Renaissance / DeLane Lea Studios 1973
DeLane Lea Studios 1973 Spielzeit: 51:26
Medium: CD
Label: Purple Pyramid/Cleopatra Records, 2015
Stil: Progressive (Folk-) Rock


Review vom 24.04.2015


Steve Braun
Zu der Zeit, als die hier zu besprechenden Aufnahmen entstanden (1973), befand sich Renaissance in einer künstlerischen Umbruchphase. Ein Jahr zuvor waren den Relfs ausgestiegen und Michael Dunford übernahm die Federführung bei Arrangements wie Songwriting, was das bis dahin ambitionierteste Album, "Prologue", hervorbrachte. Das Album "Ashes Are Burning" war gerade geschrieben und Renaissance hatte nun auch die Produktion in 'professionelle' Hände gelegt. Der mit dieser Platte sowie den Follow-ups "Turn Of The Cards" und "Scheherazade And Other Stories" einsetzende Erfolg - bei der schreibenden Zunft wie dem Publikum gleichermaßen - zeichnete diesen Schritt als Quantensprung aus und bestätigt die These, dass die besten Renaissance-Alben die nicht von der Band selbst produzierten waren, eindrücklich.
Am 3. Februar 1973, kurz vor den Aufnahmen zu "Ashes Are Burning", öffnete die Band die Türen der DeLane Lea Studios zu einem kostenlosen Konzert für die Familie und den Freundeskreis. Dem Applaus zufolge dürften dies etwa hundert Personen gewesen sein. Bis auf "On The Frontier", das offenbar noch nicht auftrittsreif war und durch "Sounds Of The Sea" (von "Prologue") ersetzt worden war, spielte Renaissance "Ashes Are Burning" in der gleichen Abfolge wie auf LP. Die Atmosphäre ist sehr intim, die fünf Musiker präsentieren sich, bestens gelaunt, zu Scherzen zwischen den Songs aufgelegt.
Der Sound erfüllt zwar nicht immer den heutigen Standard, aber die Spielfreude und vor allem der familiäre Rahmen machen "DeLane Lea Studios 1973" zu einem mehr als nur erfreulichen Erlebnis.
Die vielleicht anspruchsvollste Nummer des Abends, "Can You Understand?", eröffnet "DeLane Lea Studios 1973" - ein zehnminütiges Potpourri aus Progressive Rock, britischem Folk und Mittelalterklängen mischen sich mit jazzig angehauchten Phrasen, die der begnadete Keyboarder John Tout immer wieder einstreut. Melancholisch, mit eingängig-melodischen Harmonien nur so gespickt, dreht "Let It Grow" seine Runden - ein von Annie Haslams engelsgleicher Stimme gekröntes, wahrhaft königliches Stück.
Es folgt "Sounds Of The Sea" von der 1972er "Progolue", das durch die harmonischen Satzgesänge zu brillieren vermag, bevor mit "Carpet Of The Sun", wohl DIE Erkennungsmelodie Renaissances, wieder auf "Ashes Are Burning" zurückleitet. Dieser einprägsame Poprocker anspruchvollster Machart konterkariert mit seiner Fröhlichkeit die träumerisch schwelgende Ballade "At The Harbour", die zum eigentlichen Höhepunkt des Abends, dem Titelsong der gerade fertiggestellten Platte, hinüberführt. Dieser prätentiöse Zwölfminüter wartet dann auch mit den StargästenAndy Powell, dessen irres Gitarrensolo leider soundmäßig etwas untergeht, und Al Stewart auf. Unbestrittener Held dieses verschwenderisch-pompösesen Longtracks, einer Referenznummer des Prog Rock schlechthin, ist allerdings (einmal mehr) Keyboarder John Tout, der auf seinem Flügel, seiner Hammond und dem Hohner Clavinet feudalste Klänge zu "Ashes Are Burning" beisteuert. Das mit feurigen Salsa- und filigranen Tout'schen Barock-Einlagen gewürzte "Prologue" beendet kurzweilige fünfzig Minuten, die - trotz geringfügiger Abstriche beim Klangbild - nahezu uneingeschränkte Freude verbreiten.
"DeLane Lea Studios 1973" sollte eine weitere Bereicherung für jede Renaissance-Sammlung darstellen. Diese Scheibe beweist, nach "Live At Carnegie Hall" und Dreams & Omens die Live-Qualitäten der britischen Folk-Progger zu ihren allerbesten Zeiten!
Einen weiteren 'Satzball' verwandelt das extrem coole, künstlerisch herausragende Cover.
Line-up:
Annie Haslam (vocals)
Michael Dunford (guitars)
John Tout (grand piano, clavinet, organ)
John Camp (bass)
Terence Sullivan (drums)

Special Guests:
Andy Powell (guitar - #6)
Al Stewart (vocals - #6)
Tracklist
01:Can You Understand (10:10)
02:Let It Grow (5:40)
03:Sounds Of The Sea (6:12)
04:Carpet Of The Sun (3:39)
05:At The Harbour (6:57)
06:Ashes Are Burning (11:52)
07:Prologue (6:46)
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