Queen / Queen II
Queen II Spielzeit: 40:51 (CD), 19:11 (EP)
Medium: Do-CD
Label: Universal Music, 2011 (1974)
Stil: Art Rock


Review vom 09.04.2011


Steve Braun
Queen feiern in diesem Jahr ihren vierzigsten Gründungstag und trotzdem hält sich die Feierlaune in überschaubaren Grenzen. Zwar kündigen Brian May und Roger Taylor Interesse an neuen Studioaufnahmen an, allerdings ist das erfolgreiche Quartett zwischenzeitlich zum Duo geschrumpft. Freddie Mercury ist - wir brauchen es nicht zu erläutern - tot und John Deacon hat nicht die geringste Lust auf weitere musikalische Betätigungen. Der Erfolg des netten Versuchs mit dem
Paul Rodgers hielt sich in derart überschaubaren Grenzen, dass der tolle Sänger höflich aber bestimmt abgewunken hat. Was also tun?
May und Taylor haben zunächst einmal das sinkende Schiff der EMI verlassen, sich mit Universal einen neuen Vertragspartner zugelegt und sich anschließend Anfang dieses Jahres im Studio eingeschlossen, um die Masterbänder der ersten fünf Alben neu zu überarbeiten. "Queen I" bis "A Day At The Races" sind nun komplett digital remastert im Handel - jeweils durch eine Bonus-EP aufgewertet.
Ich will nicht verhehlen, dass "Queen II" meine persönliche Lieblingsplatte Queens ist. Okay, das ist zu relativieren und der Schwerpunkt auf PLATTE zu legen. Nur auf Vinyl klang das zur Überproduktion tendierende Album zufriedenstellend - die CD-Editionen waren alle enttäuschend schwammig. Dieses Manko ist nun mit den neu bearbeiteten Aufnahmen endlich behoben - hier bleiben keine Wünsche mehr offen.
Ein Jahr nach ihrem wenig Eindruck erweckenden Debüt sorgten Queen mit ihrem 'Zweitling' mächtig für Furore - vor allem bei der schreibenden Zunft, die das Album in den höchsten Tönen lobte. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. Zunächst wurde die 'Insel' erobert, wenig später Westeuropa und vor allem die Japaner lagen den vier Ausnahmemusikern zu Füßen. In den britischen Charts kletterte die Scheibe gar bis auf den fünften Platz.
"Queen II" darf - zwei Jahre vor dem epochalen "A Night At The Opera" - als Queens erstes Konzeptalbum gelten. Das Thema 'Generationenkonflikt' stellt den berühmten roten Faden dar. Aufgeteilt wurde das Vinyl in "Side White", mit May-Kompositionen und einer Taylor-Nummer, und "Side Black", die ausschließlich mit Songs des einzigartigen Sängers Freddie Mercury - niemals wird er vergessen werden - bestückt war.
Die Arrangements - beim Debütalbum noch sehr griffig - wurden orchestraler, mit der Queen-typischen Neigung zum barocken Pomp. Zumindest gilt diese Einschätzung für die siebziger Jahre. Als danach das Konzept sehr viel kommerzieller wurde, verabschiedete sich der Schreiber dieser Zeilen mit vielen anderen Fans, um erst bei den erschütternden letzten beiden Werken mit Freddie Mercury reumütig zurückzukehren. Kaum vorstellbar, wie die ersten fünf Alben geklungen hätten, wenn den vier Perfektionisten die heutigen Möglichkeiten zur Verfügung gestanden hätten. So legte man seinerzeit - noch völlig analog - Spur über Spur und arbeitete vor allem mit verschiedensten Gitarrenklängen und Chören ihren typischen Sound heraus.
War Queen seinerzeit 'Prog'? Hier melde ich ein entschiedenes Jein an. Sie klangen völlig anders als die gängigen Prog Rock-Bands. Nicht nur bedingt durch die kunstvollen Arrangements wäre die Kategorie (nomen est omen) 'Art Rock' angebracht. Dies gilt zumindest für die Kompositionen Mays und Mercurys. Roger Taylor, der meist zwei Songs einbringen durfte, schob stets lupenreinen Hard Rock ein, während John Deacon, zuerst mit einem - später mit zwei Songs bedacht, ziemlich kommerziell orientierten Pop Rock beisteuerte.
Es ist schwierig, über "Queen II" etwas Neues, Aufregendes zu schreiben. Dieses Album dürfte fraglos in der Sammlung der meisten unserer Leser stehen.
Es wirkt zwischen der ungeschliffenen "Queen I" und der etwas roh und rüpelhaften "Sheer Heart Attack" etwas deplatziert. Man darf es eher als Vorläufer von "A Night At The Opera" sehen. Produktionstechnisch scheint es etwas überfrachtet zu sein - da ist vor allem "A Day At The Races" wesentlich schlüssiger.
Ansonsten brennen Queen hier ein echtes Feuerwerk von hymnischen Melodien, verrückten Chören, irren Breaks, überraschenden Tempiwechseln und wilden Gitarrenattacken ab. Man wechselt munter zwischen Hard- und Glam Rock, Pianopop, operettenhaften Anklängen sowie den wilden Rhythmen der 1920er Jahre. Mercury, mit seinem beseelten, engelhaften Gesang, und der wie ein verrückter Musikprofessor agierende May setzen die Glanzpunkte auf diesem herrlichen Album.
Mit "Seven Seas of Rhye", das bereits auf dem Debütalbum als Instrumental auftauchte, gelang endlich der erhoffte erste Singlehit - Top Ten in den UK.
Größter Kaufanreiz für diese remasterte Doppel-Scheibe dürfte natürlich für den hart gesottenen Queen-Fan die Bonus-EP darstellen.
Hier ist die B-Seite der "Seven Seas Of Rhye"-Single, "See What A Fool I've Been", gleich zweimal zu hören. Besonders schön ist dieser für Queen sehr untypische Slow Blues in der Live-Version vom Juli 1973 gelungen. "White Queen (As It Began)" und "Nevermore" sind in prickelnder Live-Atmosphäre entstanden - ersterer schon im großen Hammersmith Odeon (1975). Da war bereits ihr Welterfolg "A Night In The Opera" eingeschlagen und Queen hatten sich etabliert.
Ob sich die Anschaffung dieser neuen Edition von "Queen II" lohnt, muss jeder für sich selbst entscheiden. Die Boni hätten ruhig etwas stattlicher ausfallen dürfen! Allerdings ist dieser Remix wirklich ein Hörgenuss und lädt dazu ein, die erste CD-Ausgabe von 1994 kurzerhand in den Müll zu werfen.
Line-up:
Freddie Mercury (vocals, piano, harpsichord)
Brian May (vocals, guitars, piano)
Roger Taylor (vocals, percussions)
John Deacon (bass, acoustic guitar)
Tracklist
CD
Side White
01:Procession
02:Father To Son
03:White Queen (As It Began)
04:Some Day One Day
05:The Loser In The End
Side Black
06:Ogre Battle
07:The Fairy Feller's Master-Stroke
08:Nevermore
09:The March Of The Black Queen
10:Funny How Love Is
11:Seven Seas Of Rhye
EP
01:See What A Fool I've Been (BBC Session, July 1973, Remix 2011)
02:White Queen (Live at the Hammersmith Odeon, December 1975)
03:Seven Seas Of Rhye (Instrumental Mix 2011)
04:Nevermore (BBC Session, April 1974)
05:See What A Fool I've Been (B-Side Version, February 1974)
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