ROVO And System 7 / Phoenix Rising
Phoenix Rising Spielzeit: 71:44
Medium: CD
Label: Purple Pyramid Music (Cleopatra Records), 2013
Stil: Elektro Prog & More

Review vom 12.11.2013


Ulli Heiser
Steve Hillage dürfte den meisten unserer Leser noch von Gong bekannt sein, denn mit dieser Band des Canterbury Sounds fand er entweder Liebhaber oder aber Ablehnung auf breiter Front. Selbst eingefleischten Proggies war die zum Teil experimentelle Ausrichtung zu viel des Guten. Steve verließ Gong 1976 und mit ihm seine Partnerin Miquette Giraudy. Viele Stationen säumen deren Wege seit dieser Zeit. So auch das 1991 gegründete Projekt System 7, das sich in erster Linie dem elektronischen Sound widmet. Unterlegt mit hypnotisierenden Techno- und Trance-Beats werden Grenzen ausgelotet und musikalische Schmelztiegel neu definiert. Alte Welt trifft neue Welt und wie im richtigen Leben, ist das nicht immer so ganz einfach.
ROVO waren zumindest mir bis dato unbekannt. In ihrem Heimatland Japan sind sie »a popular progressive rock/jam band«. Die Köpfe dieser mit zwei Drummern agierenden Truppe sind - ich nehme es vorweg - der brillante Gitarrist Seiichi Yamamoto und Yuji Katsui an der elektrischen Geige. ROVO und System 7 beschlossen nach einer gemeinsamen Tour 2011 in Japan, zusammen ein Album aufzunehmen, was dann 2012 in Tokio begonnen, Anfang 2013 in Hillages Londoner Studio mit Overdubs bearbeitet und schließlich in Tokio fertig gestellt wurde.
Man mag es bereits ahnen, dass das Ergebnis dieser Kollaboration vielen Altrockern den Schrittmacher aus dem Takt bringen kann. Geordneter Rückzug bitte, meine Herren, denn wenn bei "Love For The Phoenix" nach lieblicher Eingangsequenz der hämmernde, spaceige Beat des Techno-, Trance-Gewaltrittes aus den Boxen powert, könnte es zu spät sein. Nicht wegen des implantierten medizinischen Gerätes. Nein, vielleicht müsste man zugeben, dass diese Rhythmen so schlimm gar nicht sind und absolut begeistern können. Hypnotisch hämmert es immer wieder gegen den Solarplexus, ohne Schmerzen zu erzeugen: Ein Beweis, dies ist Bauchmusik, denn der Kopf kann sich einfach den Rhythmen hingeben und muss nichts verstehen oder denken.
Die Symbiose der fernöstlichen Musiker und der britischen Soundtüftler ist gelungen. Die beiden Drummer, die Gitarren und natürlich die verstärkte Geige setzen ihre Duftmarken im elektronischen Kosmos. Die McLaughlin-Nummer "Meeting Of The Spirits" wird unsperrig dargeboten und im Folgetrack "Cisco (Phoenix Rising)" proggt und krautet es gar herrlich unter der elektronischen Decke. Jedoch scheinen die beiden Fellmänner nicht immer den gleichen Tritt zu haben, was bei der Perfektion, die Hillage gewöhnlich an den Tag legt, aber auch gewollt sein kann.
Im repetativen "Unbroken" brilliert Yuji Katsui an der Geige zu Tunes, wie aus alten, aber anspruchsvollen Kraut-Zeiten. Überhaupt ist "Phoenix Rising" immer (wenn auch oft unterschwellig) mit einer guten Portion Psychedelic durchzogen. Trotz aller Technikdominanz und moderner Ausrichtung sind Steves Wurzeln nicht verödet. Sie sind auch nicht in einem Korsett gefangen. Eher geben sie dem Trance Grundtenor eine wohltuende Patina mit auf den Weg.
Besondere Highlights sind die wie aus dem Nichts auftauchenden Gitarren, die den technoiden Grooves anscheinend zeigen wollen, dass es gut ist, nicht nur auf künstliche Klänge zu setzen. Das ist besonders schön bei der ROVO-Nummer "Sino Dub (Phoenix Rising)" zu hören. Das erste Stück "Hinotori" wurde bereits als EP veröffentlicht und der offizielle Trailer mag als Appetizer (die Albumversion ist fast viermal so lang) hier verzehrt werden.
"Phoenix Rising" ist eine interessante Platte. Man sollte sich aber bewusst sein, dass Steve Hillages Musik noch nie mainstream war. Den Fans aus der alten Zeit ist er eh' seit seinem Ausstieg bei Gong nicht ganz koscher. Technofreaks werden mit den progressiven und psychedelischen Zutaten (erwähnenswert hier das technofreie Ambient-Stück "Unseen Onsen") erstmal Berührungsängste haben. Wenn man aber offen für das best of both worlds ist, dann kann "Phoenix Rising" durchaus Spaß machen. Davon kann man sich 2014 überzeugen, wenn beide Bands gemeinsam in England (Manchester und London) zwei Konzerte geben.
Line-up:
ROVO
Yuji Katsui (violin, electric violin)
Seiichi Yamamoto (electric guitar)
Yasuhiro Yoshigaki (drums, percussion)
Yoichi Okabe (drums, percussion)
Jin Harada (bass)
Tatsuki Masuko (keyboards, synths)

System 7
Steve Hillage (guitars, programming)
Miquette Giraudy (synths)
Tracklist
01:Hinotori (album version) [12:01]
02:Love For The Phoenix [9:39]
03:Meeting Of The Spirits (Mahavishnu Orchestra cover) [7:24]
04:Cisco (Phoenix Rising) [13:42]
05:Unbroken [7:34] 06:Sino Dub (Phoenix Rising) [13:34]
07:Unseen Onsen [7:21]
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