John Martyn / Grace & Danger
Grace & Danger Spielzeit: 39:34
Medium: CD
Label: Island Records, 1980
Stil: Singer/Songwriter


Review vom 02.03.2009


Joachim 'Joe' Brookes
John Martyn, 11.09.1948 bis 29.01.2009.
Seit dem Lesen der Nachricht über seinen Tod fehlt dem Rezensenten ein Herzschlag. Sehr viel hat der Komponist, Sänger und Gitarrist geleistet.
Anstelle eines Nachrufes sollen in lockerer Folge Album-Reviews des Engländers, der sich aber auch Schottland stark verbunden fühlte, folgen.
"Grace & Danger" ist vertonter Seelenschmerz und eine seiner besten Platten in einer Reihe von sage und schreibe zwanzig Studio-Alben sowie fast dreißig Samplern, von denen der größte Anteil Live-CDs sind.
Unterschiedlich gehen Leute mit der Trennung von geliebten Menschen um und später äußerte Martyn sich zum Album wie folgt:
»… probably the most specific piece of autobiography I've written. Some people keep diaries, I make records.«
Die Offenbarung aller Emotionen, die mit der Trennung von seiner Frau Beverley Martyn zutun hatten, wurden vom Protagonisten in tonalen Tränen-Bächen verarbeitet.
Chris Blackwell, Island-Chef und enger Freund der Martyns wollte die Platte nicht veröffentlichen, weil er sie für zu traurig hielt, wahrscheinlich selber zu sehr aufgewühlt durch die Scheidung.
Nur durch massiven Druck von Martyn wurde das Album schließlich im Oktober 1980 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Gut so, denn trotz aller seelischer Schmerzen, oder gerade deswegen hat er Lieder geschrieben, die einfach zeitlos sind.
In Extremsituationen laufen manche Menschen zur Hochform auf.
Wie oft habe ich gelesen, dass John Martyn nie der Erfolg zuteil wurde, der ihm aufgrund seiner Musik gebührte. Ein 'musician's musican' soll er gewesen sein. Er war Gast auf einigen Alben anderer Künstler, hatte seinerseits allerdings bei seiner Vielzahl an Veröffentlichungen bekannte bis berühmte Gäste im Aufnahme-Studio.
Auf diversen Platten findet man die Namen von Eric Clapton, Danny Cummings, Barry Reynolds, Foster Paterson, momentan Keyboarder bei Fish, Spencer Cozens (Pentangle), Andy Sheppard, Saxofonist bei Carla Bley, Drummer Garry Conway (Pentangle, Jethro Tull), David Gilmour und Danny Thompson (bass).
"Grace & Danger" hat er mit dem Keyboarder Tommy Eyre (unter anderem Ian Gillan), John Giblin (bass), einem immer noch gefragten Session-Musiker und Phil Collins (drum, backing vocals) eingespielt. In drei Songs ist zusätzlich Dave Lawson am Synthesizer zu hören.
Die vier Musiker begleiten John Martyn durch neun sehr ausdrucksvolle Songs, die eine große Bandbreite an Genres bedient. Rock, Folk, Blues und Jazz sind die Ingredenzien seiner Kompositionen.
Zu wahrhaft meisterlichen Ehren brachte er es beim Einsatz des Echoplex. Dieses Effektgerät wurde auch auf vorliegender CD eingesetzt.
Die Chemie der Musiker und alle anderen Faktoren für eine hervorragende Platte sind bei "Grace & Danger" stimmig.
Martyn singt über sphärischen Keyboard-Teppichen und spielt eine sehr abwechslungsreiche Gitarre. Man höre sich als Beispiel nur seine bluesigen Soli in "Baby Please Come Home" an.
Bevor Martyn & Co. im Titel-Song abrocken, hören wir vorher einen herrlichen bundlosen Giblin-Bass, der deutlich in den Vordergrund gemischt wurde. Für Track zwei hat der Protagonist richtig fette Rock-Riffs parat.
Das Album beinhaltet einige Kompositionen, die im Laufe seiner Karriere zu Klassikern werden sollten.
So zum Beispiel seine Interpretation des Slickers-Hits "Johnny Too Bad", das er mit einem dezenten Reggae-Ambiente versieht, aber seine Echoplex-Spielerei voll zum Einsatz bringt. Das folgende balladeske "Sweet Little Mystery" zählt ebenfalls zu den Evergreens. Die Keyboard-Klänge symbolisieren die vergossenen Tränen und seine Gitarre hört man hier gar nicht. Die Stimme des Engländers kann als weiteres Instrument angesehen werden.
Den Blues streift Martyn auf ganz eigentümliche Weise in "Hurt In Your Heart".
"Save Some (For Me)": Brillant, wie Eyre die Keyboards einsetzt. Viel Echo dominiert den Sound des Songs.
Das finale "Our Love" hat John zusammen mit Beverley geschrieben. Der Text stammt eindeutig von ihm:
»… Our love
Once was sweeter than the April rain
But now I have to beg before you even say my name
Our love
Once was warmer than a summer's day
And now I have to ask before you even want to look my way…«
"Grace & Danger", damals bereits sein zwölftes Album, verkörpert einen vielschichtigen persönlichen Schmerz, den Martyn phänomenal in Worte und Klänge fasste.
Zu diesem Zeitpunkt hatte er schon lange seine Eigenständigkeit gefunden und es sollte noch viele tolle Platten folgen…
Line-up:
John Martyn (guitars, vocals)
Tommy Eyre (keyboards, synthesizers)
John Giblin (bass)
Phil Collins (drums, backing vocals)
Dave Lawson (additional synthesizers - #1,5,7)
Tracklist
01:Some People Are Crazy (4:19)
02:Grace & Danger (4:03)
03:Lookin' On (5:12)
04:Johnny Too Bad (3:57)
05:Sweet Little Mystery (5:28)
06:Hurt In Your Heart (4:59)
07:Baby Please Come Home (3:56)
08:Save Some (For Me) (3:34)
09:Our Love (3:56)
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