Al Kooper / Original Album Classics
Original Album Classics Spielzeit: 41:34 (CD 1), 44:11 (CD 2), 62:32 (CD 3), 43:01 (CD 4), 37:16 (CD 5)
Medium: 5 CD-Box
Label: Legacy Recordings (Sony Music), 2015 (1968 - 1973)
Stil: Rock


Review vom 29.11.2015


Markus Kerren
Wenn der Name Al Kooper fällt (an den sich hoffentlich noch viele Musikfreunde erinnern), dann in den meisten Fällen deshalb, weil er sich Mitte der sechziger Jahre ungefragt ins Aufnahmestudio von Bob Dylan begeben hatte und plötzlich mit seinem Hammondsound den Übersong "Like A Rolling Stone" erst so richtig zum Laufen brachte. Dabei hat der Mann unglaublich viel mehr in seiner Vita stehen. Um nur mal ein paar Beispiele zu nennen, wäre da die
Super Session mit Stephen Stills und Mike Bloomfield, darüber hinaus die Gründung der Band Blood, Sweat & Tears und nicht zu vergessen auch die Entdeckung der Southern-Rocker
Lynyrd Skynyrd, deren erste drei Alben er produzierte.
Und schließlich sind da ja auch noch seine Soloalben, deren fünf der ersten sechs in der vorliegenden "Original Album Classics"-Box noch einmal in den Original-LP-Covern neu aufgelegt wurden. Wie sich darauf zeigen wird, war der gute Mister Kooper ein unglaublich variabler Musiker, der sich einen feuchten Kehricht um stilistische Grenzen oder Vorgaben von Plattenfirmen kümmerte.
I Stand AloneDieser Aspekt wird schon bei seinem Debüt "I Stand Alone" (1968) mehr als deutlich, auf dem er sich bei dem Harry Nilsson-Song "One" sehr deutlich nach den Beatles anhört, auf dem Titelsong oder auch "I Can Love A Woman" dagegen unheimlich Soul-betont vorgeht. Weitere vertretene Stilistiken sind Psychedelic Pop ("Coloured Rain" von Traffic, geschrieben von Steve Winwood), Country Rock ("Blue Moon Of Kentucky") oder Folk Rock ("Right Now For You"). Einiges vom Rest besteht aus Sound-Collagen (u. a. "Overture") oder auch instrumentalen Keyboard-/Synthie-Spielereien ("Soft Landing On The Moon"). Auf der einen Seite richtig cool, andererseits wirkt die Scheibe aufgrund der unterschiedlichen Stile etwas zerfahren.
You Never Know Who Your Friends AreDie auf dem Debüt doch sehr präsenten Streicher (bzw. die Orchestrierung) waren auf dem 1969 erschienenen "You Never Know Who Your Friends Are" zwar immer noch vertreten, aber nicht mehr im vorherigen Ausmaß. Die Stilvielfalt ist auch auf dieser Scheibe wieder erstaunlich. Aber egal, ob Kooper sich manchmal wie die Beach Boys ("Lucille") anhört oder ob er wieder ganz viel Soul mit Elementen aus Blues, Pop und Rock mischt, das ist alles ebenfalls sehr starkes Material. Fast sowas wie der kleine Bruder des Debüts, wobei Kooper hier deutlich mehr Eigenkompositionen (immerhin neun von zwölf) am Start hatte als bei "I Stand Alone".
Easy Does ItEinen ganz starken Auftakt zu dem 1970er Album "Easy Does It" bot die Nummer "Brand New Day". Nicht ganz frei von psychedelischen Elementen, aber dennoch ungeheuer geradeaus und rockig geht es dabei zu. Aber auch insgesamt zeigte die Scheibe ein ganz neues Gesicht, nämlich die deutlich straightere Seite Koopers, egal ob bei flotterem Material oder Balladen. Nach wie vor genreübergreifend wurde hier soundmäßig im Vergleich sehr abgespeckt agiert. Kooper wäre aber nicht Kooper, wenn es nicht auch Ausnahmen (u. a. "Easy Does It" oder die mit fernöstlichen Einflüssen gesegnete Psychedelic-Nummer "Sad, Sad Sunshine", der Country bei "A Rose And A Baby Ruth") geben würde. Das Werk erschien damals als Doppelalbum und war in meinen Augen die bis dahin beste Platte des Amerikaners.
New York City (You're A Woman)Was sich auf "Easy Does It" bereits angedeutet hatte, wurde mit "New York City (You're A Woman)" (1971) zur Gewissheit. Al Kooper wurde keinesfalls schlechter, dafür aber deutlich konventioneller. Wobei das weder seinen Songs, noch der Qualität der Platte etwas anhaben kann. Die souligen Einflüsse (inklusive der Bläser) sind nach wie vor allgegenwärtig, das Material hatte durchgehend Radio-Potential und war nochmal deutlich zugänglicher, ohne dabei bezüglich seiner Güte abzuschmieren. Nur zwei meiner Favoriten: der Titelsong und "Going Quietly Mad".
Naked SongsWarum das 1972er Werk "A Possible Projection Of The Future/Childhood's End" auf dieser Box übersprungen wurde, ist mir nicht bekannt, lediglich dass "Naked Songs" aus dem Jahr 1973 den Abschluss bildet. Al Kooper hatte hinsichtlich Lynyrd Skynyrd bereits sein nächstes großes Projekt (als Produzent) am laufen und "Naked Songs" diente lediglich noch dazu, die letzte Scheibe zur Erfüllung seines Vertrages mit Columbia Records abzuliefern. Fast schon in der Natur der Sache lag dann, dass der gute Al wieder verstärkt auf Coverversionen (vier der zehn Tracks) zurückgriff. Aber neben den eigenen Stücken (die ein bisschen lustlos eingesungen klingen) sind auch diese wieder äußerst gut gelungen. Speziell will ich hier mal "Sam Stone" (im Original von John Prine sowieso schon ein absoluter Hammersong, hier aber nochmal richtig stark aufgemotzt!) oder auch "Touch The Hem Of His Garment" (Sam Cooke) herausheben.
Es ist schon Wahnsinn, wie vielseitig sich Al Kooper auf diesen fünf Alben zeigt(e). Alben, die sich definitiv zu entdecken lohnen, denn bei aller bereits ausführlich erwähnten Stilvielfalt ist nicht nur beim Songwriting das Qualitätslevel sehr hoch gehalten, sondern auch alle anderen Facetten. Der Amerikaner mag nun kein Sänger sein, den man aus Hunderten heraushören würde, aber auch hier machte er seine Sache sehr gut.
Sehr lohnenswerte Box, die wie immer in dieser Serie ohne jeglichen Schnickschnack daherkommt, dafür aber jede Menge Songmaterial für kleines Geld bietet.
Tracklists
I Stand Alone:
01:Overture
02:I Stand Alone
03:Camille
04:One
05:Coloured Rain
06:Soft Landing On The Moon
07:I Can Love A Woman
08:Blue Moon Of Kentucky
09:Toe Hold
10:Right Now For You
11:Hey, Western Union Man
12:Song And Dance For The Unborn, Frightened Child
You Never Know Who Your Friends Are:
01:Magic In My Socks
02:Lucille
03:Too Busy Thinkin' 'bout My Baby
04:First Time Around
05:Loretta
06:Blues, Part IV
07:You Never Know Who Your Friends Are
08:The Great American Marriage/Nothing
09:I Don't Know Why I Love You
10:Mourning Glory Story
11:Anna Lee
12:I'm Never Gonna Let You Down
Easy Does It:
01:Brand New Day
02:Piano Solo Introduction
03:I Got A Woman
04:Country Road
05:I Bought You The Shoes (You're Walking Away In)
06:Introduction
07:Easy Does It
08:Buckskin Boy
09:Love Theme From The Landlord
10:Sad, Sad Sunshine
11:Let The Duchess No
12:She Gets Me Where I Live
13:A Rose And A Baby Ruth
14:Baby Please Don't Go
15:God Sheds His Grace On Thee
New York City (You're A Woman):
01:New York City (You're A Woman)
02:John The Baptist (Holy John)
03:Can You Hear It Now (500 Miles)
04:The Ballad Of The Hard Rock Kid
05:Going Quietly Mad
06:Medley: Oo Wee Baby, I Love You/Love Is A Man's Best Friend
07:Back On My Feet
08:Come Down In Time
09:Dearest Darling
10:Nightmare #5
11:The Warning (Someone's On The Cross Again)
Naked Songs:
01:(Be Yourself) Be Real
02:As The Years Go Passing By
03:Jolie
04:Blind Baby
05:Been And Gone
06:Sam Stone
07:Peacock Lady
08:Touch The Hem Of His Garment
09:Where Were You When I Needed You
10:Unrequited
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