Chuck Leavell / Live In Germany
Green Leaves & Blue Notes Tour
Live In Germany Spielzeit: 46:40 (CD 1), 52:32 (CD 2)
Medium: Do-CD
Label: pepper cake/ZYX, 2008
Stil: Blues/Jazz

Review vom 06.09.2008


Joachim 'Joe' Brookes
Chuck Leavell macht sein eigenes Ding.
Insgesamt ist es seit 1998 erst sein viertes Album, dafür allerdings direkt ein Doppeldecker und obendrein auch noch live.
Der angesagte Session-Musiker (unter anderem Aretha Franklin, George Harrison, John Hiatt) ist sechster Rolling Stone und auch bei Eric Clapton tätig. Die Allman Brothers Band darf man natürlich nicht vergessen.
Leavell ist nicht nur durch und durch ein Musiker mit Herz, sondern auch ein aktiver Umweltschützer, der sich für den Wald einsetzt und mit dem Kauf der Doppel-CD ist man automatisch bei der Unterstützung von PEFC e.V. eingebunden, denn ein nicht näher bezeichneter Betrag des Albumpreises geht an diesen Verein, der Betriebe zertifiziert, die »Engagement für die Umwelt und ihre Verantwortung im Umgang mit dem unverzichtbaren Roh- und Werkstoff Holz« zeigen. Logisch, dass die gesamte Verpackung des Albums unter umweltfreundlichen Gesichtspunkten gefertigt wurde.
Wenn man sich in diesem Maße engagiert und mit einem nicht von der Hand zuweisenden Bekanntheitsgrad durch die Welt reist, ist es nachvollziehbar, dass der Pflicht in so fern Schuldigkeit getan wird, indem sich Leavell bei allseits bekannten Politikern und sogar Adeligen bedankt. Tour-Sponsoren gibt es auch. Nicht so ganz auf die Kette bekomme ich, warum die Firma Stihl aufgeführt wurde. Ne, bitte keine Antworten darauf… ist schon klar. So macht der Titel "Green Leaves & Blue Notes Tour" Sinn.
Klar ist jedenfalls, dass der Mann im Jahr 2007 in Deutschland unterwegs war und diese Doppel-CD am 14.09. im Frankfurter Studio II des Hessischen Rundfunks aufgezeichnet wurde. Lediglich zum Remixen und Mastern hat man sich nach Nashville 'zurück gezogen'.
Zur Seite standen oder saßen ihm Musiker, die ihre Wurzeln zum größten Teil im Jazz haben. Paul Höchstädter (drums) ist Mitglied der hr-Bigband und auch Christian Diener (bass), Lutz Häfner (saxophones) sowie Frank Kuruc (guitar) können dem Piano-Mann problemlos das Wasser reichen.
Mit Blick auf die Tracklist macht sich Leavell mit seiner deutschen Begleit-Combo auch über einige Rolling Stones und Allman Brothers-Songs her. Wer nun glaubt, es kommt Lauwarmes auf den Tisch des Hauses, hat sich in den Finger geschnitten und wird angetan sein von der Kraft des Jazz, den der Amerikaner und seine deutschen Kollaborateure in den Fingern haben.
Professor Longhairs "In The Wee Wee Hour" wandelt nach einer Leavell-Publikumsbegrüßung in deutscher Sprache durchaus auf Boogie Woogie-Pfaden, nimmt dann recht schnell den Jazz-Faden auf und Häfner trifft mit seinem ersten Solo direkt den Hörnerv und bekommt Szenenapplaus. Ach ja, Chuck Leavell singt auch... gut.
Frank Kuruc setzt dann auch eine erste Duftmarke und dank Leavell kehrt man zurück in des Schoß des Boogie Woogie und als könne man es nicht lassen: Die Blue Notes sind allgegenwärtig.
Über die "Route 66" mit einem rockenden Gitarristen kommt es zu zwei Stücken aus Leavells Sea Level-Zeit. "Living In A Dream" ist Jazz pur. Ein gewaltiges Spielfeld für alle Musiker, die sich prächtig ergänzen und bei coolem Groove gegenseitig beflügeln. "King Grand" ist funkiger Jazz, wofür die damalige Band Sea Level auch stand.
"Honky Tonk Women" und "Rip This Joint": Doppelpack aus dem Stones-Steinbruch, wobei der etwas unbekanntere zweite Song dem ersten den Rang abläuft, obwohl Leavell in "Honky Tonk Women" ein klasse Solo klimpert.
"Rip This Joint": Let's Rock'n'Roll!
Chucks Eigenkompositionen verteilen sich auf beide Platten und sind mit "Coming Home", "Tomato Jam", "Blue Rose" sowie "Savannah" alles instrumentale Songs seiner vortrefflichen Alben "Forever Blue: Solo Piano" (2001) und "Southcape" (2005). Herrlicher Jazz in Reinkultur, unverfälscht und mit vielen Soli der Herren Kuruc, Häfner und Leavell. Allemal klasse Songs und besonders hervorheben muss man "Blue Rose", weil es flott daher kommt, als auch das abschließende "Savannah" mit einem eher verträumten Flair. Wie geschrieben: Man muss den Jazz mögen.
Auch mit seiner Interpretation von Ray Charles "Georgia On My Mind" hat der Pianist eine tolle Version am Start, übrigens mal ohne seine Tour-Musiker. Hier gefällt mir sein Gesang am besten und Leavell hat einfach die Gabe, fast unauffällig zwischen R&B und Jazz hin und her zu wechseln. Der Genuss liegt halt im Detail.
Einen Schlenker zu den Stones macht er nochmals mit "Tumbling Dice" und fehlt die Altherren-Riege, bekommt der Song plötzlich ein ganz anderes Outfit und reiht sich in die Phalanx der Hinhörer ein.
Mit "Compared To What" greift er tief in den Jazz-Klassiker-Topf und liefert eine treibende Fassung des Titels ab. Oh, dieser Häfner! Der inszeniert auf seinem Holzblasinstrument echt Dramatisches, und immer wieder mischt sich Kuruc mit seinem 6-Saiter ein. Nicht nur der längste Track, ist diese Nummer mit Sicherheit das Highlight der Aufzeichnung, auch wenn es da mit "Jessica" und
Willie McTells "Statesboro Blues" noch die Allman Brothers-Schiene im Gig gibt. Southern Rock wird zu Southern-Jazz Rock und Twin-Guitars werden hier zu einer unschlagbaren Einheit aus Gitarre und Saxofon. Henning Eichlers (Blues Blend) Harp-Einsatz entwickelt sich zum 12-Takter-Sahnehäubchen und das Publikum ist schier aus dem Häuschen.
Chuck Leavell macht sein hörenswertes Ding: "Live In Germany..." ist eine Empfehlung für alle, die hinlänglich bekannte Songs in einem anderen Gewand hören möchten und beim Genre Jazz nicht die Nase rümpfen. Unter diesen Voraussetzungen haben wir es mit 8,5 von 10 RockTimes-Uhren zu tun. Ganz unten auf dem Info-Blatt steht, dass Chuck Leavell im Winter/Frühjahr 2009 auf Tour kommt. Na denn...
Line-up:
Chuck Leavell (piano, vocals)
Paul Höchstädter (drums)
Christian Diener (bass)
Lutz Häfner (saxophones)
Frank Kuruc (guitar)

Special appearance:
Henning Eichler (harmonica - CD 2 - #8)
Tracklist
CD 1:
01:In The Wee Wee Hour (6:28)
02:Route 66 (4:21)
03:Living In A Dream (7:02)
04:King Grand (5:35)
05:Honky Tonk Women (4:36)
06:Rip This Joint (2:25)
07:Coming Home (5:53)
08:Down The Road A Piece (4:15)
09:Alberta, Alberta (3:36)
10:Band Introduction (1:30)
CD 2:
01:Here Comes The Sun (3:17)
02:Tomato Jam (4:20)
03:Blue Rose (7:46)
04:Tumbling Dice (3:41)
05:Compared To What (8:10)
06:Jessica (7:52)
07:Georgia On My Mind (4:47)
08:Statesboro Blues (6:04)
09:Savannah (6:31)
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