Jimi Hendrix / Hendrix In The West
Hendrix In The West Spielzeit: 65:27
Medium: CD
Label: Sony Music, 2011 (1972)
Stil: Blues Rock


Review vom 27.10.2011


Wolfgang Giese
Ach, über Jimi Hendrix ist schon sooo viel geschrieben worden. Erklärende Worte zu diesem Künstler kann ich mir daher schenken. Auch wird dieses 1972 posthum veröffentlichte Album schon öfter Gegenstand von Betrachtungen gewesen sein. Damals hatte ich mir die LP sofort gekauft und folgende Titel waren drauf: "Johnny B. Goode", "Lover Man", "Blue Suede Shoes", "Voodoo Chile", "The Queen", "Sergeant Pepper's Lonely Hearts Club Band", "Little Wing" und "Red House". Ein paar Jahre nach Erscheinen war die LP vergriffen und tauchte auch als CD nie wieder auf.
Anlass dieser Rezension ist die von der Familie Hendrix initiierte, remasterte Wiederveröffentlichung - im September dieses Jahres erschienen. Wie es oft so ist, beließ man es nicht bei der seinerzeit erschienenen Originalaufnahme, sondern erweiterte die Kapazität noch um einige Stücke. Zudem änderte man die Titelfolge ein wenig, so dass nun die am 31. August 1970 auf dem Isle Of Wight Festival eingespielten Tracks den Anfang machen.
Einige Songs sind ausgetauscht worden - den Sinn kann ich nicht nachvollziehen. Es fehlen nun die LP-Versionen von "Little Wing" und "Voodoo Chile"! Dies wird im Booklet nun so erklärt: Unabhängig davon, dass es "Voodoo Child" hätte heißen müssen (das ist korrekt), wären auf der LP beide Songs als Einspielungen aus dem Konzert in San Diego gekennzeichnet gewesen. Tatsächlich seien diese Aufnahmen am 24.2.1969 in der Royal Albert Hall entstanden. Daher sei nun, um den Fluss der Aufnahmen zu erhalten, die tatsächliche Version aus San Diego hinzugezogen worden ("Voodoo Child") und als Ersatz für "Little Wing", weil Jimi das nicht in San Diego 'performte', eine Version aus dem Winterland Ballroom aus dem Jahr 1968. Wie dem auch immer sei, ich vermisse die Originalsequenz und diese beiden Titel, wie ich sie jahrelang von der LP genießen konnte, zumal mir bei "Little Wing" die Londoner Version viel besser gefällt! Zu beiden Titeln wird auf das Box-Set "Jimi Hendrix Experience" verwiesen, dort seien sie schließlich enthalten. (Gut, dass ich das habe...)
Doch nun auch noch etwas zur Musik, die ja wohl allen bekannt sein dürfte. Meine persönliche Positivüberraschung ist "I Don't Live Today". Hier löst sich Jimi von den Strukturen und spielt herrlich frei und bringt frech Zitate ein, unter anderem hört man "Tomorrow Never Knows" von den Beatles und kurz die amerikanische Nationalhymne. Eines meiner Lieblingsstücke von Hendrix, "Spanish Castle Magic", wird über zehn Minuten ausgedehnt - schön, dass dieser Track dabei ist! Jimi lässt hier seine Gitarre in einem Schwall von Tönen aus den Boxen 'fließen'. Eigentlich ist das kein typisches Solo, wie man es grundsätzlich von Gitarristen kennt, das ist eher eine satte Breitseite von Tönen, ein Orchester. Es ist hier wieder die Einzigartigkeit dieses Mannes, die man nicht in technische Begriffe fassen kann, das ist einfach ein Gefühl, das er erzeugt, und das man entweder mittragen kann oder nicht. Nach wie vor ist das auf diese Art unkonventionell und zielt auf den Solarplexus! Dieser Titel enthält übrigens noch ein Drum-Solo von Mitchell, bevor Hendrix dann plötzlich mit dem Thema von "Sunshine Of Your Love" übernimmt, das Stück aber wieder unter seinem ursprünglichen Titel nach Hause bringt.
Ein weiterer Höhepunkt (das war es schon auf der LP) ist die gut dreizehn Minuten lange Version von "Red House". Faszinierend ist immer wieder, wie hier über den Tellerrand des Blues hinaus geschaut wird und die Klassikerstellung dieses Titels unterstrichen wird. "Johnny B. Goode" ist erneut mitreißend in dieser Version. Einen anderen Schlagzeuger als Mitchell hatte ich mir jedoch seinerzeit schon für dieses Stück gewünscht - vielleicht Terry Williams, der unter anderem ja bei Rockpile für strikten Rhythmus gesorgt hatte?
Der Abschluss mit einem knapp zwei Minuten längeren "Voodoo Child (Slight Return)" lässt noch einmal alte Diskothekenzeiten wach werden, wenn man am liebsten in die Boxen gekrochen wäre und das (damals noch lange) Haupthaar mühelos dazu geschüttelt werden konnte.
Was mir bleibt, ist der schale Beigeschmack, eine ursprüngliche Version verändert zu haben - Bonustracks sind ja OK, aber so mag ich das nicht. Man stelle sich vor, dies würde mit anderen Klassikern der Rockgeschichte geschehen...
Line-up:
Jimi Hendrix (vocals, guitar)
Billy Cox (bass - #1, 2, 8-10)
Noel Redding (bass - #3-7, 11)
Mitch Mitchell (drums)
Tracklist
01:The Queen [Traditional] (2:40)
02:Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band [Lennon/McCartney] (0:50)
03:Little Wing [Hendrix] (3:52)
04:Fire [Hendrix] (3:58)
05:I Don't Live Today [Hendrix] (7:21)
06:Spanish Castle Magic [Hendrix] (10:14)
07:Red House [Hendrix] (13:12)
08:Johnny B. Goode [Berry] (4:43)
09:Lover Man [Hendrix] (2:59)
10:Blue Suede Shoes [Perkins] (4:27)
11:Voodoo Child (Slight Return) [Hendrix] (10:40)
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