Wolf Maahn & Die Deserteure / Rosen im Asphalt Live!
Rosen im Asphalt Live! Spielzeit: 61:08 (CD 1), 58:11 (CD 2)
Medium: Do-CD
Label: EMI, 2011 (1986)
Stil: Deutschrock, R&B


Review vom 09.08.2011


Steve Braun
Zu Wolf Maahn muss man im Grunde genommen nicht mehr viel sagen. Bemerkenswert ist aber, dass seine Karriere quasi zweigeteilt ist: Die Zeit mit den Deserteuren und eben die danach. Die Spanne nach 1986 bis heute hat natürlich ebenfalls Klasse, aber die Deserteure waren 'the damn fucking best German band ever' und man möge mir dieses handfeste, sehr persönliche Statement nachsehen. Weder uns' Udo noch der Maffay hatte eine so verdammt groovende Combo hinter sich. Keine einheimische Band davor oder danach konnte derart den Rhythm'n'Blues interpretieren. Dazu kam, dass Wolf Maahn schlichtweg die besten Texte schrieb. Persönlich, aber nie peinlich - kritisch, aber nie mit einer einzigen Betroffenheitsattitüde, wie bei... bäääh - nein, ich nenne jetzt diesen Namen mit drei Buchstaben nicht!
"Rosen im Asphalt" war die Krönung von Maahns Arbeit mit den Deserteuren und da eine Steigerung nicht mehr möglich war, löste er konsequenterweise diese Truppe nach der gigantischen "Kleine Helden"-Deutschlandtour, während der diese Aufnahmen entstanden, auf.
Im fünfundzwanzigsten Jahr nach dem Erscheinens von "Rosen im Asphalt" wird nun das Album in einer Remastered Expanded Edition und damit erstmals mit allen Songs, die auch auf dem Triple-Vinyl von 1986 enthalten waren, veröffentlicht. So erfreulich dieser Umstand ist, so ärgerlich stößt auf, dass EMI einfach die Liner-Notes von 1986 übernommen hat. Zu einem 'runden' Jubiläum hätte man ruhig eine neue Reflektion auf diese Zeit spendieren können. Schade! Versöhnlich stimmt dagegen, dass man beim Remastering äußerst behutsam vorgegangen ist. Gerade bei den Vocals hätte man einiges nachbessern können, was man aber dankenswerterweise unterlassen hat. So hat es einen rauen Charme, wenn Maahns Gesang manchmal etwas gepresst und gelegentlich atemlos klingt.
Sofort nach dem Hören der ersten Töne des akustischen Intros und dem "Kleine Helden"-Thema stellt sich das Gänsehaut-Feeling von 1986 wieder ein. Bei Textzeilen wie
»Teure Kleidung, teure Schuh
Was zählt Dein Anseh'n - was zählt Dein Gut
Aberglaube, in einem fort - Vorurteile, an jedem Ort
Brauchst Du Geld, oder brauchst Du Macht
Brauchst Du Liebe, oder brauchst Du Hass
Oder bist Du einsam und tust Dir leid
Komm, Du verschwendest nur Deine Zeit
Denn da ist mehr, soviel mehr...«

(aus "Wunder dieser Zeit")
laufen mir heute noch elektrisierende Schauer den Rücken herunter. Mit "Irgendwo in Deutschland", "Die Sucht der Träumer" und "Der Clown hat den Blues" wird Hymne an Hymne gereiht. Beim Titelsong "Rosen im Asphalt" zeigen dann die Deserteure erstmals, warum sie seinerzeit als die beste Soul-Band der Republik galten. Die beiden bildhübschen Background-Sängerinnen Renate Otta und Jane Palmer - nicht nur stimmlich betrachtet wahre Sahneschnittchen - steuern ebenso ihr Teil dazu bei, wie das euphorisch mitgehende Publikum.
»Such' ein Lächeln, das mir den Kopf verdreht
Such 'n kurzen Blick, der nie vergeht
Flammen unterm Eis, Boden ohne Netz
Wunden im Metall, Lücken im Gesetz...«

Puh, einmal mehr geht mir dieses Doppelalbum gewaltig unter die Haut. Kein anderer Barde hatte (und hat) hierzulande die Fähigkeit, persönliche und sozialkritische Inhalte derart überzeugend auf einen kurzen Nenner zu bringen! Aber auch ein Liebeslied wie "Ich wart' auf Dich" schüttelt Maahn gefühlvoll aus dem Ärmel und niemals gerät es zur peinlichen Pose.
Der Oberknaller auf CD 1 ist aber "Der Hobby-Freud". Auf diesem funkigen Riff (O-Ton Maahn: »Der Leib- und Magen-Groove der Band«) gelingt es Maahn, das Publikum minutenlang einzubeziehen. Ich war seinerzeit auf einem der "Kleine Helden"-Konzerte (in Maahns Wahlheimat Köln) und selbst nach fünfundzwanzig Jahren ist beim Hören des Möchtegern-Psychiaters sofort diese einzigartige Atmosphäre präsent. Dieser Song war bislang ebenso wie mein persönlicher Lieblingssong, die soulige Ballade "Nicaragua", noch nicht auf CD gebannt worden - eine Schande eigentlich, in der Rückschau betrachtet...
Der Höhepunkt der zweiten CD ist neben "Wunder dieser Zeit", das ich weiter oben bereits zitiert hatte, natürlich das "Bimbo Club Live Party -Medley". Hier wechselt Maahn an die Drums und Jürgen Zöller darf gemeinsam mit Renate Otta und Jane Palmer ein wahres Feuerwerk von Soul-Klassikern abfeuern. Prickelnd, packend, lendenzuckend...
Die Single-Version von "Hokuspokus", einem echten Kracher, war bereits auf Seite sechs des Triple-Vinyls zu finden. Hier gibt es allerdings noch einen 'Nachschlag' in Form der Maxi-Version, die gut und gerne eineinhalb Minuten länger 'grooven' darf. Als besonders hörenswert muss Christian Felkes messerscharfes Sax-Solo hevorgehoben werden.
"Rosen im Asphalt" ist vielleicht das beste deutschsprachige Rockalbum, das bis dato erschienen ist - ein Klassiker, der in keiner entsprechenden Sammlung fehlen sollte bzw. darf!
Die zehn Uhren, die ich der Vinyl-Ausgabe verleihen würde, kann ich hier allerdings nicht zücken, denn etwas liebevoller hatte man das Doppelalbum - dem Anlass gemäß - ruhig ausstatten dürfen.
Line-up:
Wolf Maahn (Gesang, Gitarre)
Axel Manrico Heilhecker (Gitarre)
Werner Kopal (Bass)
Renate Otta (Background-Gesang, Tasten, Percussion)
Jane Palmer (Background-Gesang, Congas, Tasten)
Paco Saval (Tasten)
Jürgen Zöller (Schlagzeug, Gesang)
Gäste:
Niki Zöller (CD 1: Gesang - #12)
Christian Felke (CD 2: Saxofon - #8, 9)
Tracklist
CD 1:
01:Intro - Kleine Helden (1:48)
02:Irgendwo in Deutschland (4:56)
03:Die Sucht der Träumer (4:11)
04:Der Clown hat den Blues (4:18)
05:Rosen im Asphalt (5:22)
06:Seltsamer Tag (5:40)
07:Ich wart' auf Dich (5:06)
08:Ich will Dir meine Liebe geben (5:18)
09:Der Hobby-Freud (9:09)
10:Ich bin erregt (6:12)
11:Nicaragua (4:24)
12:Kleine Helden (4:17)
CD 2:
01:Fieber (3:43)
02:Deserteure (4:37)
03:Wunder dieser Zeit (8:05)
04:Direkt ins Blut (8:56)
05:Der Stadtpirat (5:36)
06:Bimbo Club Live Party-Medley
a) Bimbo Club (3:18)
b) Ain't Too Proud To Beg (1:34)
c) I Thank You (1:03)
d) Soul Man (1:22)
e) Knock On Wood (0:52)
f) Hold On I'm Coming (1:05)
g) Uptight (2:14)
07:Total gut drauf (5:40)
09:Hokuspokus - Single Version (4:09)
10:Hokuspokus - Extended Maxi Version (5:53)
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