Spielzeit: 70:04 Medium: CD Label: Soul Jam Records, 2012 (1956 -1961) Stil: Gospel, R&B Review vom 25.11.2012 Markus Kerren

Das Schöne an der Musik bzw. am Musikhören ist ja, dass man - wenn man es denn will - sich tiefer und tiefer hineinbegeben kann und sich hinsichtlich Bands, die man schon kennt, auch von deren Einflüssen noch einmal inspirieren lassen kann. Im Falle des Rezensenten ist es so, dass er ein riesiger Fan von The Band ist, deren Mitglieder wiederum ganz große Bewunderer der Staple Singers waren. Ohne meine Liebe zu den Kollegen um Robbie Robertson und Levon Helm hätte ich also wahrscheinlich niemals von dieser Truppe um 'Pops' Staples erfahren. Aber wie gut, dass es dennoch so gekommen ist.

Über in-akustik ist nun eine CD eben jener Staple Singers erhältlich, die die beiden Alben "Swing Low Sweet Chariot" und "Uncloudy Day" enthält. Die Aufnahmen entstanden in den Jahren von 1956 bis 1961 und der Sound ist unter Berücksichtigung dieser Jahreszahlen sehr annehmbar. Zusätzlich sind auch noch insgesamt sechs Bonustracks enthalten, die das Gesamtbild wunderschön abrunden. Einer davon ("This May Be The Last Time") lässt umgehend auf eine Coverversion der Stones schließen, aber selbstverständlich entspricht exakt das Gegenteil den Tatsachen.

Bei den Credits unter dem Stones-Titel "The Last Time" steht zwar Jagger/Richards geschrieben, aber die beiden Haudegen haben in der Vergangenheit ja schon bereitwillig zugegeben, dass sie beim Komponieren dieses Tracks ganz entscheidend von der Musik der Schwarzen in den USA beeinflusst waren.

Ansonsten ist das, was Roebuck 'Pops' Staples, sein Sohn Pervis sowie seine Töchter Mavis und Cleotha (im Verbund mit weiteren, im Booklet aber nicht namentlich erwähnten Musikern) hier zu bieten haben, allerfeinste Gospelmusik, die mit batzenweise Feeling und einem massiven Enthusiasmus gebracht wurde. Das ist so klasse, dass der Hörer umgehend von der verbreiteten Stimmung angesteckt wird und er sich vor dem geistigen Auge stante pede in einer Kirche irgendeines verlassenen Stadtteils von Chicago sitzen sieht, während dort eine Messe zelebriert wird.

Den Takt gibt das Familienoberhaupt unerschütterlich (und in immer wieder variierenden Tempi) mit der elektrischen Gitarre vor, während die Lead Vocals unter ihm und seinen Kindern aufgeteilt wurden. Der Löwenanteil fällt dabei allerdings Mavis Staples zu, die von Beginn an an vorderster Front stand. Aber es sind nicht nur die Lead-Vokalisten, auch die Harmony Vocals und die Interaktion des Quartetts beim Gesang ist traumwandlerisch sicher und einfach nur schön wie mitreißend.

Ich sag's ja schon seit dem Tag, an dem ich zum ersten Mal den Film "Blues Brothers" genießen durfte: Würde diese Musik auch in deutschen Kirchen während der Messen gespielt werden, dann würde ich wahrscheinlich bis heute noch dorthin gehen. Wer Lust auf richtig guten Gospel mit ganz starken Sängern hat, die ihre Songs mit Inbrunst, ganz viel Enthusiasmus und Gefühl zelebrieren, der ist hier an der genau richtigen Stelle.

Definitiv die CD, die sich während der Weihnachtszeit 2012 in Dauerrotation im Inneren meiner Anlage befinden wird.

Line-up:
Roebuck 'Pops' Staples (electric guitars, vocals)
Mavis Staples (lead vocals)
Purvis Staples (tenor vocals)
Cleotha Staples (alto vocals)

and others...