Ten Years After / Watt
Watt Spielzeit: 38:29
Medium: CD
Label: Chrysalis / Capitol Music / EMI, 2008 (1971)
Stil: Classic Rock


Review vom 05.08.2008


Jürgen Bauerochse
Nachdem sich das aktuelle Line-up von Years After mehr als drei Jahren fast ununterbrochen auf Tour befindet und dabei ihren jungen, neuen Frontmann Joe Gooch so richtig in Szene setzt, wird nun auch der Backkatalog wieder für alle Fans neu aufgelegt, der die Band auf dem Höhepunkt ihrer Karriere zeigt.
Jetzt liegt mir das Album "Watt" aus dem Jahr 1971 vor. Diese Scheibe, insgesamt die Sechste der Mannen um Alvin Lee, stand seinerzeit etwas im Schatten seiner Vorgänger "Ssssh" (1969) und "Cricklewood Green" (1970) mit solchen Knallern wie "Love Like A Man", "Two Times Mama" und "I Woke Up This Morning", sowie der starken Live-Platte "Undead" (1968), auf der sich die spätere Woodstock-Hymne "I'm Going Home" befindet, zeigte aber trotzdem die ganze Klasse der Engländer zu dieser Zeit.
So war es keine Überraschung, dass auch "Watt" in die Top Ten der internationalen Charts einzog, obwohl Ten Years After eigentlich als typische Live-Band bezeichnet wurde. Doch gerade auf dieser Scheibe zeigt die Gruppe ganz deutlich, dass sie nicht nur erbarmungslose Abgehnummern bringen konnte, sondern durchaus vielfältiger zu Werke geht.
So weist der Opener "I'm Coming On" nicht nur vom Namen her sehr viel Ähnlichkeit mit dem größten Erfolg der Band auf, sondern bewegt sich auch musikalisch auf der gleichen Wellenlänge. Es kracht heftig im Gebälk, wobei Lees Gitarre optimal von einem schweren Orgelteppich unterstützt wird. Genau so kennt und liebt man Ten Years After. Alvin lässt die Finger über die Saiten fliegen. So darf es weitergehen!
Tut es aber nicht, denn "My Baby Left Me" beginnt wesentlich ruhiger, steigert sich aber mit zunehmender Spieldauer. Und es wird noch gefühlvoller. "Think About The Time" kann man schon fast als Ballade ansehen. Ungewohnt, aber gut anzuhören wie sich die Jungs tempomäßig zurücknehmen. Klasse Song und bereits der dritte Anspieltipp.
Mit "I Say Yeah" schließt sich ein flotter Boogie mit intensiver Piano-Begleitung an, bei dem Alvin Lee sein Instrument extrem verzerrt aufheulen lässt und auch die Wah-Wah Effekte nicht zu kurz kommen.
Und dann folgt ein kurzer Ausflug in die Welt des Wilden Westens. Das Instrumental "A Band With No Name" versetzt den Hörer in die verrauchten Saloons, in denen John Wayne für Ordnung sorgt, oder auch den nächsten Überfall auf die großen Viehherden plant.
"Gonna Run" ist dann der für Ten Years After schon fast typische Ausflug in Jazz-Gefilde, wobei Alvin Lee seinem Namen als 'Flitzefinger' mal wieder alle Ehre macht und auch Chick Churchills Piano zu gefallen weiß.
Auch der mit über sieben Minuten Spielzeit längste Song des Albums ist nicht gerade Ten Years After-Like. Mit "She Lies In The Morning" versetzt uns die Band in schönster West Coast-Manier nach Kalifornien. Diesen Song hätte ich so auch nicht unbedingt erwartet, aber auch das beherrschen die vier Engländer.
Mit der Live-Version von Chuck Berrys "Sweet Little Sixteen", mitgeschnitten beim Isle Of Wight-Festival 1970, endet dieser Silberling und zeigt noch einmal die Qualitäten der Band auf der Bühne, obwohl dieses Stück sicherlich nicht zu den stärksten Versionen der Gruppe gehört.
Basierend auf der ersten Digitalisierung aus dem Jahr 2004 wurde "Watt", das jahrelang nur als teurer Japan-Import erhältlich war, leider ohne jegliche Bonus-Tracks neu aufgelegt. Trotzdem handelt es sich um ein sehr gutes und vielseitiges Album von einer starken Band, die bis heute für klasse Rockmusik steht.
Line-up:
Alvin Lee (guitars, vocals)
Chick Churchill (keyboards)
Leo Lyons (bass)
Ric Lee (drums)
Tracklist
01:I'm Coming On
02:My Baby Left Me
03:Think About The Times
04:I Say Yeah
05:The Band With No Name
06:Gonna Run
07:She Lies In The Morning
08:Sweet Little Sixteen
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