Frankie Miller / Full House
Full House Spielzeit: 18:19 (Side 1), 16:21 (Side 2)
Medium: LP
Label: Music On Vinyl (Cargo Records), 2015 (1977)
Stil: Rock


Review vom 12.11.2015


Markus Kerren
Der Schotte Frankie Miller blieb über die gesamte Dauer seiner aktiven Karriere im Business leider immer nur ein Geheimtipp. Nach seinen Anfängen in Glasgow zog es ihn in den späten sechziger Jahren in die englische Metropole London, denn - und dieser Fakt war für keinen britischen oder irischen Musiker ein Geheimnis - nur dort konnte man ein Bein auf den größeren musikalischen Markt der Insel bekommen. Nach Gründung der eigentlich sehr vielversprechenden und dann doch sehr kurzlebigen Band Jude (mit Robin Trower an der Gitarre, Clive Bunker am Bass und
James Dewar am Schlagzeug), konnte er in den frühen Siebzigern aber einen Solodeal bei Chrysalis Records ergattern.
Im Jahr 1972 erschien schließlich das bärenstarke Debüt "Once In A Blue Moon", auf dem er sich von den britischen Pub-Rockern Brinsley Schwarz begleiten ließ. 1974 folgte das von Allen Toussaint in New Orleans produzierte "High Life", bevor der kleine Mann mit der unheimlich großen Stimme im Folgejahr mit "The Rock" sein Meisterwerk ablieferte. 1976 fand der erste
Auftritt im WDR-Rockpalast statt, der den Frontmann aufgrund ungewohnter Publikums-(Nicht-) Reaktionen zunächst etwas ratlos, bald aber belustigt und schließlich auf ganzer Länge triumphierend zurück ließ.
Die ersten drei Scheiben bekamen zwar durch die Bank gute Kritiken, waren verkaufstechnisch allerdings nicht besonders erfolgreich. Vielleicht deshalb, vielleicht aber auch durch die gnadenlose Tour/Album/Tour-Maschinerie befinden sich auf der vierten, im Sommer 1977 erschienenen Platte "Full House" dann gleich fünf Coverversionen. Und falls erstere Annahme korrekt ist, dann ging der Plan auch auf, denn die von Andy Fraser geschriebene Singleauskopplung "Be Good To Yourself" - ein hammerstarker Rocker - erreichte endlich einen Platz in den Top30 der englischen Charts. Mit dem selbstkomponierten "The Doodle Song" konnte sogar in den USA ein Achtungserfolg erreicht werden.
Die Band war auf diesem Album dieselbe des Rockpalast-Konzertes von 1976, also hervorragend eingespielt und aufeinander abgestimmt. Desweiteren sind Gastbeiträge von Gary Brooker,
Chris Spedding, Rabbit Bundrick (Ex-Free, später bei The Who) sowie den starken Memphis Horns zu hören. Frankie Miller überzeugt erneut mit seiner bluesig-souligen Reibeisenröhre und (neben "Be Good To Yourself") vor allem seinen selbstgeschriebenen Nummern. Aber auch
John Lennons "Jealous Guy", das klagende "Searching" und das von seinem Kumpel Jimmy Doris verfasste "Take Good Care Of Yourself" machen Eindruck.
Keinen Zweifel an Millers Qualität als Songwriter lassen unter anderem der ganz starke Rocker "Down The Honky Tonk" (Klasse!) sowie das abschließende "(I'll Never) Live In Vain". Letzten Endes ein sehr starkes Album, selbst wenn es an "Once In A Blue Moon" und "The Rock" nicht ganz heranreichen kann. Aber dieser Mann aus Glasgow - über den Rod Stewart mal »In diesen Jahren war er der Beste von uns allen (Briten)!« sagte - kann nur jedem empfohlen werden, der auf gute Songs, Extraklasse-Gesang, Blues, Rock und (Blue Eyed) Soul steht.
Wenn auch nur ansatzweise bemerkbar, so näherte sich Frankie Miller mit "Full House" dennoch bereits schrittweise dem Mainstream, was dann trotz weiterhin starker Alben wie "Double Trouble" (1978) und "Falling In Love" (1979, mit seinem größten Erfolg "Darlin'") immer deutlicher wurde. Die Scheibe "Easy Money" (1980) war so etwas wie der Tiefpunkt, "Standing On The Edge" (1982) dagegen ein echter (wenn auch nicht ohne Kompromisse durchgezogener) Befreiungsschlag. Schon 1986 erschien das leider letzte Album "Dancing In The Rain" (mit u. a. Brian Robertson an der Gitarre sowie Simon Kirke am Schlagzeug).
Mitte der Neunziger erlitt Frankie Miller einen schweren Hirnschlag, von dem er sich bis heute nicht erholt hat und der seiner musikalischen Karriere für immer ein Ende setzte.
Line-up:
Frankie Miller (acoustic & electric rhythm guitars, vocals)
Jim Hall (piano, organ)
Ray Minhinnet (lead guitars)
Chrissie Stewart (bass)
Graham Deakin (drums)

With:
Chris Spedding (guitar)
Rabbit Bundrick (keyboards)
Gary Brooker (piano)
The Memphis Horns (horns)
Tracklist
Side 1:
01:Be Good To Yourself
02:The Doodle Song
03:Jealous Guy
04:Searching
05:Love Letters

Side 2:
01:Take Good Care Of Yourself
02:Down The Honky Tonk
03:This Love Of Mine
04:Let The Candlelight Shine
05:(I'll Never) Live In Vain
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