Taras Bulba / The Best Of Now & Zen
The Best Of Now & Zen Spielzeit: 73:50
Medium: CD
Label: Sireena, 2009
Stil: Diverse

Review vom 01.03.2009


Ulli Heiser
Wie das Leben manchmal spielt...
Da sitze ich am Review einer Band namens Taras Bul'Ba und nachdem der Postbote zweimal geklingelt hatte, liegt ein neues Album auf meinem Tisch. "The Best Of Now & Zen" heißt das Teil und über dem Plattentitel prangt der Bandname: Taras Bulba.
Genau: Der Apostroph, oder besser, das Nichtvorhandsein desselbigen. Ein kleiner Strich nur und doch trennt er Welten. Ist er gesetzt, bedeutet das schwere Kost in italienischem Gewand, fehlt er, geht es um die deutsche Rockszene. Ja, um zwei Urgesteine der deutschen Rocklandschaft. Tom Redecker aka The Perc (siehe auch The Perc Meets The Hidden Gentleman), Kopf der
Electric Family und Chef von Shack Media sowie Volker Kahrs († 20.07.2008) aka Mist aka Robin Carrs aka Yomano, der RockTimes-Lesern als Ex-Grobschnitt-Mitglied (Mist) bekannt sein dürfte.
Tom und Kurt Mitzkatis (German Rock e.V.) haben informative Texte im Booklet geschrieben, derer ich mich in diesem Absatz gerne bediene, um meiner Informationspflicht nachzukommen. Ich unterstelle einfach, dass es vielen wohl so geht wie mir und damit über Taras Bulba nicht viel wissen.
Im Jahr 1993 traf man sich zu gemeinsamen Aufnahmen und die beiden Musiker hatten sofort einen Draht zueinander. Der Name Taras Bulba , den die beiden für ihr gemeinsames Projekt wählten, war Tom bereits 1987 zu Diensten, als er unter selbigem für ein Filmprojekt komponierte. Taras Bulba ist übrigens eine literarischen Figur in einer Novelle von Nikolai Gogol. Die beiden machten, neben ihren eigenen Projekten, u.a. Musik für Rollenspiele und stellten von 1993 bis 2004 folgende Diskografie auf die Beine:

1993  "Sketches Of Babel"
1995  "Peyote Moon"
1995  "Basta Cosi"
1997  "Shiva Diva"
2004  "Von der Wahrheit"

Da jeder der Zweien neben Taras Bulba genug eigene Arbeit hatte, beschloss man, ein weiteres Album zu verschieben. Durch Volkers überraschenden Tod 2008 ist vorliegende Zusammenstellung »Vermächtnis und Werkschau zugleich!«.
Exotische Entspannungsrhythmen in relaxtem Umfeld standen den beiden ersten Stücken wohl im Pflichtenheft. Keine Berieselung wohlgemerkt, denn besonders "Arezon" überzeugt durch treibende Percussion, während "A New Day's Coronation" in 'Breitwand' für Atmosphäre sorgt. "Flipper Mon Amour" lässt die Seele in einem Meer aus Wohlklängen schweben und dann kommt sie auch schon: die "Moonblood Suite".
Klassisch angehaucht der erste Teil, "The Time Has Come", mit einer Melodie, die einfach inne halten lässt; egal, mit was man gerade beschäftigt ist. Dancefloor-like schließt sich "Pierres Sacradess (Holy Stone)" nahtlos an und groovt sich gekonnt durch die Minuten. Lea Sabys Gesang in französischer Sprache sorgt dafür, dass die Nummer gleichzeitig frankophile laissez-faire-Leichtigkeit sowie schweißtreibendes Tanzboden-Grooven verströmt. Die Teile drei und vier sind wieder bestens geeignet, die Augen zu schließen und zu lauschen, was da kommt. Kommen tut unter anderem Tom am Mikro und wer sich auf diese Stimme eingepegelt hat, weiß, dass sogar das Vortragen einer Steuererklärung zum Genuss werden kann, wenn sie von The Perc vorgelesen wird.
"Shiva Diva", mit fast zehn Minuten längstes Stück des Albums, ist mit seiner hypnotischen Wirkung eine Hammernummer. Einmal angespielt, überrollt der Rhythmus das Gehirn und lässt die Alltagssorgen verblassen. Elektronische Einsprengsel sind im Prinzip die einzige Abwechslung und wenn bei anderer Gelegenheit Breaks und Stilwechsel für Abwechslung sorgen (müssen?), schafft "Shiva Diva" alleine durch den repitativen Grundrhythmus eine Stimmung zu erzeugen, die man therapeutisch einsetzen könnte. Leider sind auch zehn Minuten irgendwann vorbei und fast ist es so, als fehle plötzlich 'was'.
"A Thimblefull Of What" schließt die entstandene Leere, verbreitet aber auch sofort eine weitere, denn die Nummer kratzt ob ihrer in Noten gesetzten 'Traurigkeit' stark an des Hörers Psyche. Jungs, für Teile eures Outputs bräuchtet ihr eigentlich einen Waffenschein oder die Zulassung als Hypnotiseure - so kann diese Musik wirken, wenn man sich ihr hingibt. Fast schon Erholung ist da der Trance-, Dance-Track "Shiva Talks To Brahma". Aber auch da dieser unterschwellige Angriff auf den Hörer, so als ob man ihn zwingen will, die Strobs anzuschalten und sich zuckend dem Rhythmus hinzugeben. Passende Lautstärke vorausgesetzt, ist es auch ein highfideler Genuss, die Synthiesequenzen mal links, dann rechts aus den Lautsprechern zu vernehmen.
Die Steigerung der bisher verarbeiteten Gefühle und Stimmungen hat einen Namen: "My Mind Was Still Here". Versuche, den Titel zu interpretieren, bzw. darüber zu sinnieren, was er alles bedeuten kann und das gleichzeitige Hören der Klangwelten ist wie eine Reise ins eigene Ich - und je nach Gemütszustand, kann die Wirkung sehr unterschiedlich sein. Respekt meine Herren, wie sie es anscheinend spielend schaffen, dem Konsumenten weit mehr als bloße Umsetzung von auf Papier geschriebenen Zeichen zu schenken.
"Flying Gringos" und "Basta Cosi" sind zur Abwechslung Entspannungsnummern ohne Nebenwirkungen und können 'gefahrlos' genossen werden. Toms Stimme verwöhnt in "Span Holovand", einem ruhigen, getragene Song und steht damit im Gegensatz zum letzen regulären Stück: "San Ma Riene" kokettiert wieder mit einem Hauch Exotik und grooviger Percussion. Als Bonustrack gibt es die Ton Steine Scherben-Nummer "Ardistan". Scherben-Gitarrist Dirk Schlömer hatte ja 1999 das Projekt Zeitreiser ins Leben gerufen und dieses Stück von verschiedenen Künstlern in ebenso vielen Variationen aufgenommen. Taras Bulba waren einige der wenigen Bands, die ihre jeweilige Interpretationen nicht zu Rios Stimme 'addierten', sondern den Titel komplett neu einspielten.
Mit "The Best Of Now & Zen" gibt es einen hervorragende Überblick über das Schaffen zweier begnadeter Musiker. The Perk- und Grobschnitt-Fans müssen die Scheibe sicher haben. Aber auch sonst kann ich nur eine dicke Empfehlung aussprechen: Selbst ohne etwas von den beiden Musikern zu kennen, kann diese CD mehr, als 'nur' Musik erklingen lassen. Sie kann helfen, die eigene Seele zu erkunden, taugt zum Entspannen, Abtauchen, Abheben... sie macht einfach Spaß und man sollte sich von diesem Klangkosmos bedingungslos tragen lassen. Wohin auch immer.
Line-up:
Volke Kahrs & Tom Redecker (all instruments)
Angela Giampietro (voice - #2,13)
Lea Saby (voice - #5)
Tom Redecker (voice - #5,7,14,16)
Tracklist
01:A New Day's Coronation (3:35)
02:Arezu (4:26)
03:Flipper Mon Amour (1:57)
The Moonblood Suite
04:Part One - The Time Has Come (1:36)
05:Part Two - Pierres Sacrades [Holy Stones] (4:48)
06:Part Three - Mother Earth (1:07)
07:Part Four - Dance Of The Fisherman's Wife )5:09)
08:Shiva Diva (9:58)
09:A Timbleful Of What (6:21)
10:Shiva Talks To Brahma (5:23)
11:My Mind Was Still There (6:03)
12:Flying Gringos (4:42)
13:Basta Cosi (3:47)
14:Span Holovand (4:19)
15:San Ma Riene (6:27)
Bonus:
16:Ardistan (4:27)
Externe Links: