Mitch Kashmar & The Pontiax / 100 Miles To Go
100 Miles To Go Spielzeit: 50:24
Medium: CD
Label: Delta Groove Music, 2010 (Blue Sting Records 1988)
Stil: Blues


Review vom 10.08.2010


Joachim 'Joe' Brookes
Es gab, wie bei so vielen anderen Künstlern, eine musikalische Zeit vor der Solokarriere. Nicht anders verhält es sich bei Mitch Kashmar. Er war als Sänger, Harper und Komponist bei The Pontiax. In den Achtzigern erspielten sich die fünf jungen Männer, nicht nur an der Westküste der Staaten, einen beachtlichen Ruf. Für Konzerte ging es sogar nach Europa.
Als Reminiszenz an die alten Zeiten legt Kashmars aktuelles Label Delta Groove Music das Album "100 Miles To Go" der Pontiax neu auf. Das Quintett mit zwei Gitarristen nahm die vorliegende Platte in den Pacifica Studios, Los Angeles, auf und dort tummelten sich ziemlich viele Musiker, die am Blues hingen. So ist es vielleicht kein großer Zufall, dass der leider viel zu früh verstorbene Hammer-Harper William Clarke hier bei einem Song mit von der Partie war. Als Zeitreise in die Aktualität enthält die CD zwei Bonustracks. Hier hört man The Pontiax mit frischen Songs aus 2010, die ebenfalls in dem bereits erwähnten Studio aufgenommen wurden.
Kashmar, damals in seinen Zwanzigern, zeigt dem Hörer, mit welchem Talent er ausgestattet war. Dazu zählt sowohl das Spiel auf dem Mississippi-Saxofon als auch sein Gesang. Der junge Draufgänger ist zwar der Hauptdarsteller, aber die anderen Bandmitglieder haben es auch in sich. Bill Flores nannte die Gitarre sowie das Saxofon sein Arbeitsgerät und der Schlagzeuger Tom Lackner trommelt von Zeit zu Zeit immer noch für Kashmar. Zu hören ist er zum Beispiel auf Live At Labatt. Ähnliches gilt für Jim Calire, der früher wie heute als Gast mit von der Partie ist. The Pontiax spielten damals auch für Jimmy Witherspoon, Lowell Fulson, Big Joe Turner, Cleanhead Vinson oder Roy Gaines.
Allerdings, wie unschwer auf "100 Miles To Go" zu hören ist, konnte die Combo auch perfekt auf eigenen musikalischen Beinen stehen. Nur drei der zehn Tracks vom Original stammen nicht aus der Feder des Harpers. Man attestiert dem jungen Mann aus heutiger Sicht auch noch die hohen Qualitäten eines Songschreibers. Im Laufe der zurückgelegten zwanzig Jahre ist seine Stimme so richtig schön gereift.
Gehen wir doch gleich in medias res und knöpfen uns den Track mit Gast William Clarke vor. Durch einen herrlichen Shuffle-Groove von Lackner unterlegt sind wir Zeuge einer kleinen 'harp-battle'. Da passt schon der Titel, den Clarke seinem Instrumental gegeben hat: "Horn Of Plenty". Hier sind die anderen Pontiax tatsächlich nur Begleitmusiker. Der Track steht ganz im Zeichen der beiden Mundharmonikas und die geben sich genüsslich die Kante.
Gleich im Opener belegt Kashmar, dass er ein umwerfender Hochtonakrobat auf seinem Instrument ist. Schon bei den ersten Noten meint man, die Kalotten fliegen einem gleich um die Ohren. Auf den letzten Millimetern seines Arbeitsgerätes war er vor zwei Dekaden schon ein Meister. Die Rhythmusfraktion rollt einen herrlich groovenden Teppich aus und "Night Creeper" ist ein richtig guter 12-Takter.
The Pontiax spielen sich in einen wahren Rausch. Natürlich durchzieht eine der Zutaten der West Coast-Variante das tolle Album: der Jump Blues. Dem begegnet man in unterschiedlicher Ausprägung an allen Ecken der Platte. Auch wenn Kashmar im Spotlight steht ist er ein Teamplayer. Man höre sich nur den Titeltrack "100 Miles To Go" an. Was da an Gitarrenarbeit verrichtet wird, ist bemerkenswert und wenn man ein Stück mit Bläserbegleitung/-solo sucht, dann ist man bei "Gonna Find Someone New" bestens aufgehoben. Eine ganz gelungene Mixtur ist das!
Die Band verlässt nie so ganz ihren Küstenstreifen und so findet man auch Gefallen an ihrer Interpretation von Willie Dixons "Long As I Have You". Auf der Platte gut eingeflochten wurden einige Klangspielereien, die sich einerseits auf die Harp, andererseits auf Kashmars Gesang auswirken. So kann das Instrument sehr verzerrt klingen und als Vokalist benutzt er auch das Harpmikrofon für den Gesang. Wie gut die Pontiax damals waren, zeigen die neuen Nummern aus dem Jahr 2010. Die fügen sich ohne Dehnungsfuge in das alte Programm ein. Bei der Wahl zwischen den beiden Stücken habe ich mich für "The Petroleum Blues" entschieden, weil die Backing Vocals schönes Gospelfeeling haben, das Calire-Piano prächtig soliert und im Hintergrund die Bläser für eine gute Grundschärfe sorgen.
Bei der Neuauflage von Mitch Kashmar & The Pontiax dürfen die vielen Fans des Blues ruhig zugreifen. Bei dieser Empfehlung möchte ich allerdings die Spezialabteilung der Blues-Rocker außen vor lassen.
Line-up:
Mitch Kashmar (vocals, harmonica)
Bill Flores (guitar, tenor saxophone)
Jon Lawton (guitar - #1 - 10)
Jack Kennedy (bass)
Tom Lackner (drums)

Special Guests:
William Clarke (1st harmonica - #6)
Jim Calire (tenor saxophone - #5,12, piano - #5,11,12, organ - #9)
Tracklist
01:Night Creeper (4:05)
02:My Kinda Woman (4:17)
03:100 Miles To Go (3:39)
04:Lip Service (3:00)
05:Gonna Find Something New (3:12)
06:Horn Of Plenty (4:53)
07:Long As I Have You (4:56)
08:Walkin' Downtown (4:36)
09:Let It All Fall Dead (5:09)
10:I'm Sorry About That (3:13)

Bonus Tracks:
11:When You Do Me Like That (I Wanna Do You Like This) (3:45)
12:The Petroleum Blues (5:02)
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