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Waiting For Louise / Musings In Stereo – CD-Review

Waiting For Louise / Musings In Stereo – CD-Review

Waiting For Louise, diese Band vom unteren rechten Niederrhein ist so etwas wie eine feste Konstante im Plattenregal des Rezensenten. Vor nunmehr siebzehn Jahren ging das los mit der Demo From 6 To 5. Es folgten weitere fünf Platten, deren jüngste die 2017 erschienen EP Waiting For Louise ist, bzw. war, denn "Musings In Stereo", der neueste und siebte Output liegt nun vor mir.

Die Ursprünge der Band reichen bis ins Jahr 1992, denn da waren Detlef Goch und Michael Mann als akustisches Duo unterwegs. Diese Wurzeln finden sich in allen Werken der W4L-Historie. Zwar gibt es auch elektrische Instrumente, aber die Konzentration auf Steckdosenmusik ist kein Hauptaugenmerk der Musiker. Vielmehr ist es so, wie die Band selbst sagt: »Halbakustische Musik im Spannungsfeld von Rock und Folk, manchmal ganz akustische, nie ganz elektrisch, aber immer handgemacht und mit dem Herzen.«

Das trifft ins Schwarze, wenn ich selbst auch gerne immer wieder die Singer/Songwriter-Schublade mit ins Boot hole, denn wie es bereits der Albumtitel suggeriert, sind die Texte untrennbarer Bestandteil der Musik. Das zeigt sich auch darin, dass die Lyrics im Booklet abgedruckt sind, sodass der Hörer mit Booklet und Kopfhörer in den musikalischen Kosmos von W4L eintauchen kann.

Und er sollte sich Zeit nehmen, damit alle Feinheiten erfasst werden können. Filigrane Einsätze von akustischer Gitarre und Mandoline mit Unterstützung von Harmonium statt Keyboard, Cajun statt breitwandigem Drumset, Glockenspiel und Bouzouki wollen ebenso erfasst und goutiert werden, wie die melodiöse Spannung und die gekonnten Tonartwechsel. Wie bereits in älteren Reviews über die Band als auch in einem weiteren Projekt Michael Manns, Songs To The Siren, taucht stets ein musikalischer 'brother in mind' auf: Van Morrison. Der Nordire lugt immer wieder um die Ecke und wer dessen Spielweise und Ausdruck mag, wird an Waiting For Louise unbedingt seine Freude haben.

Dabei findet sich auf "Musings In Stereo", wie auch bereits auf Roadsongs For The Business Class, ausschließlich Material aus eigener Feder, was die Klasse der Band über das handwerkliche Geschick an den Instrumenten hinaus bestätigt. Das Line-up, das vorliegendes Album eingespielt hat, scheint nun fest verwachsen, sind Michael, Ute, Detlef und Johannes immerhin bereits seit 2009 zusammen. Dass da blindes Verstehen am Werk ist, hört man bei jedem Ton. Alles passt, ein jeder weiß, wie er sein Instrument mit den anderen (und dazu zähle ich auch Michaels unverkennbare Stimme) verheiratet. Ich denke, die Choreografie erstellt sich beim Schreiben der Stücke fast von alleine.

Gezielt hervorheben möchte ich zwei Nummern, die mich auf dieser Platte besonders beeindruckt haben: "Leaving Home" und "Slow Drag". Erstere zeigt eine gekonnt dezente Spur jazziger Tunes, die sich in bluesigem Gewand an die herbstliche Landschaft, die durch das Fenster zu sehen ist, schmiegt. Fast lasziv groovt die eine Akustische, während die andere die jazzigen Lines beisteuert. Das ist für mich eine neue und starke Seite der Musik von W4L.

Die zweite Nummer, die mich extrem begeistert, "Slow Drag", möchte ich als das Meisterstück der Band bezeichnen. Zehneinhalb Minuten ganz großes Kino. Zart eröffnet von Michaels Gesang und akustischer Gitarre, eine Melodie zum Niederknien, eine elektrische Gitarre die sich sphärisch und zeitlos wirkend dazugesellt, die das Zepter dann wieder Stimme und akustischem Pendant überlässt und – nochmal –  den Fokus des Hörers auf die sehr gut gewählten Tonartwechsel lenkt. So geht es durch die Minuten. Dabei steigert sich das Anschlagen der Saiten auf der Akustischen, und auch die Elektrische wird aufmüpfiger. Dieses Spiel mit Stimmungen ist absolut genial und weckt beim Hörer etwas, das vielleicht gleichzusetzen ist mit dem Gefühl, das ein Alkoholiker hat, wenn er durch das Schaufenster eines Schnapsladens schaut. Wie das berühmte Tüpfelchen auf dem i, setzt das Glockenspiel eine weitere Zutat in diesem spannenden Spiel.

"Musings In Stereo" ist perfekte Herbst-Musik und für mich das beste Waiting For Louise-Album unter vielen guten Vorgängern. Bleibt zu wünschen, dass dieses Vierer-Line-up zusammenbleibt, wenn es auch sicher nicht leicht sein wird, den Nachfolger über die Messlatte von "Musings In Stereo" zu heben. Seien wir gespannt und genießen bis dahin das neue Album der Vier vom Niederrhein. Stopp, vom unteren rechten Niederrhein. So detailliert die Band den Standort ihrer Herkunft kommuniziert, so detailliert wird auch musiziert. Daher noch ein Tipp aus meinem Beipackzettel: Kurz vors Haus gehen in die herbstliche Kühle, dann ab ins Warme, breite Kleider anziehen, eine heiße Tasse Tee mit Schuss eingießen, Kopfhörer umschnallen und "Musings In Stereo" hören, während sich draußen die Natur so langsam in Richtung Winterschlaf bewegt.


Line-up Waiting For Louise:

Michael Mann (Gesang, akustische Gitarren, Bouzouki – #4,7, Harmonium)
Ute Rettler (E-Gitarre, akustische Gitarre – #4,6, Mandoline – #1)
Detlef Goch (Cajon, Perkussion und Glockenspiel)
Johannes Lehmann (Bassgitarre, Gesang – #5)

Tracklist Musings "In Stereo":

  1. Lazy
  2. Mr. Sisyphus
  3. The Devil’s Got My Number
  4. Maybe I Wouldn’t Want That Anyway
  5. Moon Sun Time
  6. Leaving Home
  7. Crazy Cobra And The Jaguar Car
  8. Slow Drag

Gesamtspielzeit: 47:38, Erscheinungsjahr: 2019

Über den Autor

Ulli Heiser

Hauptgenres: Mittlerweile alles, was mich anspricht
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