Manfred Mann's Earth Band
Nightingales & Bombers
(Reissue)
Nightingales & Bombers Spielzeit: 44:43
Medium: CD (Remastered)
Label: Creature Music (1999), Petbrook (1975)
Foto Credits: Andrew Buckle
Stil: Progressive Rock


Review vom 07.12.2006


Ralf 'Jogi' Ruhenstroth
Man kann keinen Hehl daraus machen, dass gerade die Tasteninstrumente im Zeitalter des Psychedelic- und Artrocks eine wesentliche Rolle spielten. Das war schon in den 70er Jahren so. Und am Schönsten ist und war es, wenn sich die Keyboards und die Gitarren echte Duelle lieferten. Das macht die Sache noch heute interessant und einzigartig.
Ich denke, dass wir uns nicht darüber streiten müssen, dass Manfred Mann der Tastenmann ist, der den "Moog" neben Keith Emerson und Rick Wakeman am eindrucksvollsten in die progressive Musik eingebracht hat. Mit der von ihm gegründeten Earth Band zeichnen sich Epochen ab, die man an Hand der markanten Musiker, die ihn im Laufe der vielen Jahre begleitet haben, ziemlich genau beschreiben und unterscheiden kann.
Und so haben wir mit "Nightingales & Bombers" das letzte Studio-Werk, welches Gitarrist Mick Rogers eingesungen hat. Dieses Album ist ein Klassiker, hat volle Punktzahl verdient, und dennoch bin ich nicht der Meinung, dass es Manfred Manns bestes ist. Da gibt es noch "Solar Fire" aus dem Jahr 1973, dem ich ein ganz kleinen Vorsprung einräumen möchte. Aber dazu mehr in der eigenen Review zu "Solar Fire".
Doch schauen wir uns "Nightingales & Bombers" nochmals genau an:

"Spirits In The Night" stammt aus der Feder des 1949 in New Jersey/USA geborenen Bruce Springsteen. Wie kaum jemand anderes verstand es Manfred Mann in den 70er Jahren, Songs anderer großer Strategen in sein anvisiertes Gewand zu packen und dann dementsprechend gut zu vertonen. Es gibt diesen Track auch noch in einer Version mit Chris Thompson, der ein Album später das Mikrofon bei der Earth Band für längere Zeit in die Hand nehmen sollte. Alles eine Glaubensfrage und auch wenn ich ein passionierter Fan von Thompson bin, so haben die Stücke mit Mick Rogers an der Stimme für mich den wirklichen Esprit, den die Musik von Manfred Mann ausgemachte. Es ist für mich nicht verwunderlich, dass die Tastentöne gleich zu Beginn von "Spirits In The Night" richtig unter die Haut gehen. Die psychedelischen Hintergrundsounds bauen eine weitreichende Spannung auf. Und wie so oft, bestechen die Wechselspiele zwischen Gitarre und Keyboards. Mick Rogers ist nicht nur ein genialer Sänger, sondern er versteht es, aus seinen effektgeladenen Gitarren eine Menge rauszuholen. Und ohne Zweifel betten sich sowohl Mann als auch Rogers in einer grandiosen Band, die die beiden Jungs mehr als einmal richtig in Szene setzt. Ein geiles Stück mit stimmungsvollen Höhen und Tiefen.
Mit dem treibenden "Countdown" bietet die Earth Band auf dieser Scheibe das erste Instrumental. Ein Duell zwischen Manfred Mann und Mick Rogers entbrennt. Da wird aus dem "Moog" so ziemlich alles rausgeholt, was irgendwie geht. Chris Slade baut am Drumset einen sagenhaften Groove auf.
"Time Is Right" baut sich auf einer Art von Percussion auf. Rogers wird hier zum puren Improvisieren eingeladen und nimmt diese Herausforderung auch an. Sehr andächtig ist dabei der Mittelteil des Songs. Chris Pattenden lässt dabei die Bass-Saiten förmlich fliegen und legt somit die Basis für ausufernde Soli.
Beim nächsten Instrumental "Crossfade" kommt Manns vollkommene Kreativität zum Ausdruck. Diese befindet sich hier auf einem Level, wie er sie im reinen progressiven Sinn später wohl leider nie mehr besessen hat. Die Tastatur rauf und runter und dazu geniale Guitar-Sounds als Füllsel. Wenn man die Band heute noch mal live erlebt und sie einen guten Tag erlebt, kann man das tatsächlich feststellen. Manfred Mann's Earth Band hat ihre Künste in Sachen Improvisieren bis heute nicht verloren. Zumindest nicht im derzeitigen Line-up, in dem sich inzwischen auch Rogers wieder befindet. Einziges Manko: Warum wurde "Crossfade" einfach ausgeblendet und nicht zu einem krönenden Abschluss gebracht???
Was dann folgt, ist einer der Dauerbrenner schlechthin. "Visionary Mountains" stellt mit seinen heimeligen Melodien so ziemlich alles in den Schatten, was ich musikalisch von Manfred Mann kenne. Die in Birmingham (GB) aufgewachsene Sängerin und Songschreiberin
Joan Armatrading hat dieses Stück geschrieben. Und ähnlich wie bei "Spirits In The Night" blitzt die gesamte Stärke der Earth Band hier auf. Voller atmosphärischer Klänge schweben die Noten förmlich dahin und lassen den Hörer in eine eigene Welt eintauchen.
Der Titeltrack "Nightingales & Bombers" ist erneut instrumental und alle Bandmitglieder werden von den Synthies in Schach gehalten. Na ja, ganz instrumental stimmt nicht, denn es gibt ganz leichte Backgroundvocals, aber da muss man schon genau hinhören. Im Übrigen basiert der Titel der Scheibe auf folgender Begebenheit: Ein britischer Ornithologe wollte während des 2. Weltkriegs Aufnahmen von Nachtigallen machen. Was er zu hören bekam, waren vorbeifliegende Bomberstaffeln. Und Manfred Mann hat es nicht versäumt, diese Aufnahmen auf diesem Rundling unterzubringen.
Nach dem etwas aus der Rolle fallenden "Fat Nelly", welches in seiner gesamten Struktur und seinem musikalischen Ablauf eine Veränderung des Stimmungsbildes hervorrufen kann, schließt dieses Werk mit der Live-Aufnahme "As Above So Below". Zum einen bekommen wir diese Art von Sounds auf der später erschienenen "Watch" auch noch mal präsentiert, zum anderen hören wir ab Minute 3:30 neben den Nachtigallen eben die Fliegerstaffel, die zur Namensgebung führte.
Für diese Besprechung habe ich die 1999 veröffentlichte Remastered-Version herangezogen. Deswegen befinden sich als Bonus noch "Quit Your Low Down Ways" vom damaligen US-Release und die Single-Version von "Spirits In The Night" auf diesem Scheibchen. Der Sound der Aufnahmen wurde hier erfolgreich restauriert. Der Klang ist sauber und differenziert und für solch alte Aufnahmen kein bisschen blechern, dafür aber druckvoll. Eine Wertung vorzunehmen ist im Grunde genommen nicht möglich. Alle RockTimes-Uhren oder eben einfach nur das Prädikat "Klassiker" erscheinen hier nach so viel Jahren einfach angemessen. Eigentlich darf es keine Prog- und Rock-Sammlung ohne "Nightingales & Bombers" geben.
Line-up:
Mick Rogers (vocals, guitars)
Manfred Mann (keyboards)
Colin Pattenden (bass)
Chris Slade (drums)
Tracklist
01:Spirits In The Night (6:27)
02:Countdown (3:06)
03:Time Is Right (6:32)
04:Crossfade (3:38)
05:Visionary Mountains (5:42)
06:Nightingales & Bombers (4:54)
07:Fat Nelly (3:20)
08:As Above So Below (Recorded Live) (4:18)

Bonus Tracks:
09:Quit Your Low Down Ways (From US-Release) (3:25)
10:Spirits In The Night (Single-Version) (3:17)
Externe Links: