besten Vocals seiner gesamten Karriere.
Da stimmt einfach alles, auch Löhr liefert hier den Song perfekt unterstützende Figuren ab, während Schulz ein traumhaftes Solo nach dem anderen abliefert. Apropos Arndt Schulz: Der übernimmt dann bei "Grey Rain" den Gesang und macht seine Sache auch hier sehr gut. Gesangliche Unterstützung bei diesen ersten drei Titeln lieferten Ute Hellermann und Ingrid Haas ab, was diese Stücke optimal abrundet. Das Instrumental "Bells Of Bothfeld" ist das einzige Stück auf dieser Scheibe, bei dem Keyboards eingesetzt wurden und erhielt seinen Namen übrigens von den Kirchenglocken, die die Band in ihrem Proberaum in Bothfeld immer wieder aus nächster Nähe hören konnte.
Eine starke und atmosphärische Nummer, bei der alle beteiligten Instrumentalisten glänzen, die den Zuhörer auf eine angenehme mentale Reise mitnimmt und die neben "BMW" sogar zweimal auf dieser Scheibe vertreten ist. Aber dazu später mehr. Den zweiten Teil des Original-Albums läutet "Runaway" ein, bei dem Charly Maucher zurück an den Vocals ist. Ziemlich funky geht es zur Sache und neben den bestechenden Gitarren grooven sich der Bass und das Schlagzeug die Seele aus dem Leib. Bei "Michael" kommt Arndt Schulz zu seinen zweiten Lead Vocals, was der Gitarrist einmal mehr spielend meistert.
Auch bei "Time Will Run" und "Married Love" (beide wieder von Maucher gesungen) lassen Harlis nichts mehr anbrennen und fahren diese Limousine ganz sicher in die Garage. Sehr gelungen und zeitweise wirklich großartig ist dieses Debütalbum also ausgefallen. Auf diese neue Ausgabe wurden dann mit "BMW" und "Bells Of Bothfeld" noch zwei Bonus-Nummern draufgepackt, die vom 'Tribute To Peter Panka'-Konzert im Hannoveraner Capitol aus dem Jahr 2007 stammen und auch auf der gleichnamigen Jane-DVD enthalten sind. Ein absolut gelungener Abschluss eines sehr starken Albums also, mit den Musikern in Höchstform.
Als einziger Kritikpunkt fällt mir auf, dass Charlys Gesang bei "Runaway" irgendwie losgelöst über der Musik zu fliegen scheint. Wobei man der Band diesbezüglich keinen Vorwurf machen kann, vielmehr wurden die Vocals da bei der Abmischung nicht richtig in den Song eingebettet. "Time Will Run" groovt göttlich und ist neben "Bells Of Bothfeld", "Grey Rain", "BMW", dem jammigen "Married Love" und dem absoluten Überflieger "Free" als Anspieltipp zu nennen.
Sehr geiles Teil, an dem ich schon viele Jahre meine Freude habe. Die CD kommt in einem schönen Digi-Pack mit ganz neuen Liner-Notes und herrlichen Fotos aus der damaligen Zeit. Auch der Sound wurde optimiert und garantiert absolute Zufriedenheit. Leider produzierte diese Truppe danach nur noch ein weiteres Album, bevor die Band schon wieder Geschichte war. Aber dazu später mehr. Für die Freunde von Jane und den deutschen Bands der Mitt-Siebziger ist "Harlis" absolut unverzichtbar!!
Ach ja, und drei (Maucher, Krantz und Schulz) der hier vertretenen Bandmitglieder spielen übrigens auch seit einigen Jahren in der aktuellen Version von Jane (gemeinsam mit Klaus Walz und Fritz Randow) wieder zusammen in der gleichen Band.
Line-up:
Charly Maucher (bass, vocals)
Wolfgang Krantz (Leslie guitar, piano, bells, synthesizer, background vocals)
Arndt Schulz (lead-, bottleneck- & 12-string acoustic guitars, vocals)
Werner Löhr (drums, background vocals)

Mit:
Ute Hellermann (background vocals - #1,2,3)
Ingrid Haas (background vocals - #1,2,3)
Tracklist
01:BMW
02:Free
03:Grey Rain
04:Bells Of Bothfeld
05:Runaway
06:Michael
07:Time Will Run
08:Married Love
09:BMW (live)
10:Bells Of Bothfeld (live)
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