Vendetta / Go And Live...Stay And Die / Brain Damage
Go And Live...Stay And Die / Brain Damage Spielzeit: Go And Live: 45:50, Brain Damage: 41:56
Medium: CD
Label: Metal Axe Records, 2007 (1987, 1988)
Stil: Thrash Metal


Review vom 13.08.2007


Stefan Gebauer
Die aus Schweinfurt stammenden Vendetta gehörten in den Achtzigern zu den einzigartigsten, originellsten und innovativsten, zugleich aber auch am meisten unterbewerteten Thrash Metal Bands überhaupt. Sie selbst nannten ihre Musik F.A.S.T. Metal, was als Abkürzung für Fun, Avangarde, Speed and Thrash stand, um von vornherein klar zu machen, dass sie in keines der üblichen Metal Klischees passten, und auch gar nicht passen wollten.
Musikalisch und textlich bewegten sie sich fernab des typischen 'Hau drauf'-Thrash Metals, den ein Großteil der damaligen deutschen Konkurrenz spielte und gehörten zu den Lieblingen der schreibenden Zunft, die sie ausnahmslos mit überschwänglichen Kritiken überhäuften und sie gern als die 'deutschen Metallica' bezeichneten. Leider nützte ihnen die Unterstützung der Presse recht wenig, da sie vom überwiegenden Teil der Thrash Fans, der mehr auf simples Geprügel (was ich nebenbei gesagt auch gern höre) stand und Vendetta einfach ignorierte. Ein Schicksal, das sie mit ähnlich anspruchsvollen deutschen Formationen wie den Würzburgern Paradox und den Siegerländern Accu§er oder auch unzähligen amerikanischen Acts teilten.
So kamen Vendetta bedauerlicherweise nie über einen Achtungserfolg hinaus und lösten sich nach ihrem zweiten Album "Brain Damage" frustriert auf. Andere Stimmen behaupten auch, dass sie wegen zu geringer Verkaufszahlen von ihrem Label Noise Records gedropt wurden.
Vor einigen Jahren tauchten die Franken überraschenderweise in verändertem Line-up wieder aus der Versenkung auf und bringen dieser Tage ihre neue CD "Hate" auf den Markt. Zugleich veröffentlicht Vendettas neue Plattenfirma Metal Axe Records noch einmal die ersten beiden Scheiben "Go And Live… Stay And Die" (1987) und "Brain Damage" (1988). Eine lobenswerte Aktion wie ich finde, denn zum einen kamen beide Alben seinerzeit nur in sehr geringer Auflage im CD-Format heraus, weshalb sie heute sehr teuer gehandelt werden, und zum anderen ist es eine gute Gelegenheit, sie dem jüngeren Publikum näher zu bringen.
Nicht umsonst schlug das Debüt "Go And Live…Stay And Die" 1987 (zumindest im Blätterwald) ein wie eine Bombe. Noch nie zuvor hatte man aus deutschen Landen eine dermaßen anspruchsvolle Speed/Thrash-Platte gehört. Das Material bewegte sich auf außergewöhnlich hohem spielerischen und songschreiberischen Niveau. Stücke wie "Suicidal Lunacy", "Traitor's Fate", "Revolution Command" oder der Titelsong strotzten nur so vor Breaks, Rhythmus- und Tempowechseln und technischen Kabinettstückchen. Aus der Anzahl von Riffs, die Vendetta in einen einzigen Song einbauten, hätten andere Combos ein ganzes Album komponiert, sodass nicht selten Spielzeiten herauskamen, die zwischen sechs und acht Minuten lagen und der Vergleich mit Metallica gar nicht mal so ungerechtfertigt erscheint.
Auf der anderen Seite war das Quartett durchaus in der Lage auch eher einfache und direkte Nackenbrecher zu schreiben, wie das knapp anderthalb Minuten lange "Drugs And Corruption" (mit einem witzigen "Ein Männlein steht im Walde"-Intro) und das geile "On The Road" beweisen. Letzterer ist immer noch das absolute Highlight jedes Live Gigs.
Neben der großartigen Musik zeichneten sich Vendetta auch noch durch ihre intelligenten, sozialkritischen Texte aus, die damals wie heute aktuelle Themen wie Ausländerfeindlichkeit, Drogenmissbrauch oder sinnlose Kriege (zugegebenermaßen keine neuen Ideen) behandelten. Einzig der etwas durchschnittliche aber durchaus passende Gesang, den sich die beiden Gitarristen Daxx und Micky teilen, konnte nicht ganz den hohen Standard der Kompositionen halten. Aber wirklich gute Sänger waren ja in Deutschland von jeher Mangelware, sodass hier wie so oft aus der Not eine Tugend gemacht wurde. Dieser kleine Makel (wenn man überhaupt von einem solchen sprechen kann) ändert trotzdem nichts daran, das "Go And Live…Stay And Die" einee der besten und beeindruckendsten deutschen Metal-Scheiben geworden ist.
Nur ein Jahr nach dem Debüt erschien bereits Vendettas zweites Werk "Brain Damage". In dieser kurzen Zeit war es den 'vier Buben aus Bayern', wie sie sich mal selbst in einem damaligen Interview des "Heavy Metal Specials" auf NDR 2 bezeichneten (ok, ok, Norbert, ich weiß, dass Schweinfurt in Franken liegt) gelungen, sich in jeder Hinsicht zu steigern. Als Komponisten hatten sie einen hörbaren Schritt nach vorne gemacht, sodass ein Teil der neuen Titel noch komplizierter und vertrackter daher kam und fast schon progressiv klang. Zudem wurde auch noch mehr auf eingängige Melodien und Gitarren-Harmonien gesetzt, wodurch streckenweise das Tempo etwas zurückgeschraubt wurde.
Bei "Precious Existence" wurden beispielsweise sogar balladeske Töne angeschlagen. In dem siebenminütigen Instrumental, bei dem vom klassischen Bass-Intro mit einem Zitat aus Beethovens Ode: "An die Freude", über jazzige Rhythmen bis hin zum aggressivem, rasend schnellen Thrash Riffing alles vertreten war, bewiesen die Vier auch, dass sie sich als Musiker weiter entwickelt hatten und zogen alle Register ihres Könnens.
Mit "Never Die" und dem abschließenden "Metal Law" waren auch wieder einige straighte Kracher enthalten, die zwischen den sonst sehr komplexe Nummern für etwas Auflockerung sorgten.
Insgesamt klang "Brain Damage" etwas ausgereifter und facettenreicher, als der ebenfalls geniale Vorgänger, weswegen sicher so mancher Metaller, der nur einfache Kost gewohnt war, seine Probleme mit Vendetta hatte. Es ist wirklich bedauerlich und ungerecht, dass diese Formation, die für mich zu den Besten gehört, die dieses Land je hervorgebracht hat, nie die Aufmerksamkeit bekam, die sie eigentlich verdient hätte.
Ich kann Metal Axe Records nur meinen Dank und meine Anerkennung dafür aussprechen, dass sie diese Perlen deutscher Metal-Geschichte noch einmal herausgebracht haben. Und jedem Freund von anspruchsvollem technikorientiertem Thrash Metal, der Vendetta bisher noch nicht kannte, möchte ich ans Herz legen, sich diese beiden toll aufgemachten Re-Releases in die Sammlung zu stellen. Ihr werdet begeistert sein!
Line-up:
Daxx (guitar, vocals)
Micky (guitar, vocals)
Heiner (bass)
Samson (drums)
Tracklist
Go And Live...Stay And Die:
01:Suicidal Lunancy
02:Go And Live…Stay And Die
03:Traitor's Fate
04:System Of Death
05:Drugs And Corruption
06:Revolution Command
07:On The Road
08:And The Brave Man Fails
09:Brain Damage (Live)
Brain Damage:
01:War
02:Brain Damage
03:Conversation
04:Precious Existence
05:Never Die
06:Love Song
07:Fade To Insanity
08:Dominance Of Violence
09:Metal Law
10:War (Live)
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