The Stranglers / The Old Testament
The Old Testament Spielzeit: 70:23 (CD 1), 76:21 (CD 2), 76:52 (CD 3), 76:23 (CD 4), 61:08 (CD 5)
Medium: CD-Box
Label: Parlophone / United Artists 2013 (1977–1982)
Stil: Rock, New Wave, Punk


Review vom 04.06.2013


Sabine Feickert
Falsche Bescheidenheit war ihr Ding noch nie und so kommt jetzt das raus, was bei anderen Bands als 'Collection' gehandelt wird, von den Stranglers aber schlicht "The Old Testament" betitelt wird. Aus wenn auch nicht unbedingt biblischer Vorzeit, so doch aus den frühen Tagen der Briten stammen die Studioaufnahmen aus den Tagen beim United Artists-Label. Bereits 1992 gab es ein 'altes Testament' im 4-CD-Pack, für das Re-Issue 2013 spendierte EMI obendrein noch eine Raritäten-CD.
Auf den vier ursprünglichen Silberscheiben sind die ersten sechs Studioalben enthalten und schon hier sind die A- und B-Seiten der Singles dazwischengestreut. Ob da jemand die Laufzeit der CDs voll ausschöpfen wollte? Anfang der Neunziger haben die ja noch richtig Geld gekostet... über die Anordnung und vor allem die Sinnhaftigkeit, die Alben über die CDs zu strecken könnte man sicher streiten, aber bei dem Preis, zu dem das Set verkauft werden soll, gilt ja fast noch der Spruch vom geschenkten Gaul. Und – klar – drängt sich der Vergleich zu den Original Album Classics auf. Signifikanter Unterschied ist schon die Verpackung, statt den niedlichen Pappschubern gibt’s hier so ein – hm, Doppel-Doppel-Jewelcase(?), bei der mir entweder die CDs schon beim Öffnen der Box entgegenfliegen oder das Spiel »bricht jetzt die CD, die Plastikzacken oder doch irgendein Fingernagel?« ansteht. Und wie schon oben angesprochen, es ist nicht jeweils ein Album auf eine CD gebracht, sondern etwa eineinhalb Alben plus – großes, dickes und fettes PLUS – jede Menge Bonusmaterial. Manches davon sicher ein wenig 'strange', was bei den Stranglers ja aber nicht unbedingt verwundert...
Da die hier zusammengefassten Alben innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums von fünf Jahren entstanden sind, bietet diese Art der Zusammenstellung (wenn man sich drauf einlassen will) die Möglichkeit, die Gesamtentwicklung über diese Zeitspanne über die Albengrenzen hinweg zu betrachten.
Achja, die Alben – fangen wir doch mal mit dem Debüt an: "Rattus Norvegicus" macht die ersten neun Songs der ersten CD aus. Noch ziemlich rockig-psychedelisch-punkig mit "Hanging Around" und "Peaches" sowie der ersten "(Get A) Grip (On Yourself)" Version dieser Zusammenstellung, um die bekanntgewordenen Songs mal aufzugreifen. Meine persönlichen Hinhörer sind die kurz-knackig-gitarrige "London Lady" und das fast achtminütige ausgiebig orgelnde "Down In The Sewer".
Gefolgt werden diese Tracks von "Choosey Susie", das bei den ersten 10.000 Exemplaren des Albums als Gratisbeigabe auf Single enthalten war. Die zweite Seite dieses Geschenks ("Peasant In The Big Shitty") hielt schon auf dem nächsten Album Einzug und findet sich als erster Titel auf der zweiten CD. Doch noch sind wir bei der ersten, aus der "Peaches" als käufliche Singleauskopplung zu erwerben war und deren B-Seite "Go Buddy Go" hier als Draufgabe 'Party im Kellerclub'-Stimmung vermittelt, bevor es dann mit den ersten sieben Songs des nur fünf Monate später erschienenen Zweitlings weitergeht.
Stilistisch noch ziemlich ähnlich wie die 'Ratte', erstreckt sich "No More Heroes" über den Rest der ersten CD und die ersten vier Songs der zweiten. Immer noch relativ viel Orgel und vielleicht sogar noch 'nen Tick dreckiger und rumpeliger als der Vorgänger. Als Zugabe dann die Single B-Seite "Straighten Out" (von der Auskopplung "Something Better Change") sowie "5 Minutes" und das, meiner Meinung nach zu Unrecht auf die B-Seite verbannte, ziemlich coole "Rok It To The Moon".
"Black And White" (Tracks 8 bis 19) wird dann ganz sachte waviger und wartet mit etlichen populär gewordenen Songs auf wie zum Beispiel "Tank", "Nice 'n' Sleazy", "Sweden (All Quiet On The Eastern Front)" und "Toiler On The Sea". Beinahe spacige experimentelle Ausflüge sind hier auch schon, beispielsweise bei "Threatened" zu verzeichnen.
Gegen Ende wird die zweite CD dann rock'n'rollig – auf den Bierbecherschmeißer "Shut Up" (B-Seite der "Nice 'n' Sleazy"-Auskopplung) folgen das orgelträchtige "Walk On By" sowie die lupenreinen Rock'n'Roller "Mean To Me" und "Old Codger".
Die dritte CD steht erstmal im Zeichen des Raben, "The Raven", das vierte Studioalbum (1979) eröffnet die Silberscheibe mit nordischer Mythologie bei "Longships" und dem Titeltrack. In der weiteren Folge trägt sie Songs mit sich, die nicht zuletzt durch ihre gesellschaftskritischen Texte auffallen.
"Nuclear Device (The Wizard Of Aus)" zielte auf den australischen Politiker Bjelke-Petersen ab, der für eine unfreiwillige Sonderauflage der Platte sorgte, weil sein Bild vom Innensleeve entfernt werden musste. "Shah Shah A Go Go" war ein Statement zur islamistischen Machtübernahme im Iran, "Genetix" beschäftigte sich schon 1979 mit dem Thema, das mit Monsanto heutzutage eine neue Brisanz erhält. Musikalisch ziemlich experimentell, halten Elektronik und wavige Elemente Einzug, die Orgeln treten mehr und mehr hinter die Synthesizer zurück. Bei den "Meninblack", die im nächsten Studioalbum nochmal aufgegriffen und ausgearbeitet werden, wird stark mit Effekten beim Gesang gearbeitet (klingt wie LP auf 45 abgespielt). Auch hier werden Goodies von den 7-Zöllern zugefügt: "Fools Rush Out", "Yellowcake UF6" (uuuuh, was in diesem Kuchen wohl drin war?!?) und "Vietnamerica". Zudem noch "Bear Cage" und "Who Want's The World".
Weiter geht’s dann – ja, tatsächlich im Walzertakt des "Waltzinblack", den der Synthie mit Jahrmarktsmusiksound performt und damit das fünfte Album "(The Gospel According To) The Meninblack" (1981) eröffnet. Schon im Opener quietschen und quäken Stimmchen durcheinander, die einem schlechten Trip entsprungen sein könnten. Nee, sorry, sollen wohl die Aliens sein, die sich als Konzept durch diese Scheibe ziehen (um so bedauerlicher, dass sie über zwei CDs verteilt ist). Und obwohl ganz am Anfang der achtziger Jahre entstanden, ist dieser wavige Longplayer voll im neuen Jahrzehnt angekommen, zumindest was exzessiven Hall- und Synthieeinsatz sowie Monotonie anbelangt.
Als Zugabe von den 7"-Scheiben wird jetzt ein geheimnisvoll-langsam-waviges "Top Secret" und der ebenso wavige, dafür aber etwas flottere "Maninwhite" nachgelegt.
"La Folie", das sechste Studioalbum kam auch noch 1981 direkt auf der 'New Wave' hinterhergeschwommen und brachte den (für meinen Geschmack ziemlich kommerziellen) Hit "Golden Brown" mit sich. Mit "Love" darf dessen B-Seite, und mit "Strange Little Girl" und "Cruel Garden" weitere zwei Songs vom 'Taschengeld-Vinyl' den Rest der CD füllen.
Erstaunlich finde ich die Entwicklung der Stranglers in diesen fünf Jahren schon – vom rumpelig-rockenden Kellersound zum fast schon säuselnden "Golden Brown", wobei mir persönlich die erste CD und hier speziell die "Rattus Norvegicus"-Songs am meisten Spaß machen... wäre da nicht noch die Raritäten-Scheibe.
Neben Radio-Edits von "Peaches", "No More Heroes" und "Walk On By" fetzen die Kooperationen mit Celia & The Mutations, bei denen die Stranglers quasi inkognito agierten, "Mony Mony" und "Mean To Me" aus den Boxen. Auch eine schwedische Aufnahme "Sverige", eine französische Version "N'Emmenes Pas Harry" ("Don't Bring Harry") wurden irgendwo ausgebuddelt und lassen die Mundwinkel nach oben wandern.
Tja, und nun die große Frage: Braucht man dieses 'Alte Testament'?
Beantworten kann die - wie immer - nur jeder für sich selbst. Wer die enthaltenen Alben (womöglich als CD inklusive der Bonustracks) im Regal stehen hat, kann sich die Investition wahrscheinlich sparen. Wer Wert auf 'value for money' legt und sich für die wavigen Zeiten begeistern kann, wird hier ein Schnäppchen machen.
Line-up:
Hugh Cornwell (guitars, vocals)
Dave Greenfield (keyboards, backing vocals)
J.J. Burnel (bass, vocals)
Jet Black (drums, vocals)
Tracklist
CD 1:
01:Sometimes
02:Goodbye Toulouse
03:London Lady
04:Princess Of The Streets
05:Hanging Around
06:Peaches
07:(Get A) Grip (On Yourself)
08:Ugly
09:Down In The Sewer (Medley)
10:Choosey Susie (Rare Free Single)
11:Go Buddy Go (Single B-Side)
12:I Feel Like A Wog
13:Bitching
14:Dead Ringer
15:Daggenham Dave
16:Bring On The Nubles
17:Something Better Change
18:No More Heroes
CD 2:
01:Peasant In The Big Shitty
02:Burning Up Time
03:English Towns
04:School Man
05:Straighten Out (Single B-Side)
06:5 Minutes
07:Rok It To The Moon
08:Tank
09:Nice 'n' Sleazy
10:Outside Tokyo
11:Sweden (All Quiet On The Eastern Front)
12:Hey! (Rise Of The Robots)
13:Toiler On The Sea
14:Curfew
15:Threatened
16:In The Shadows
17:Do You Wanna
18:Death And Night And Blood (Yukio)
19:Enough Time
20:Shut Up (Single B-Side)
21:Walk On By
22:Mean To Me (Rare Free Single)
23:Old Codger (Single B-Side)
CD 3:
01:Longships
02:The Raven
03:Dead Loss Angeles
04:Ice
05:Baroque Bordello
06:Nuclear Device (The Wizard Of Aus)
07:Shah Shah A Go Go
08:Don't Bring Harry
09:Duchess
10:The Meninblack (Waiting For 'Em) (Instrumental)
11:Genetix
12:Fools Rush Out (Single B-Side)
13:Yellowcake (Single B-Side)
14:Vietnamerica (Single B-Side)
15:Bear Cage
16:Who Wants The World (Single A-Side)
17:Waltzinblack
18:Just Like Nothing On Earth
19:Seond Coming
20:Waiting For The Meninblack
21:Turn The Centuries Turn
CD 4:
01:Two Sunspots
02:Four Horsemen
03:Thrown Away
04:Manna Machine
05:Hallow To Your Men
06:Top Secret (Single B-Side)
07:Man In White (Single B-Side)
08:Non Stop
09:Everybody Loves You When You're Dead
10:Tramp
11:Let Me Introduce You To The Family
12:And Nothin' To It
13:The Man They Love To Hate
14:Pin Up
15:It Only Takes Two To Tango
16:Golden Brown
17:How To Find True Love And Happiness In The Present Day
18:La Folie
19:Love 30 (Single B-Side)
20:Strange Little Girl (Single A-Side)
21:Cruel Garden (Single B-Side)
CD 5 - Rarities:
01:Peaches (Radio Edit)
02:Mony Mony
03:Mean To Me
04:No More Heroes (Radio Edit)
05:Walk On By (Radio Edit)
06:Sverige
07:N'Emmenes Pas Harry
08:Bear Cage (12" Extended Mix)
09:Shah Shah A Go Go (12" Version)
10:The Meninblack (Waiting For 'Em)
11:La Folie (Radio Edit)
12:Peasant In The Big Shitty (Live At The Nashville, 1976)
13:Tits (Live At The Hope And Anchor)
14:In The Shadows (Live At The Hope And Anchor) (Edit)
15:(Get A) Grip (On Yourself) (Grip '89 Remix)
 
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