Junior Wells / Live At Teresa's 1975
Live At Teresa's 1975 Spielzeit: 63:53
Medium: CD
Label: Delmark Records, 2006
Stil: Blues


Review vom 10.12.2010

    
Jürgen Bauerochse
Er war sicherlich nicht unbedingt ein Virtuose an der Bluesharp und hatte auch nicht die überragende Stimme unter dem Horizont, aber er war ein Bluesmann im wahrsten Sinne des Wortes, der genau dieses gewisse Gefühl mitbrachte, das unbedingt nötig ist, um den 12-Takter wirklich zu leben.
Die Rede ist von Junior Wells, geboren im Jahr 1932 als Amos Wells, aufgewachsen in Memphis und eng mit Sonny Boy Williamson (Rice Miller) befreundet, der schon als Minderjähriger die Chicagoer Clubszene unsicher machte, obwohl er aufgrund seines zarten Alters die Kneipen eigentlich noch gar nicht betreten durfte. Dennoch war er schon Mitglied in den Bands von Tampa Red, Little Johnny Jones und Memphis Slim, bevor er seine erste eigene Gruppe, die Aces, gründete.
Der inzwischen elektrisch verstärkte Blues kam dabei dem jungen Musiker gerade recht, und schnell entwickelte sich Junior Wells zu einem großen Rivalen von Little Walter, den er schließlich sogar in der Band von Muddy Waters an der Bluesharp ablöste.
Nachdem er wieder unter seinem eigenen Namen unterwegs war, gab es wohl keinen einzigen Bluesclub in Chicago, in dem der Mann aus Tennessee nicht auftrat. Am häufigsten geschah das aber im Teresa's. Nur hier entwickelte sich diese ganz spezielle Atmosphäre, die so wichtig für Junior Wells war, um seine besten Konzerte absolvieren zu können.
Und genau dieses Flair wurde auf diesem Album perfekt eingefangen. Mitgeschnitten fast zwanzig Jahre nach den ersten Auftritten in dem kleinen Club, am 10. und 13. Januar 1975, scheint es Junior Wells und seiner Band immer noch spielend gelungen zu sein, das anwesende Publikum auf seine Seite zu ziehen. Fast nach jedem Song entwickelte sich ein Smalltalk zwischen beiden Seiten, der wohl auch ganz bewusst mit aufgenommen wurde, um die Stimmung im Saal voll einzufangen.
Und diese Rechnung ist voll aufgegangen. Gerade für mich, der diese intime Atmosphäre bei Konzerten sehr zu schätzen weiß, ist diese 'freundschaftliche' Beziehung zwischen der Band und den Gästen förmlich greifbar. Immer wieder werden Zwischenrufe aus dem Publikum hörbar, auf die die Band auch eingeht. Dieser lockere Umgang untereinander wirkt bis ins heimische Wohnzimmer, sodass jeder Musik-Fan, der solche Auftritte schon selbst erlebt hat, genau weiß, wovon ich rede.
Da Junior Wells nur ganz wenige eigene Songs zu Papier gebracht hat, bediente er sich auch hier an dem reichen Fundus seiner Kollegen und das in einer Art und Weise, dass wohl jeder Songschreiber stolz auf sich selbst, aber auch auf diese Interpretationen gewesen sein dürfte.
Klasse, wie solche Gassenhauer wie "Key To The Highway" (Charlie Segan), "Goin' Down Slow" (St. Louis Jimmy Oden), "Scratch My Back" (Slim Harpo) oder "Messin' With The Kid" (Mel London) von Junior Wells und seiner Band raus gehauen wurden, wobei die beiden Gitarristen Phil Guy und Sammy Lawhorn besonders zu erwähnen sind. Aber auch die Schlagzeugarbeit von Vince Chapelle bzw. Levi Warren muss genannt werden, denn hier wird so manche Feinheit im Spiel hörbar.
Überhaupt stellt man bei jedem einzelnen Song fest, wie gut die Musiker aufeinander abgestimmt sind. Da sitzt jeder Einsatz, passt jedes Zusammenspiel innerhalb der Band. Und das, obwohl an den beiden Abenden (insgesamt gab es vier Veranstaltungen an vier Tagen hintereinander) nicht immer die gleichen Protagonisten auf der Bühne standen. Könner ihres Genres waren sie aber allesamt, das steht einwandfrei fest.
Eine der ganz wenigen Eigenkompositionen aus der Feder von Junior Wells fällt übrigens etwas aus dem Rahmen der übrigen Titel heraus. "Snatch It Back And Hold It", das gleich als zweiter Song auf dem Album vertreten ist, besticht durch seinen richtig einheizenden Funk-Rhythmus und macht das Teresa's gleich mal richtig scharf auf die kommenden Songs. Stark gemacht, obwohl ich sonst dieser Musikrichtung immer etwas skeptisch gegenüber stehe.
Mit diesem Album, das übrigens erst im Jahr 2006 das Licht der Welt erblickte, haben die Jungs von Delmark Records dem am 16. Januar 1998 verstorbenen Junior Wells ein würdiges Denkmal gesetzt, das zudem auch noch durch einen sehr guten Sound punkten kann.
Line-up:
Junior Wells (vocals, harmonica)
Phil Guy (guitar, except - #11)
Byther Smith (guitar - #1-11), vocals - #11, second vocals - #1)
Sammy Lawhorn (guitar - #13-20)
Earnest Johnson (bass)
Vince Chapelle (drums - #1-11)
Levi Warren (drums - #13-20)
Unknown (2nd guitar - #11)
Tracklist
01:Little By Little (4:25)
02:Snatch It Back And Hold It (6:23)
03:Talk
04:Love Her With A Feeling (4:09)
05:Talk
06:Juke (3:32)
07:Talk
08:Happy Birthday (1:27)
09:Talk
10:Scratch My Back (5:42)
11:Help The Poor (3:52)
12:Talk
13:Come On In The House (3:17)
14:Talk
15:What My Mama Told Me (7:58)
16:Key To The Highway (4:02)
17:Talk
18:Goin' Down Slow (8:21)
19:Talk
20:Messin' With The Kid (2:21)
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