Krokodil / Sweat And Swim
Sweat And Swim Spielzeit: 17:53 (Side 1), 16:32 (Side 2), 17:05 (Side 3), 16:58 (Side 4)
Medium: Do-LP
Label: Bellaphon Records (Cargo Records), 2015 (1973)
Stil: (Prog) Rock


Review vom 25.10.2015


Markus Kerren
Die ersten drei Alben der Prog-Rocker Krokodil aus der schönen Schweiz scheinen uns bisher ja entgangen zu sein, aber immerhin konnten wir euch im letzten Jahr deren viertes Album
Getting Up For The Morning hier in RockTimes vorstellen. Das mir nun vorliegende Doppelalbum "Sweat And Swim" (original 1973 erschienen) war dann leider auch schon der Schwanengesang des Quartetts, das sich nicht sehr viel später auflöste und in alle Winde zerstreute. Dafür gabs zum Abschluss aber mit vier Vinylseiten die Vollbedienung.
Und die ist musikalisch sehr überraschend und vielseitig ausgefallen. Wurde Krokodil damals dem sogenannten Krautrock zugeordnet und zeichneten sich die beiden Longplayer "Swamp" sowie "An Invisible World Revealed" durch einen kräftigen Schuss Psychedelic aus, so war "Getting Up..." bereits eine deutliche Rückbesinnung zum erdigen Rock. Und der bricht auch mit dem Opener der nun zu besprechenden Platte, "Talking World War III Blues", über den Hörer herein. Wort- und textgewaltig in flotter Geschwindigkeit vorgetragen, ergeben sich durch den schnell gesprochenen Talking Blues automatisch Assoziationen zu Bob Dylans "Subterranean Homesick Blues", wenn von der Power und Instrumentierung hier auch etwas härter zur Sache gegangen wird. Und natürlich handelt es sich dabei auch um eine Coverversion der Dylan-Nummer.
Auch "All I Ever Wanted" wird als locker-flockiger Rocker in flinker, aber nicht übermäßiger Geschwindigkeit gebracht. Nach Walty Anselmo auf der ersten Nummer agiert hier nun Terry Stevens vor dem Mikro. Dass der Vierer die Finger aber auch nicht ganz von der Psychedelic lassen konnte, wird auf "Daybreak" klar. Neben der schönen Gitarre kommen hier auch weitere Soundeffekte zum Tragen. Als Vokalist ist der Gast Hardy Hepp zu hören, der dieses bedächtige, mit dem Piano des weiteren Gastes Fait Vaiden ergänzte, Stück bereichert.
Tief im Blues verwurzelt, aber auch mit einer gewissen Prise Pink Floyd ausgestattet, geht es dann mit dem instrumentalen "Skylab" in die zweite Runde. Coole Synthesizer-Spielereien sorgen für die Abgedrehtheit, bevor sich der Titel nach ein paar Minuten wieder in einen waschechten Rocker wandelt. Nachdem sich die bluesigste Nummer der Scheibe, "Two To Twelve", mit einer ganz feinen Harp von Moyo Weideli angeschlossen hat, steht mit "That's All Right, Mama" das zweite Cover auf dem Plan, das die Schweizer betont cool und lässig eingezimmert haben. Rock'n'Roll war gestern, in dieser Version fließt und gleitet alles, so, wie es beispielsweise die Musiker von
Grateful Dead gerne zelebriert haben.
Das Herzstück von "Sweat And Swim" ist natürlich das sich über die gesamte dritte LP-Seite erstreckende Stück "Linger". Sehr bedächtig, geradezu wie aus einem langen Traum erwachend, erhebt das Stück erst ganz langsam seine Flügel und wandelt wie auf elastischem, nicht festem Untergrund. Nach einigen Minuten setzt der klagende Gesang von Terry Stevens ein und etwa zur Hälfte der gut 17 Minuten übernimmt die rockige Seite das Ruder. Die Schwingen sind ausgebreitet, der Vogel in vollem Flug, angspornt durch einen treibenden Beat. Die Reise wird immer schwindelerregener, immer abgedrehter und schneller, bis am Schluss alles zu einem fast zu abrupten Ende kommt. Hammer!
Part IV beginnt ganz sanft mit Akustikgitarre, melancholischen Gedanken, tiefer Sehnsucht. Ein richtig guter Kontrast zu dem vorherigen Material, zumal sich der Titel durch die dazukommenden Instrumente (Piano, E-Gitarre, Rhythmusabteilung) zu einem der besten des gesamten Albums entwickelt. Auch "Billy Dee" bewegt sich in dieser Stimmung, selbst wenn hier lediglich mit Gesang, Akustikgitarre und (für das Solo) Violine agiert wird. Den Abschluss macht schließlich das sehr rhythmische "There You Stand Entangled", das die Scheibe auf einer Uptempo-Note ausklingen lässt.
"Sweat And Swim" hat somit nicht nur seinen Platz in der Musikhistorie behauptet, sondern auch die Berechtigung dieser Wiederveröffentlichung eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Und für den vollen sowie auch differenzierten Sound sorgen die fulminanten 180 Gramm dieses Vinyls.
Line-up:
Walty Anselmo (guitars, bass - #B-3, vocals - #A-1,B-2,D-2,3)
Düde Dürst (drums, bells, vocals - #B-3)
Moyo Weideli (harp, flute - #C-1)
Terry Stevens (bass, guitar - #B-3,D-3, vocals - #A-2,B-3,C-1,D-3)

With:
Rainer Marz (guitars - all tracks except #D-2)
Vait Faiden (piano - all tracks except #D-2, organ - #D-3)
Hardy Hepp (vocals - #A-1, D-1, violin - #D-2)
Tracklist
Seite 1:
01:Talking World War III Blues
02:All I Ever Wanted
03:Daybreak
Seite 2:
01:Skylab
02:Two To Twelve
03:That's All Right, Mama
Seite 3:
01:Linger
Seite 4:
01:Little Girl
02:Billy Dee
03:There You Stand Entangled
Externe Links: