Mythos / Superkraut - Live At Stagge's Hotel 1976
Superkraut - Live At Stagge's Hotel 1976 Spielzeit: 51:54
Medium: CD
Label: Sireena Records, 2011 (1976)
Stil: Krautrock


Review vom 22.08.2011


Markus Kerren
Die (West-) Berliner Band Mythos existierte zirka zehn Jahre lang und spielte ihre ersten Konzerte außerhalb der heutigen Bundeshauptstadt im Januar 1970. In den kommenden Jahren erschienen vier (heute noch erhältliche) Studio-Alben, bis sich der Gitarrist Stephan Kaske 1979 auf Solo-Pfade begab, seither bis heute der elektronischen Musik widmet und mit seinem Ausstieg das Ende der Band besiegelte. Von der Tatsache, dass Sireena Records Bänder eines Auftritts vom 05. März 1976 ausgebuddelt haben, war selbst Kaske über alle Maßen überrascht, stimmte der Veröffentlichung (in nahezu unbearbeiteter Form) nach einigen Hördurchläufen dann aber (selbstverständlich) zu.
Die siebziger Jahre waren die Blütezeit des Krautrocks und genau in diesem Terrain waren Mythos auch zuhause. Die im Trio-Format agierende Truppe präsentiert sich auf "Superkraut - Live At Stagge's Hotel 1976" dann auch sehr progressiv, experimentierfreudig und reich an Spannungs- wie Überraschungs-Momenten. Der gesunde Nährboden wurde von Robby Luizaga am Bass und 'Paradidel' am Schlagzeug gelegt, auf dem sich Stephan Kaske dann abwechselnd mit der Gitarre, der Flöte oder einem Synthesizer ausbreiten wie -toben konnte.
Gesang ist auf dieser Scheibe kaum zu finden, was die bereits erwähnte Spannung allerdings nie beeinträchtigt. Immer wieder atmosphärisch klasse kommt die Flöte, während der Drum-Sound etwas zu weit im Hintergrund ist und der markante Bass stets gekonnt die Lücken schließt, die zu entstehen drohen, wenn Kaske das Instrument wechselt. Bezüglich der Songs hatte sich die Band an diesem Abend offensichtlich auf das seinerzeit aktuelle Album "Dreamlab" spezialisiert, wobei auch Nummern gespielt wurden, die es auf keines der Studioalben schafften und somit für den Mythos-Fan ein gefundenes Fressen darstellen dürften.
Eine davon ist "Stagge Inferno", die mit etwas mehr als dreieinhalb Minuten Laufzeit (abgesehen von dem 90-Sekünder "Message Part II") fast schon ein Kurzgastspiel ist. Ein heftiges Gitarren-Riff eröffnet den Track, das vom stakkatomäßigen Bass gekontert wird. Im Mittelteil kann Robby Luizaga die vier dicken Saiten dann so richtig zum Glühen bringen, was er auch mit hörbarer Begeisterung tut. Das zweite bisher unbekannte Stück hört auf den Namen "There's No God", das in zwei Parts (von anderen Songs unterbrochen) gebracht wird und sich insgesamt über sechzehneinhalb Minuten streckt.
Und auch dieser Titel verfügt über sämtliche Stilistiken des Mythos-Sounds. Das coole, swingende Schlagzeug, den prägnanten Bass und dazu die abgefahrenen Flöten- wie Gitarren-Improvisationen. Einer der wenigen Titel mit Gesang, wenn dieser leider auch etwas zu leise im Hintergrund ist. Immer wieder gibt es Tempo- und Groove-Wechsel, während Kaske seine komplette Instrumenten-Palette ausnutzt und von einem zum anderen springt. Immer wieder stark kommen auch die Wah Wah-Sequenzen, die die Songs noch mal ein Stück sphäriger werden lassen. Hier und da gibt es mal kleine Lücken, die man aber zugunsten der livehaftigen Atmosphäre gerne in Kauf nimmt.
"Superkraut..." verfügt sicherlich nicht über eine optimale Ton-Qualität, was zum einen auf sein Alter, zum anderen aber auch auf die Tatsache zurückzuführen ist, dass die wieder entdeckten Aufnahmen bewusst nur ganz minimal nachbearbeitet wurden. Wobei man hinterher schicken muss, dass der Sound dennoch sehr gut zu genießen ist. Was der Hörer geboten bekommt, ist ein authentisches Mythos-Live-Dokument, mit dem wohl kaum noch jemand gerechnet haben dürfte. Zumindest für Krautrock-Fans ganz sicher ein Leckerbissen!
Line-up:
Stephan Kaske (rhythm-, Wah Wah- & lead guitars, flute, synthesizer, vocals)
Robby Luizaga (bass, acoustic guitar)
'Paradidel' (drums)
Tracklist
01:Dreamlab Part I (Echophase) [9:26]
02:Dedicated To Werner Braun [5:27]
03:There's No God (Battlefield) [9:12]
04:Eternity [9:07]
05:Stagge Inferno [3:40]
06:Backstage Fumble [6:16]
07:Message Part II [1:27]
08:There's No God (Final) [7:17]
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