Ron Wood / I've Got My Own Album To Do
I've Got My Own Album to do Spielzeit: 47:38
Medium: CD
Label: Warner Brothers Records, 2002 (1974)
Stil: Rock


Review vom 04.12.2009


Markus Kerren
Spätestens ab dem Jahr 1971 und dem Solo-Nummer-1-Hit "Maggie Mae" ihres Frontmannes
Rod Stewart litt die Karriere der Faces doch ganz erheblich unter der Unlust von 'Rod The Mod', sich zu für eine Band so überlebenswichtigen Dingen wie Aufnahmen von neuen Songs, bzw. Alben hinreißen zu lassen. Die Standard-Ausrede Stewarts war dann immer »I've got my own album to do!!« ('Ich muss erstmal mein eigenes Album aufnehmen!', was natürlich im Band-Lager zu großem Verdruss führte. 1974, während einer weiteren, längeren Faces-Pause machte sich schließlich auch der Gitarrist Ronald Wood (aka Ron, Ronnie, Woody, 'Good Looking' oder 'Honest Ron' genannt) daran, seinen ersten Alleingang aufzunehmen. Eingespielt wurden die elf Tracks im hauseigenen Studio mit (selbstverständlich) eingebauter Bar, nur für den Fall, dass der ein oder andere Musiker mal Gefahr laufen sollte, zu dehydrieren.
Da Keith Richards zu dieser Zeit einige Monate bei Ronnie wohnte und sich die beiden ganz dick angefreundet hatten, ließ es sich der Original-Stone natürlich nicht nehmen, bei den Aufnahmen tatkräftige Unterstützung zu leisten und sogar auch zwei eigene Songs (bei den Credits als Jagger/Richards aufgeführt - Abmachung ist schliesslich Abmachung) beizusteuern. Aber auch Mick Jagger hatte seine Finger im Spiel. Nur wenige Wochen zuvor hatte er mit Wood gejammt und daraus waren die beiden Tracks "It's Only Rock'n'Roll" und "I Can Feel The Fire" entstanden. Den danach von Jagger vorgeschlagenen Deal, dass er den erstgenannten Song für die Stones behält (in den Credits dann als Jagger/Richards aufgeführt - Abmachung ist schließlich Abmachung!!) und Ronnie könne "I Can Feel The Fire" behalten, nahm der Faces-Gitarrist damals gerne und dankend an.
Und mit dieser saftigen Rocknummer startet das Solo-Debüt von Mister Wood dann auch. Wir dürfen uns über ein fettes Gitarren-Riff und die hoch ambitionierten - bereits langjährig mit Whiskey und Nikotin 'behandelten' - Vocals von Ronnie erfreuen, der im Background kräftig von Herrn Jagger himself unterstützt wird. Krachende, räudige Rockmusik, wie sie vom Sound und der Machart wohl nur in den Siebzigern entstehen konnte und die heute nach wie vor aus gutem Grund so hochgeschätzt ist. "Far East Man" ist eine Co-Komposition von Wood mit George Harrison. Man kannte und mochte sich halt einfach in der damaligen Londoner Musik-Szene. Wesentlich relaxter geht es hier zu, dafür aber mit tollen Melodien und viel Gefühl ausgestattet. Und wie es der Titel vermuten lässt, hat die Nummer auch ein gewisses fernöstliches Esprit.
Auch "Mystifies Me" steht im Zusammenhang mit dem Ex-Beatle Harrison, ist das Stück doch seiner Gattin Pattie Boyd gewidmet, ebenso wie "Breathe On Me", ein Song auf seinem ein Jahr später folgenden Solo-Album. Diese Lady hatte damals also nicht nur die Hormone eines Beatle und außerdem Eric Clapton (der den Track "Layla" für Pattie komponierte und sie Jahre später auch heiratete) in Schwingungen gebracht, sondern noch wesentlich weiter greifenden Eindruck hinterlassen. Ein toller und einfühlsamer Titel, der ganz nebenbei auch noch erkennen lässt, dass Ronnie ein durchaus guter Songwriter ist. Bei dem wieder deutlich rockigeren "Take A Look At The Guy" heißt es dann 'Vorhang auf für Rod Stewart', der hier zwar weit im Hintergrund agiert, natürlich aber unüberhörbar, bzw. unverkennbar ist.
"Act Together" ist die erste Keith Richards-Nummer und ein absolutes Highlight des Albums. 'Honest Ron' singt hier für seine Verhältnisse überdurchschnittlich gut, Keith spielt ein beseeltes Piano und singt diese himmlisch-kaputten Background Vocals zu einem sehr starken, eher im Midtempo/Balladen-Bereich vorgetragenen Song. Für "Am I Groovin' You" ist Sir Jagger zurück, um ein bisschen gesangliche Unterstützung zu gewähren, während sich die Band die Seele aus dem Leib groovt. Vor allem auch Dank eines wie immer großartigen Willie Weeks am Bass, der die Magenwände hier schon ganz alleine in Schwingungen versetzt.
Nicht ganz den gesetzten Standard halten kann "Shirley", das allerdings immer noch als akzeptabler Track durchgeht. Der folgende Rocker "Cancel Everything" macht dann aber wieder jede Menge an Boden gut, vor allem vom Songwriting her. Einmal mehr, aber bei weitem nicht nur hier werden wir von klasse Vocals der Background-Ladies Doreen und Irene Chanter verwöhnt. Und der gute Keith frönt mit dem zweiten von ihm beigesteuerten - und dieses mal auch selbst gesungenen - Track "Sure The One You Need" wieder seiner Chuck Berry-Obsession, was selbstredend in einen weiteren schmutzigen Rocker mündet, der zwar sicherlich nicht weltbewegend ist, aber einmal mehr ein breites Grinsen ins Gesicht eines jeden Rockfans zaubert, der seine Musik etwas rauer und kantiger mag.
Mit "If You Make A Fool Of Somebody" wird schließlich auf die Zielgerade eingebogen und bei dieser flotten Nummer ist Rod Stewart noch einmal kräftig mit am Start. Bei der Entstehung des Rausschmeißers "Crotch Music" entschied Keith Richards dann für sich, dass er seine Aufgabe erfüllt hatte und zog sich an die Bar zurück, überließ somit dieses funkige Instrumental-Stück lieber anderen. Ganz groß ins Bewusstsein des Zuhörers spielt sich hier einmal mehr Willie Weeks am Viersaiter, aber auch die Gitarren von Ron Wood und Kollege(n) liefern einen Hammer-Job ab.
Die einzige Promotion für dieses Album waren damals zwei Konzerte in London, bei denen auch (fast) alle an der Platte beteiligten Musiker (minus Mick Jagger) anwesend waren, die als Dokument heute in CD/DVD-Edition unter dem Namen The First Barbarians - "Live From Kilburn" erhältlich ist. Ach ja, wie das hier besprochene Album seinen Namen erhielt, zeigt einmal mehr Woody's herrlich britischen Humor und war ein Gruß in Richtung Stewart der eben diese Ausrede immer gern benutzte, wenn er keine Lust auf terminlich angesetzte Arbeit hatte. Eine weitere Anekdote zu diesem Album ist die legendäre Kritik des damaligen deutschen Magazins 'Sounds', das die Scheibe nach Erscheinen in seiner Kritik mit dem Einzeiler (bezogen auf den Titel) »Wer hat dir denn den Scheiß erzählt, Ronnie??« abhandelte… so köstlich wie unqualifiziert!!
Wer die Rolling Stones, The Faces und rauen Rock aus den Siebzigern im Allgemeinen mag, der wird auch mit diesem Album eine Heidenfreude haben. Und ist es denn ein Wunder, dass bei einer rund um die Uhr offenen Bar und weiteren hochkarätigen Gästen wie etwa Mick Taylor, Jean Roussel, Andy Newmark oder Micky Waller nur Gutes herauskommen kann?
Line-up:
Ronnie Wood (lead vocals, guitars, bass)
Keith Richards (guitars, piano, background vocals, lead vocals - #8)
Ian MacLagan (keyboards)
Willie Weeks (bass)
Andy Newmark (drums)

Guests:
Mick Jagger (vocals - #1,6)
Rod Stewart (vocals - #10)
Micky Waller (drums)
Jean Roussel (keyboards)
Mick Taylor (guitars)
Martin Quittenton (guitars)
Doreen Chanter (background vocals)
Irene Chanter (background vocals)
Tracklist
01:I Can Feel The Fire
02:Far East Man
03:Mystifies Me
04:Take A Look At The Guy
05:Act Together
06:Am I Groovin' You
07:Shirley
08:Cancel Everything
09:Sure The One You Need
10:If You Gotta Make A Fool Of Somebody
11:Crotch Music
Externe Links: