Meat Loaf / Welcome To The Neighbourhood (Collector's Edition)
Welcome To The Neighbourhood (Collector's Edition) Spielzeit: 73:19 (CD 1), 76:55 (CD 2), 47:02 (DVD)
Medium: Do-CD, DVD
Label: Virgin/EMI, 2011 (1995)
Stil: Rock


Review vom 08.01.2012


Moritz Alves
Es soll ja Leute geben, die Meat Loafs "Welcome To The Neighbourhood" von vorn herein nicht für voll nehmen, da es sich dabei um keine reinrassige Jim Steinman-Geschichte handelt. Nun, solche verbohrten Dickschädel hat es in allen Bereichen der (Rock-) Musik schon immer gegeben. Fans des Fleischklops' werden sich aber ein Loch in den (speckigen?) Bauch freuen, dass sich Virgin/EMI voriges Jahr dazu entschlossen hat, dieses Neunziger-Machwerk des dicken Texaners in einer amtlichen Spezialausgabe neu aufzulegen - und das auch noch völlig losgelöst von irgendeinem strategisch passenden Jubiläum!
Ursprünglich 1995 in die Läden gehievt, hatte es "Welcome To The Neighbourhood" als unmittelbarer Nachfolger zum 1993er Megaerfolg "Bat Out Of Hell II: Back Into Hell" immer etwas schwerer, auch wenn die Scheibe mit unsterblichen Bombastfetzen wie "Not A Dry Eye In The House", "If This Is The Last Kiss (Let's Make It Last All Night)" und vor allem dem Hit "I'd Lie For You (And That's The Truth)" ausgestattet ist - die allesamt nicht aus der Feder von Jim Steinman stammen und sehr deutlich machen, dass Meat Loaf gut und gerne auch mit anderen Partnern fruchtbar zusammenarbeiten kann.
Die einzigen Beiträge des talentierten Songschmieds für dieses siebte Studioalbum sind bezeichnenderweise zwei Neuaufgüsse: Das unglaublich emotionale und kraftvolle "Original Sin" (eines der absoluten Highlights der Scheibe) findet sich ursprünglich auf der gleichnamigen LP (1989) der Gruppe Pandora's Box, während das dagegen eher als gutklassig-solide zu bezeichnende "Left In The Dark" von Steinmans bis heute einzigem Soloalbum "Bad For Good" (1981) stammt.
Insgesamt zeichnet sich "… Neighbourhood" durch eine große stilistische Bandbreite aus, was natürlich den vielen 'Köchen' geschuldet ist, die ihre Finger mit im Spiel hatten: Das Liedgut stammt durchweg von unterschiedlichen Komponisten - allen voran natürlich Diane Warren - und auch am Mischpult fanden sich neben Produzent Ron Nevison noch Steven Van Zandt und Meat Loaf höchst selbst ein, die ihren Senf dazugaben. Daher gibt es neben erwähntem Bombast auch astreine Hard Rock-Songs wie "Runnin' For The Red Light (I Gotta Life)" und "Amnesty Is Granted" (diese
Sammy Hagar-Komposition ist bis heute wohl eine der härtesten, kompaktesten des Dicken) zu hören sowie die kurzen Stilspielereien "45 Seconds Of Ecstacy" und "Fiesta de Las Almas Perdidas" auf die Ohren. Abgerundet wird alles von dem Tom Waits-Stück "Martha", das Meat Loaf gewohnt dramatisch-herzzerreißend interpretiert. In ihrer Gesamtheit erzählen die Songs in Reihenfolge der Trackliste übrigens die Beziehungsgeschichte zweier Menschen mit allen Höhen und Tiefen, so dass man wohl von einer Art Konzeptalbum sprechen kann.
Das Coverartwork ist stilistisch an alte Fünfziger-Jahre-Detektivromane bzw. -Filmposter angelehnt und - typisch für Meat Loaf-Alben - natürlich allererste Kajüte. Es ist eine echte Freude fürs Auge, weil man beim Hören der CD zu jedem Songtext ein passendes Plakat im Booklet vorfindet. Das CD-Begleitheftchen dieser "Collector's Edition" wurde nämlich glücklicherweise original belassen und lediglich um aktuelle Credits sowie die ausführlichen Linernotes des Journalisten Geoff Barton ergänzt.
Für Fans und Sammler dürften hier aber selbstredend die vier Bonustracks interessant sein, die sich an die reguläre Trackliste der ersten CD anschließen. Neben den beiden Beatles-Klassikern "Come Together" und "Let It Be" - glücklicherweise schön instrumental reduziert interpretiert, ohne den üblichen Bombast - werden die Rodgers/Hammerstein-Musicalnummer "Oh, What A Beautiful Morning" (aus deren Musical "Oklahoma!" bekannt) sowie die 1999er Singleauskopplung "Is Nothing Sacred" (ein wunderbares Duett mit Patti Russo) geboten.
Der zweite Silberling enthält einen Konzertmitschnitt aus dem Beacon Theater, New York (1995). Schade hierbei ist allerdings, dass die Live-Atmosphäre nicht so recht ins heimische Wohnzimmer überspringen will und der Überhit "I'd Do Anything For Love (But I Won't Do That)" mit fünfeinhalb Minuten Spielzeit unschön zusammengestutzt wurde. Als Ausgleich hierfür sind vor dem Rausschmeißer "Bat Out Of Hell" noch zwei 1989er Live-Versionen eingebaut worden, die zwar den New York-Mitschnitt etwas 'zerhacken', aber mit "Whatever Happened To Saturday Night?" ein kleines Schmankerl vom "Rocky Horror Picture Show"-Soundtrack bereithalten.
Die DVD dagegen hätte man sich eigentlich sparen können: Beide Promo-Clips zu "I'd Lie For You (And That's The Truth)" und "Not A Dry Eye In The House" findet man auch auf einschlägigen Videoportalen, die Top Of The Pops-Auftritte (vom 12. Oktober 1995 sowie 01. Februar 1996) mit exakt den gleichen Songs dagegen sind unspektakulär, weil die Musiker (typischerweise) zum Playback performen. Das sollte hier auch weniger geübten Ohren sofort auffallen, da vorher die mit Studioversionen unterlegten Videoclips laufen. Schlussendlich bleibt das sehr kurze Interview mit Meat Loaf als kleiner Appetithappen übrig: Der Sänger erzählt jedoch nichts weltbewegend anderes, das man nicht schon aus den Linernotes im Booklet erfahren hat. Schade.
Unterm Strich bleibt trotzdem eine gelungene "Collector's Edition" von "Welcome To The Neighbourhood", durch die dieses großartige Album erneut gewürdigt wird und auch Liebhabern einige Kaufanreize geboten werden. In der Meat Loaf-Diskografie wohl eher irgendwo in der zweiten Reihe stehend, freut es mich als Fan dieses Werks besonders, dass sich die Labelverantwortlichen dazu entschlossen haben, diese CD in einem ansprechenden Package (fettes Digipak) neu aufzulegen, ohne irgendwelche marketingfreundlichen Jahrestage etc. zu berücksichtigen. Und angesichts aktueller Fleischklops-Durchschnittsware à la Hang Cool Teddy Bear (2010) und
Hell In A Handbasket (2011) sollte diese Version Fans wie Neueinsteigern doch genügend Anreize geben, das gute, alte "Welcome To The Neighbourhood" (mal wieder) angemessen zu würdigen und sich von den Songs in eine Zeit zurückbeamen zu lassen, als Meat Loaf es noch richtig draufhatte.
Line-up:
Meat Loaf (vocals)
Steve Buslowe (musical director, bass guitar, background vocals)
Kasim Sulton (rhythm guitar, keyboards, background vocals)
Pat Thrall (lead guitar)
Mark Alexander (piano, keyboards)
John Miceli (additional drums, percussion)
Patti Russo (lead vocals, background vocals)
Pearl Aday (background vocals)
Curtis King (background vocals)
Rory Dodd (background vocals)
Kenny Aronoff (drums)
Paul Jacobs (piano)
Jeff Bova (keyboards, B3 - #02, programming - #06)
Tim Pierce (guitars)
Susan Wood (vocals - #04)
Sammy Hagar (vocals & guitars - #09)
Eddie Martinez (guitars - #09)
Steven Van Zandt (guitars - #09)
Tracklist
Disc One: Original Album (Studio Recordings):
01:Where The Rubber Meets The Road (4:58)
02:I'd Lie For You (And That's The Truth) (6:40)
03:Original Sin (6:04)
04:45 Seconds Of Ecstacy (1:07)
05:Runnin' For The Red Light (I Gotta Life) (3:58)
06:Fiesta de Las Almas Perdidas (1:29)
07:Left In The Dark (7:13)
08:Not A Dry Eye In The House (5:54)
09:Amnesty Is Granted (6:10)
10:If This Is The Last Kiss (Let's Make It Last All Night) (4:34)
11:Martha (4:39)
12:Where Angels Sing (6:09)
13:Come Together [Bonus Track] (3:20)
14:Let It Be [Bonus Track] (2:27)
15:Oh, What A Beautiful Morning [Bonus Track] (3:05)
16:Is Nothing Sacred [feat. Patti Russo; Bonus Track] (5:37)
Disc Two: Bonus Tracks (Live In Concert):
01:Life Is A Lemon And I Want My Money Back (7:59)
02:Where The Rubber Meets The Road (5:42)
03:I'd Lie For You (And That's The Truth) (7:26)
04:Amnesty Is Granted (5:54)
05:You Took The Words Right Out Of My Mouth (9:13)
06:All Revved Up With No Place To Go (6:48)
07:Dead Ringer For Love (4:29)
08:I'd Do Anything For Love (But I Won't Do That) (5:28)
09:Runnin' For The Red Light (I Gotta Life) (4:01)
10:Midnight At The Lost And Found (5:07)
11:Whatever Happened To Saturday Night? (3:19)
12:Bat Out Of Hell (11:58)
Disc Three: DVD Video:
01:I'd Lie For You (And That's The Truth) [Promo Video]
02:Not A Dry Eye In The House [Promo Video]
03:I'd Lie For You (And That's The Truth) [BBC Top Of The Pops 1995]
04:Not A Dry Eye In The House [BBC Top Of The Pops 1996]
05:Interview With Meat Loaf: Making Of "Welcome To The Neighbourhood"
 
Externe Links: