Octopus / The Boat Of Thoughts
The Boat Of Thoughts Spielzeit: 36:19
Medium: CD
Label: Sireena Records, 2009 (Sky Records, 1977)
Stil: Prog'n'Kraut


Review vom 21.07.2009


Ulli Heiser
Ich geb's zu: Ich bin befangen.
Kaum jemand im Bekanntenkreis kennt diese Band. Das muss so 1978 gewesen sein, als Octopus vor der Rockdisco, in der ich damals arbeitete, ein Open Air Konzert gab. Genau kann ich mich nicht mehr erinnern, aber ich weiß noch, dass ich die Sängerin Jenny nach der After Show-Party ins Hotel gefahren habe. Und dass sich die LP "The Boat Of Thoughts" seit dem Konzert in meinem Besitz befindet. Sie lief früher auch sehr oft und so war es eine große Freude für mich, als der Redecker Tom, seines Zeichens Bewahrer alter deutscher Rockperlen, über sein Label Sireena Records dieses Album neu aufgelegt hat.
"The Boat Of Thoughts" ist das Debütalbum der Band, die von Pit Hensel und Claus Kniemeyer 1973 gegründet wurde. Leider, so meine Recherchen, ist fast nichts im Netz zu finden und es sieht so aus, als haben sich alle Spuren zu den Bandmitgliedern über die Jahre verloren. Lediglich Werner Littau taucht an einer Fundstelle auf und dort erfahren wir, dass er später Live-Keyboarder bei Hubert Kah war.
Wie auch immer, dank Neuauflage haben nun die spät geborenen Neoprogger die Chance, diese alte Truppe neu zu entdecken. Musikalisch eine Melange aus Kraut und Prog, kann man in etwa mit einer Mischung aus Eloy und Novalis rechnen. Allerdings mit Frau am Mikro und Jennifer lässt das ein und andere Mal an Frumpy und deren Gallionsfigur Inga Rumpf denken.
Nach den ersten Takten des Openers "The First Flight Of The Owl" fühlen sich die 'Frühgeborenen' sofort heimisch. Und wenn Frau Hensel die Stimme erklingen lässt, geht eine Sonne auf.
Orgel- und Mellotronklänge führen durch proggige Traumlandschaften und immer wieder rockt es auch gewaltig. Mal wird die Stimmung folkig, dann treiben Gitarre und Vocals durch surreale Klanglandschaften. Auch rhythmisch wird schwer was geboten: Sphärische, gemütliche Sequenzen wabern wie Nebelschwaden am frühen Morgen über märchenhafte Auen und mutieren per Breaks zu eruptiven Proggewittern.
Eines der Highlights ist unzweifelhaft der Titeltrack, zu dessen Beginn Jennifer mit klarer Stimme zu akustischer Gitarre intoniert. Im Verlauf kann man eine Definition des Stiles Prog erfahren. Und Octopus machen es richtig, indem sie nicht nach der Formel 'je komplizierter, desto Prog' agieren, sondern den Hörer jederzeit am Ball lassen. Und der genießt die Mellotron-Orgien und schwelgt in alter Musik. Alte Musik, die man heutzutage Neo nennt!
Weiter so Tom - es gibt mit Sicherheit noch so manche Perle, die es wert ist, aus den Musik-Katakomben geholt zu werden. Für die einen, um fast Vergessenes wieder zu entdecken und für alle anderen ist es neues Ohrenfutter.
Line-up:
Pit Hensel (guitars)
Werner Littau (keyboards)
Jennifer Hensel (vocals)
Frank Eule (drums)
Claus D. Kniemeyer (bass)
Tracklist
01:The First Flight Of The Owl (5:16)
02:Kill Your Murder (6:14)
03:If You Ask Me (6:14)
04:The Delayable Rise Of Glib (3:22)
05:We're Losing Touch (5:55)
06:The Boat Of Thoughts (9:08)
 
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