Tarja, 19.10.2013, Huxley's Neue Welt, Berlin
Huxley's Tarja
Huxley's Neue Welt Berlin
19. Oktober 2013
Konzertbericht
Stil: Symphonic Rock


Artikel vom 27.10.2013


Holger Ott
Tarja Turunen kann man in Berlin schon fast als Dauergast bezeichnen. Wie die Fans in Huxley's Neuer Welt feststellen können, wird ihr Deutsch auch immer besser. Als sie sich bemüht einige Ansagen in unserer Sprache zu machen, hört sich das bereits sehr fortgeschritten an. Tarja winkt mit der neuen CD "Colours In The Dark" und von Liebhabern des symphonischen Rock, über Gothic bis zum Heavy Metal, strömen Jung und Alt in diese ehrwürdige Halle, die kein besseres Ambiente für diese Ausnahmesängerin bieten könnte.
Während ihrer ausgedehnten Europa-Tour 'Colours In The Road 2013' wird sie von verschiedenen Support-Bands begleitet. In Deutschland haben die Italiener Scala Mercalli die Ehre. Seit zwanzig Jahren gibt es dieses Quintett bereits, dessen Name vom italienischen Vulkanologen Giuseppe Mercalli (1850 - 1914) entliehen ist, der 1902 eine Skala zur Messung von Erdbebenstärken entwickelte.
Wie ein ausbrechender Vulkan klingt dann auch ihre Musik auf der Bühne. Ihre dreißig Minuten sind ausschließlich von Power Metal geprägt, was für meine Begriffe etwas zu heftig ist, um die Einleitung für die drei Oktaven-Sängerin Tarja zu gestalten. Auch das Publikum bleibt sehr verhalten, während sich Sänger Christian ständig bemüht, die Menge anzufeuern. Deutlich mehr ins Auge fällt ihre Bassistin Giusy, die sich zwar hinter einem überdimensionalen Sechssaiter versteckt, aber stets versucht, ihre Bandmitglieder nach vorne zu treiben. Dennoch erntet die Band leider lediglich einen Pflichtapplaus, während aus den Gesichtern der Menschen um mich herum die Langeweile spricht. Für mich keine glückliche Wahl als Support.
Der Wermutstropfen in der Show der Ex-Nightwish-Sängerin ist die Kürze des Programmes. Siebzig Minuten plus drei kurze Zugaben sind einfach zu wenig im Verhältnis zu dem, was Tarja zu bieten hat und was mit Sicherheit vom Publikum erwartet wird. So verwundert es mich nicht, dass die Mehrheit im Saal am Ende so lange verweilt, bis endgültig abzusehen ist, dass auf der Bühne nichts mehr passieren wird.
Schade, denn Tarja und ihre hervorragende Band liefern eine sehr emotionale und mitreißende Show. Oft in dunkles Licht getaucht, singt sie mystische Geschichten von Fabelwesen, philosophiert über Leben und Tod, Engel und Teufel sowie in einem ihrer größten Hits, "500 Letters", auch über Stalking. Vom ersten Ton an sind die Fans begeistert, werden von ihrer Ausstrahlung und außergewöhnlichen Stimme mitgerissen. Tarja hat ihre Fans im Griff und holt alles aus ihnen heraus. Zeitweise bebt der Boden im Saal, als die Menge im Takt springt, um dem alten Gemäuer wieder Leben einzuhauchen.
Tarja ist auch stets bemüht, die angemessene Kleidung zu ihren Songs zu tragen. In geschickt eingeflochtenen Gesangspausen, in denen ihre Musiker zu ihren Soli kommen, zieht sie sich passend um, um dafür immer wieder frenetischen Applaus zu ernten.
Ihre Tourband begeistert ebenfalls durch dezente und sehr schöne einzelne Einlagen. Etwas schwach zu hören ist dabei Cellist Max Lilja, der zwar auf einem Podest hervorgehoben wird, dessen Spiel allerdings aufgrund der etwas schlechten Akustik oft untergeht. Vorzeige-Drummer und Poser vor dem Herrn Mike Terrana gibt - wie so oft - einige Darbietungen seiner Stick-Tricks zum Besten, verhält sich aber auch eher ungewöhnlich zurückhaltend. Am Bass spielt dieses Mal eine Gastmusikerin. Ich kann mir nicht helfen, sie schaut wie eine Zwillingsschwester von Giusy von der Vorband Scala Mercalli aus und agiert auch ähnlich. Leider verstehe ich bei ihrer Vorstellung den Namen nicht, was sie aber spielt, ist ebenfalls sehr solide.
Tarja singt sich auch in diesem Jahr, trotz ihrer harten Gangart, tief in die Herzen der Fans. Ihre Stimme fasziniert mit unglaublichem Volumen in jeder Tonlage. Sie zu beobachten und ihr zu lauschen, ist eine Augen- und Ohrenweide. Kein Song vergeht, ohne dass sie von theatralisch in sich gekehrt, bis hin zu totalen Powerausbrüchen ihre volle künstlerische Bandbreite präsentiert. Immer dabei bedacht, den Blickkontakt zu den Fans zu suchen, ihnen zuzuwinken und Handküsschen zu verteilen. Tarja hat erneut gezeigt, dass sie zu den ganz Großen im Geschäft zählt. Sie ist eine besondere Entertainerin, die es wieder geschafft hat (trotz zu kurzem Konzert), eine herausragende Leistung zu absolvieren. Eine große Künstlerin, die auch stets für eine Überraschung gut ist - so tauchte sie ja zuletzt als Gastmusikerin bei Within Temptation auf. Und wer weiß, vielleicht steigt sie dort ja auch demnächst als zweite feste Sängerin ein - das wäre doch mal ein Gerücht, oder?
Wir danken Fabian Schreyer von Hammerl-Production für die Akkreditierung, sowie Trinity-Music für die gute Zusammenarbeit vor Ort.
Line-up Tarja:
Tarja Turunen(vocals)
Alex Scholpp (guitar)
??? (bass)
Mike Terrana(drums)
Christian Kretsch (keyboards)
Max Lilja (cello)
Line-up Scala Mercalli:
Christian (vocals)
Giusy (bass)
Luca (guitar)
Clemente (guitar)
Sergio (drums)
Setlist Tarja:
01:Deliverance (Intro)
02:In For A Kill
03:500 Letters
04:Sing For Me
05:Falling Awake
06:I Walk Alone
07:Anteroom Of Death
08:Never Enough
09:Until Silence
10:Die Alive
11:Mystique Voyage
12:Neverlight
13:Medusa

Encore:
01:Victim Of Ritual
02:Wish I Had An Angel
03:Until My Last Breath
Externe Links: