Shaa Khan - The World Will End On Friday
The World Will End On Friday Spielzeit: 37:29
Medium: CD
Label: Sireena Records/Broken Silence, 2009 (Sky, 1978)
Stil: Prog Rock


Review vom 14.08.2009


Ingolf Schmock
Zu einer Zeit, als sich klischeehafter Haudraufrock, sowie fortschrittliche Kompositionen in radiotaugliche Formate verwandelten, und nonkonforme Musikstrukturen als Gegenpol ihre Gipfelkreuze errichteten, schickten sich sechs musizierende Ruhrpott-Kumpel an, den Traum von einer eigenen Studioproduktion zu verwirklichen.
Verschrieb sich die, von Schlagzeuger Walter Kaulhausen und Gitarrist Roland Soltysiak begründete Duisburger Schülerkapelle mit dem fantasievollen Namen, anfangs noch dem Kopieren einschlägiger Hard Rock-Blaupausen und etablierter Jazz-Hommagen, erarbeitete das bis dato stabilisierte, semiprofessionelle Sextett, ihr musikalisches Grundkonzept zweier gleichberechtigter mit unterschiedlichen Stimmlagen ausgestatteten Leadsängern.
In der Halbzeit der Siebziger verbandelten diese hingebungsvoll plateaubesohlten, symphonischen Dröhn-Rock und süffisante Prog-Theatralik ihrer britischen Vordenker, und begaben sich mit ihren niedergeschriebenen Ideen auf eine schmal budgetierte klinkenutzende Mission.
»Wir hatten Geld durch eine Auftragsarbeit für ein Duisburger Jugendtheater verdient«, so Sänger Heiner Waldmann. »Mit dem verdienten Geld wollten wir die Produktion unserer ersten LP bezahlen. Produzent Conny Plank war zwar ganz angetan von unseren Aufnahmen, bemängelte aber, dass unsere Texte in Englisch waren. Aber er empfahl uns an das Studio von Dieter Dierks in Stommeln weiter. Dieter war zu der Zeit gerade im Begriff, sein großes Studio um eine kleinere Variante zu erweitern und bot uns für die Aufnahmen einen Studiotermin an. Das bedeutete für uns alle einen enormen Druck, denn die Aufnahmen mussten in drei Tagen im Kasten sein und für die Abmischung blieben ungefähr anderthalb Tage. Die Aufnahmen fanden im Sommer 1977 statt. Nach der Fertigstellung ging es auf die Suche nach einer Plattenfirma. Dieters Verlag vermittelte uns an Günter Körber und sein Skylabel in Hamburg. Die meisten Kompositionen sind aus Fragmenten im Proberaum entstanden. Es waren in der Regel Roland, Jochen oder ich, die diese kleinen, musikalischen Versatzstücke anschleppten, und die Band formte dann während der Proben die Songs daraus.«
So gelangte Shaa Khans erster optimierter Wurf in die Plattenregale, um in friedlicher Koexistenz zwischen Alex Contis kongenialen Ergüssen, dem Gassenhauer-Mainstream der mittlerweile antiquierten Oldierocker Uriah Heep, und dem monströsen Kunstrock-Diskursen einer Collins'schen Gefolgschaft ihr Dasein zu fristen, welches doch immerhin mit dem Stempel »Newcomer des Jahres« gekrönt wurde.
Bezirzende Melodien aus feingliedrigen Gitarrenlinien, unterlegt von einer muffig tönenden Rhythmussektion, welche sich tief in schäumende Mellotronmeere versenken, und ein teils überbordetes bzw. affektiertes Gesangsduo, rührten seinerzeit eine zwar schmackhafte, aber auch gärend fette Suppe an, die zu einigen Verdauungsproblemen führen vermochte. Dabei hat Soundtüftler Dieter Dierks, welcher übrigens damals parallel eine bekannte Hannoveraner Combo betreute, sicherlich alle zur Verfügung stehenden, technischen Möglichkeiten ausgeschöpft, um dem grob geschnittenen Süßwerk dieser Sechserbande ein wenig Pepp einzuhauchen, was aber angesichts der verhangenen Dynamik etwas verwässert anmutet.
Die Kohlepöttler bemühen sich redlich, in den meist überlangen fünf Kompositionen, ihren tendenziell britischen Paten und den Spuren faden Geschmacks zu entfliehen bzw. eigene Nuancen zu integrieren, verfangen sich im Laufe ihren süßholzraspelnden Epen doch wieder in dramaturgisch überzogenen Symphonic-Attitüden überholter Hensley, Byron & Co.-Vorgaben, sowie erigierenden bzw. tastengeschwängerten Art Rock- Ambitionen manifestierter Genremeilensteine.
So galt es schon als symptomatisch und nicht als Schwäche, sich übermächtigen Götzen wie Genesis und Yes zu unterwerfen, und geradewegs als musikalische Bigotterie, eine durch Flower-Power kontaminierte progressive Soße, als germanische Rockmutation mit mäandernden Minnesängern und orgelnden Beigaben anzupreisen.
Die Band, die sich übrigens später zu härteren Soundmustern hinreißen ließ, harmonisiert hierbei emphatisch, läßt die Keyboards des Öfteren zu einem Hallelujah anheben, und mit präziösen aber dennoch eingängig gezupften Saiten die illusionslose Kapitulation vor der Pestwolke vorherrschender Punk- und Disco-Szenarien besiegeln.
Selbst die Speerspitzen einer innovativen Krautrock-Ära wanden sich in letzten fiebrigen Zuckungen, als diese mittlerweile prähistorische Einspielung 1978 mindestens drei Jahre zu spät, um die Gunst proglethargischer Konsumenten buhlte.
Im Nachhinein sollte man solche nostalgische Tondokumente aus deutschen Giftlaboren, welche den Rhythmus dieser speziellen Altersgruppe reflektieren, einen Platz in den Wühlkisten triebgesteuerter Musikmessis zuerkennen.
Zum Segen, hat jetzt das rührige, norddeutsche Sireena Label mit der Aufarbeitung dieser tönenden Zeugnisse bzw. Masterbänder begonnen, um so manche ungeschliffene Rohdiamanten aus dem eigenen Lande dem gemeinen Vinyljunkie wieder zugänglich zu machen, oder deren exquisiten Anhäufung schwarzer Scheiben zur Seite zu stellen.
Im Falle der Duisburger Melodierocker macht es schon Sinn, zumal selbige gerade einen Auftritt in originaler Besetzung absolvierten, und mit ihrem Neustart einäugig nach der anhaltenden Wiederbelebung schielen.
Line-up:
Roland Soltysiak (guitar)
Jochen Gutermuth (bass)
Horst Schlechtriemen (keyboards)
Walter Kaulhausen (drums)
Heiner Waldmann (lead-vocals, acoustic guitar)
Klaus Grandt (lead-vocals, percussion)
Tracklist
01:White Room
02:World Will End On Friday
03:Graveyard
04:Ocean
05:Seasons
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