Klaus Hess / Sternentanz
Sternentanz Spielzeit: 34:12
Medium: CD
Label: jks-world, 2007 (1983)
Stil: Instrumental Rock


Review vom 31.10.2007


Markus Kerren
So steil, wie die siebziger Jahre plötzlich ihrem Ende entgegenstürzten, so fielen auch die Verkaufszahlen der deutschen (Kraut-) Rock-Institution Jane zu dieser Zeit in ungeahnte Tiefen. Klaus Hess, Jane-Mitbegründer, -Gitarrist und neben Peter Panka (†28.06.2007) letztes verbliebenes Originalmitglied, bekannte zu dieser Zeit in einem Interview auch ganz offen: »Ich fühle mich musikalisch ausgebrannt!«
Die letzten Studioalben mit Hess, "Jane" (1980) und "Germania" (1982), sind zwar wesentlich besser als ihr Ruf, aber an kreative Großtaten wie "Together", "Here We Are", "Lady", "Fire, Water Earth & Air" oder auch "Between Heaven And Hell" und die immer noch starke Scheibe "Sign No. 9" konnten sie nicht mehr anknüpfen. Die Punk-Bewegung und die Neue Deutsche Welle waren weitere Sargnägel. Der Plattenvertrag mit dem Brain-Label lief aus und ein neues Angebot wurde nicht unterbreitet.
Ein sehr willkommener Richtungswechsel stellte Jon Symons Angebot dar, sein Rock-Ballet "Warlock" zu vertonen und damit auch auf Tour zu gehen. Während dieser Sessions kam es jedoch zu Differenzen und nicht nur Hess und Symon, sondern auch Hess und Jane gingen (zumindest für die nächsten zehn Jahre) getrennte Wege. Der Gitarrist hatte jedoch keinerlei Intentionen sich auf der faulen Haut auszuruhen, sondern begann vielmehr mit der Arbeit an seinem ersten Solo-Album.
"Sternentanz" war der Name des epischen Instrumental-Werkes, mit dem Hess seine Fans wahrscheinlich aufgrund des fehlenden Gesangs etwas verblüffte. Ein Blick auf die Fakten verschafft uns Klarheit, dass die Achtziger (wie auch die Neunziger) nicht wirklich gut zu Jane und deren Musikern, bzw. Ex-Musikern waren. Dankenswerterweise hat das Heidelberger Label jks-world nun "Sternentanz" wieder ausgegraben, denn dieser erste Alleingang des Monsieur Hess war viel zu gut, um im Nirvana der Vergessenheit zurückgelassen zu werden.
In vereinzelten Foren wird nach wie vor über die Person Klaus Hess diskutiert, woran ich mich aber nicht beteiligen möchte. Man mag zu dem Mann stehen, wie man will - unumstößlicher Fakt ist jedoch, dass Klaus Hess ein einzigartiger und eigenständiger Gitarrist mit ganz eigener Note war und ist. Aufgenommen hat der Hannoveraner "Sternentanz" fast im Alleingang, unterstützt lediglich von nicht mal einer Handvoll Gästen, wie zum Beispiel Wolfgang Krantz (Ex-Jane, Ex-Harlis, Ex-Efendi's Garden).
Die Marschrichtung war also gesetzt und mit "Maguh" startet das Album eher gemächlich. Dennoch unverkennbar ist die Gitarre, diese einzigartigen Hess'schen Melodien, mit denen er davor auch schon mithalf, Jane ihre vielen Fans zu gewinnen. Plakative und fette Gitarrenlinien, unterstützt von Keyboards und weiteren Effekten lassen den Zuhörer in eine gewisse Schwerelosigkeit abgleiten. "Eismeer" ist erneut sehr atmosphärisch und von Gitarre und Keyboard bestimmt, die sich geradezu umschwänzeln und sich mit ihren jeweiligen Melodiebögen gegenseitig komplimentieren.
Bei "Pierrot" steht deutlich die Gitarre im Vordergrund, während ansonsten sehr angenehm auffällt, dass zum ersten Mal mit Rosebud ein menschlicher Drummer am Start ist. Mit demselben Schlagzeuger versetzt einen das ruhig beginnende "Vogelflug" an einen anderen Ort. Die Sechssaitige hält sich hier auffallend zurück, überlasst fast völlig den Keyboards das Feld und taucht nur sporadisch im zweiten Teil des Tracks auf. Bei "Vegas" ist dann aber wieder Schluss mit lustig und die Gitarre ist nicht nur wieder voll da, sondern überzeugt auch hier in einem experimentellen, für Hess eher untypischen Stil.
Seite zwei der damaligen LP startet mit "Sommerwind", bei dem sich zwei Gitarren fast Mantra-artig ein sehr schönes Lick immer wieder hin- und zurückwerfen, ohne dass auch nur eine Sekunde des 3:42 Minuten-Tracks langweilig wird. Das ist relativ minimalistisch und dennoch höchst effektiv. Bei "Die Hexe" wird dann die Rockerjacke ausgepackt und der Meister verzaubert einmal mehr mit einer wunderschönen Solo-Gitarre und starken Melodien.
Der Titelsong ist zur Abwechslung mal wieder fast gänzlich von den Keyboards bestimmt, wobei auch hier eine dichte atmosphärische Stimmung aufgebaut wird, die als Bonus auch noch mit tollen Melodien versetzt ist. Den meiner Meinung nach besten Song des gesamten Albums hat sich Klaus Hess aber für den Schluss aufgehoben. "Lamentha" bricht zunächst mit den powervollen Drums von Bernie van der Graaf und tollen Strings von Wolfgang Krantz über uns herein, bevor Hess mit einer so abartig geilen Gitarrenmelodie (die im Verlauf auch gedoppelt wird) loslegt, dass der Gang in Richtung Repeat-Taste zur schönen Regelmässigkeit wird.
"Sternentanz" ist ein superstarkes, von Keyboards und vor allem von der Gitarre geprägtes Album, das jeden Freund von Jane und artverwandten Bands süchtig machen wird. Wenn es hier überhaupt etwas zu bemängeln gibt, dann sind es die bei den ersten beiden Songs vom Computer gelieferten Drum-Sounds, die nicht wirklich das Gelbe vom Ei sind.
Ansonsten eine atmosphärische, tolle Scheibe eines einzigartigen Gitarristen, der schon sehr früh in seiner Karriere erkannt hatte, dass nicht die Anzahl der gespielten Noten, sondern vielmehr das Feeling, die Atmosphäre und die Einzigartigkeit entscheidend sind. Ganz dicke und fette
9 Rocktimes-Uhren und direkte Kaufempfehlung!
Zu beziehen ist die CD über die Website des Labels jks-world (Link siehe unten).
Klaus Hess arbeitet zur Zeit mit seiner neuformierten Band Mother Jane an einem Studioalbum, das in den nächsten Monaten erscheinen soll.
Line-up:
Klaus Hess (e-bow guitar, keyboards, bass, drums, effects)
Wolfgang Krantz (strings - #2, 6, 9)
Rosebud (drums - #3, 4)
Bernie van der Graaf (drums - #5, 6, 7, 9)
Ulli Heicher (percussions, bass - #5)
Tracklist
01:Maguh
02:Eismeer
03:Pierrot
04:Vogelflug
05:Vegas
06:Sommerwind
07:Die Hexe
08:Sternentanz
09:Lamentha
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