John Martyn / Live At Leeds
Live At Leeds Spielzeit: 49:16
Medium: CD
Label: Hypertension Music 1991
Eigenproduktion 1976
Stil: Folk-Rock


Review vom 26.12.2006


Joachim 'Joe' Brookes
Chris Blackwell holte den talentierten Folkmusiker John Martyn, der seine Wurzeln im Blues hat, 1970 zu Island Records. Mit den hervorragenden Veröffentlichungen "Bless The Weather" (1971) und "Sunday's Child" (1974) ging Martyn mit einem dicken Paket an eigenen Songs auf Tour. Das Leeds University-Konzert vom 13.2.1975 wurde aufgenommen und sollte als seine erste Live-LP auf Island Records erscheinen. Aus welchen Gründen auch immer, zeigte das Label zu dem Zeitpunkt kein Interesse daran. Aus der Not eine Tugend machend, produzierte, designte und vertrieb Martyn die 10.000 nummerierten und signierten Exemplare des Albums in Eigenregie per Postversand oder verkaufte es einfach vor seiner Haustür, mit dem Ergebnis, dass er keine dieser raren LPs besitzt.
1991 wurde "Live At Leeds" dann zum ersten Mal weltweit als CD auf den Markt gebracht. Was hätten wir verpasst, wenn die Geschichte nicht so verlaufen wäre.
Einer seiner langjährigen Weggefährten 'begleitet' ihn auch hier am Bass: Danny Thompson, der in frühen Jahren bei Alexis Korner spielte und gemeinsam mit Bert Jansch Mitglied von Pentangle war.
John Martyn ist nicht nur ein ausgezeichneter Gitarrist und mit seiner markanten Stimme ein außerordentlicher Sänger, sondern auch ein herausragender Songwriter.
Wer "Slowhand" von Eric Clapton in der Sammlung hat, sollte mal nachschauen, wem die Credits für "May You Never" gehören.
Weitere Musiker/Bands, die sich seiner Lieder annahmen waren u.a. Ralph McTell, America, Ian Matthews, Richie Havens, Taj Mahal oder Everything But The Girl.
Den Song "Solid Air" schrieb er für seinen engen Freund Nick Drake.
Waren seine ersten Veröffentlichungen reine Folk-Alben, flossen mit Rock und Jazz nach und nach weiter Stile in seine Musik ein.
Den elektrisch verstärkten Sound seiner akustischen Gitarre entwickelte er durch den zunehmenden Einsatz des Echoplex immer weiter und brachte es damit zu meisterlichen Ehren. Auch seine Stimme setzte er immer mehr als 'Instrument' ein.
Allein schon wegen dem über 18-minütigen "Outside In" vom Album "Inside Out" (1973) lohnt sich der Kauf der CD, denn dieses überirdische Lied ist jeden Cent wert und auf keiner anderen Martyn-CD in der Länge zu haben.
Sehr ruhig, ohne John Stevens, einem im Jazz verwurzelten Schlagzeuger, beginnt das Opus und entwickelt sich zunehmend zu einem intergalaktischen Flugobjekt.
Blanker Wahnsinn, was Martyn mit seiner Gitarre und dem Echoplex anstellt.
Danny Thompson und John Stevens wechseln nach 8 Minuten unmerklich den Rhythmus in Richtung Jazz. Es folgt eine kurze Überleitung und John Martyn moduliert die ersten Worte mit seiner Stimme. Zu verstehen gibt es da wenig, denn die Worte fließen irgendwie zusammenhanglos ineinander über. Klasse!
Nach einem langen Ausflug irgendwo im Universum kommt "Outside In" am Ende wieder zur Ruhe.
Das anschließende "Solid Air" gleitet fast schwerelos dahin und "Make No Mistake" hat diesen Martyn-typischen, unnachahmlichen Stil-Mix.
Für "Bless The Weather" und "The Man In The Station" hat Martyn alle Effektgeräte abgeschaltet und dokumentiert welch feines Händchen er für herrliche, sofort ins Ohr gehende Melodien hat. Rein akustisch, Thompson spielt nur Kontrabass, kann er auch zaubern.
Ein wenig mit dem Publikum und den Musikern rumalbernd, beginnt Stevens, für Martyn unerwartet, einfach den Rhythmus von "Bolero" zu spielen. Kurz intoniert er die Melodie und erzählt dem Publikum etwas über Sinn und Zweck des Liedes.
Alle Register werden dann nochmals beim letzten Track, "I'd Rather Be The Devil", gezogen. Erstaunlich, was John Martyn aus diesem Blues-Titel macht, denn er interpretiert den Song auf seine ganz persönliche Art und verpasst ihm damit ein völlig neues Gewand. Sehr gut gemacht, wie die gesamte CD, die bereits zu einem sehr frühen Punkt seiner Laufbahn einen Höhepunkt verkörpert.
John Martyn hatte engeren Kontakt zu dem damals schon vom Drogenkonsum gezeichneten ehemaligen Free-Gitarristen Paul Kossoff, der ab und an zusammen mit John Martyn auftrat.
Das war auch bei diesem Konzert der Fall, und 1998 wurde "Live At Leeds" nochmals veröffentlicht, dann durch 5 zusätzliche Tracks mit Kossoff ergänzt.
Line-up:
John Martyn (guitar/vocals)
Danny Thompson (bass)
John Stevens (drums)
Tracklist
01:Outside In (18:57)
02:Solid Air (7:13)
03:Make No Mistake (5:05)
04:Bless The Weather (4:45)
05:The Man In The Station (4:18)
06:I'd Rather Be The Devil (8:40)
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