Elvis Presley / Elvis On Tour
Elvis On Tour Spielzeit: 89:00
Medium: DVD
Technische Daten:
Bildformat: 16:9
FSK: Keine Altersbeschränkung
Sound: Dolby Digital
Sprache: Englisch (deutsche Untertitel abrufbar)
Regional-Code: 2 (Europa)
Label: Warner Bros, 2010 (1972)
Stil: Rock'n'Soul


Review vom 10.09.2010


Markus Kerren
Nachdem Elvis Presley es gegen Ende der fünfziger Jahre für ca. eine Dekade vorgezogen hatte, lieber vor rollenden Kameras statt auf rockenden Bühnen zu stehen, erfolgte 1968 ja sein großes Comeback und die Rückbesinnung auf den Rock'n'Roll. Und das war gut so, hatte er doch leider nur noch ein paar Jährchen zu leben. Im April 1972 spielte der 'King' eine zweiwöchige US-Tour, die im Rahmen einer Dokumentation festgehalten wurde, im November 1972 erstmalig in den Kinos lief, bereits als Video zu erstehen war und die jetzt erstmalig im DVD-Format veröffentlicht wurde.
Um diese DVD-Version gab es ja schon ganz schön viel Rummel. Hauptkritikpunkt der Fans ist berechtigterweise, dass es Warner Bros aus irgendeinem Grund nicht geschafft haben, sich die Rechte für den ersten Song des Original-Films, Chuck Berrys "Johnny B. Goode", zu sichern. So unerklärlich und vor allem unverzeihlich dies allein schon ist, so bescheiden ist die Lösung des Problems ausgefallen. Nun sieht man Elvis auf der Bühne in Action und beim Singen des 'verloren' gegangenen Tracks, während dazu eine künstlich verlängerte, bzw. zusammen geschnittene Version von "Don't Be Cruel" zu hören ist. Ebenso enttäuschend ist, dass hier keine Sekunde an zusätzlichem Film (Material muss ja massenhaft existieren) addiert wurde.
Aber gut, konzentrieren wir uns mal darauf, was wir tatsächlich haben. Und das ist eine in mehrfacher Hinsicht recht skurril ausgefallene Dokumentation, die Presley auf der Bühne, Backstage, bei Aftershow-Sessions und in Limousinen zeigt. Das geht schon los mit der Bühnengarderobe, die Elvis wohl selbst ausgesucht hatte. Er trägt Jumpsuits (in wahlweise rot, blau oder weiß), die von oben bis unten (wegen der aufgenähten Metall-Ornamente sowie Glassteine) blinken und glänzen und die dazu über einen kurzen Umhang auf dem Rücken verfügten, den der Meister auf der Bühne auch immer wieder schön mit den Händen ausbreitete (jetzt weiß ich auch woher Gene Simmons die Idee zu seinem Fledermaus-Outfit hatte). Schließlich befindet sich ein dicker, fetter Ring an jedem einzelnen von Elvis' Fingern. Nüchtern betrachtet irgendwie nicht von dieser Welt.
Bezüglich der Zusammenstellung der Szenen sieht man 'The Pelvis' etwa die Hälfte der Laufzeit auf der Bühne (wobei kaum einer der Songs voll ausgespielt wird) bei Konzerten, es wurde aber auch sehr viel Material von Sessions eingebaut, die er mit seiner Tour-Band spät nachts noch zum Spaß spielte, wobei hier vor allem Gospel-Material gebracht wird. Eines der Hauptziele jeder Dokumentation, den bzw. die Protagonisten dem Fan etwas näher zu bringen, persönlicher darzustellen, wurde allerdings nicht erreicht. Selbst bei den Szenen in der Limousine nach der Show, Elvis bleibt irgendwie immer auf Abstand, sodass man ihn auch nach dem Film 'nur' genau so gut kennt, wie davor.
Überrascht war ich auch von den gezeigten Konzert-Songs. Elvis covert Titel von
Creedence Clearwater Revival oder auch Simon & Garfunkel, aber warum? Tonnenweise starkes Material, das extra für ihn geschrieben wurde, hatte er in der Hinterhand. Wollte er dadurch einfach 'hip' und auf der Höhe der Zeit wirken? Auch wirkt vieles wie eine Revue, sehr beschwingt, swingend, aber irgendwie auch etwas beliebig - luftig-locker arrangiert verloren die Tracks doch hier und da ihren Punch und waren daher auf massentauglich getrimmt. Der musikalische Höhepunkt des Films ist, als Elvis mit "Burning Love" einen brandneuen Song ankündigt. Der ist sogar so neu, dass er den Text noch von einem Blatt ablesen muss. Aber, und hier kommt das große 'Aber', Elvis ist bei der Nummer voll dabei, kniet sich voll rein und singt brillant, während er so einige andere Stücke nur ansingt und dann fast mehr Zeit damit verbringt, die Ladies am Bühenrand zu küssen, als seinem eigentlichen Hauptjob nachzugehen.
Die Musiker waren natürlich das Feinste vom Feinsten und zu Namen wie James Burton, Glen Hardin oder Ronnie Tutt braucht man ganz sicher keine weiteren Ausführungen mehr von sich zu geben. Jerry Scheff am Bass macht mit einem Solo im Song gar ernsthafte Anstalten, den besten amerikanischen John Entwistle abzugeben, den er drauf hat. Das ist schon klasse, wenn die Solisten mal losgelassen werden, was ruhig etwas öfter hätte vorkommen dürfen. Aber natürlich war die komplette Show auf Mr. Presley ausgelegt, der sein Publikum auch total im Griff hat und überzeugt.
Da die meisten Titel nur bruchstückhaft gezeigt werden, verzichte ich zwar auf eine Tracklist, aber erwähnen will ich trotzdem, dass es sich bei den angespielten Songs um u.a. "See See Rider", "Proud Mary" (CCR), "Burning Love", "Never Been To Spain", "Love Me Tender", "Bridge Over Troubled Water" (Simon & Garfunkel), "Big Hunk O' Love" oder auch "Can't Help Falling In Love" handelt.
Noch was aus der Obskuritäten-Abteilung: In einem Hotel in Dayton, Ohio wird ein etwa 75-jähriger Angestellter, der irgendwie gar nicht so richtig will, zu Elvis interviewt. Das unfreiwillig komische Zwiegespräch läuft in etwa so ab:
Interviewer: »Elvis ist also Gast hier … jetzt reden sie doch endlich!!«
Angestellter: »Jaja...
Was passiert denn, wenn er hier reinkommt?
Er kommt durch die Tür rein, dann dreht er sich um und geht zum Fahrstuhl.
Wo führt der hin? In die Küche?
Ja. Neeeein, der geht zu den Zimmern.
Wo ist denn die Tür, durch die Elvis kommt, kannst du uns die zeigen?
Jaja...«


Der Arme setzt sich in Bewegung, bleibt dabei zwischendurch an einer Säule hängen und zeigt uns danach eine … Tür. Aha, dann wissen wir das jetzt also auch ...
"Elvis On Tour" ist eine gute und sehr interessante DVD, die zwar an ein paar (bereits oben erwähnten) Einschränkungen krankt, aber ansonsten einen unterhaltsamen Blick auf den 'King of Rock'n'Roll' gewährt. Wenn, wie gesagt, einem auch der Mensch Elvis leider nicht wirklich näher kommt. Das Bild ist des Öfteren zwei- oder dreigeteilt, während oben und unten die dicken schwarzen Balken sind. Halt so, wie wir es u.a. von "Woodstock" kennen, Sicherlich Geschmacksache, dafür wurden aber Audio und Video gut überarbeitet. Sehr schön ausgefallen ist auch das Booklet, in dem noch mal auf die Bühnengarderobe eingegangen wird, sämtliche Tour-Dates im April 1972 und sogar die Setlist von vier Konzerten aufgeführt wird.
Insgesamt geht mein Daumen also in die 14:00 Uhr-Stellung.
Line-up:
Elvis Presley (vocals)
James Burton (lead guitars)
Charlie Hodge (guitars, background vocals)
Glen Hardin (piano)
Jerry Scheff (bass)
John Wilkinson (rhythm guitars)
Ronnie Tutt (drums)
Kathy Westmoreland (background vocals)
The Sweet Inspirations (background vocals)
J.D. Sumner & The Stamps Quartet (background vocals)
The Joe Guercia Orchestra
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